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Fridays For Future Austria fordert von WKÖ-Präsident Harald Mahrer klares Bekenntnis zur drastischen Reduktion des Gasverbrauchs

OFFENER BRIEF

Sehr geehrter Herr Mahrer,

der am Montag erschienene zweite Teil des Bericht des Weltklimarates versetzt uns Jugendliche in große Angst. Die Klimakrise eskaliert. Menschen sterben schon heute. Wasserknappheit, der Kollaps von Ökosystemen und tödliche Hitze werden in Zukunft noch mehr Menschenleben fordern, zusätzliche Migration auslösen und militärische Konflikte verstärken. Wir blicken in eine Zukunft unabsehbarer geopolitischer Bedrohungen, die auf uns zukommen werden, wenn sich Entscheidungsträger:innen nicht an das Pariser Klimaabkommen halten. UN-Generalsekretär Antonio Guterres bezeichnet das Nicht- Handeln der Politik als Verbrechen gegen die Menschheit und verurteilt jegliches Verzögern des Ausstiegs aus fossilen Energien.1

Auch die kürzlichen Ereignisse in der Ukraine schockieren uns Jugendliche. Unsere Gedanken sind bei den Menschen in der Ukraine. Wir verurteilen Putins Angriffskrieg aufs Schärfste. Uns zermürbt die Erkenntnis, dass Österreich zur Finanzierung dieses Krieges beigetragen hat. Putins Angriffskrieg war nur möglich, weil Europa seit Jahrzehnten russisches Öl und Gas kauft und sich Russland dadurch riesige Währungsreserven anlegen konnte.2 Deswegen appellieren ukrainische Jugendliche, die sich jetzt im Kriegsgebiet befinden, an alle europäischen Regierungen, aus fossilen Energien auszusteigen.3 Ein großer Teil des russischen Staatshaushaltes wird durch Einnahmen aus Öl und Gas gedeckt.4 Etwa 70 % der russischen Gasexporte und die Hälfte der Ölexporte gehen nach Europa.5 Seit Jahrzehnten sind die Risiken bekannt, die fossile Geschäfte mit Autokraten wie Wladimir Putin mit sich bringen. Doch sie wurden ignoriert und heruntergespielt. Auch von Ihnen, Herr Mahrer. Und jetzt tragen unschuldige Ukrainer:innen und wir alle die Konsequenzen.

Die Frage, auf welcher Seite die WKÖ als Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Politik in der Diskussion übers fossile Gas steht, musste man sich bisher nicht stellen. Sie blockierte alle Alternativen. Das zeigt auch die letztjährige Studie6 des IHS über Positionen österreichischer Stakeholder in der Klimadebatte klar auf. Selbst die erschreckenden Ergebnisse des neuen IPCC-Berichts haben WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf nicht daran gehindert, nur die umgehende Erschließung anderer “Quellen der Gasversorgung abseits von Russland” zu fordern7, aber über die notwendige Abkehr vom fossilen Gas und die erneuerbare Wärmewende zu schweigen. Das muss sich jetzt ändern.

Fridays For Future Austria fordert Sie, Herr Mahrer, auf, den fossilen Lobbyismus der WKÖ zu beenden und sich innerhalb einer Woche (bis zum 11. März 2022 um 9 Uhr) öffentlich dazu zu bekennen, dass Österreich angesichts des notwendigen Ausstiegs aus russischem Erdgas seinen Gasverbrauch insgesamt drastisch senken muss.

Alles andere wäre im Widerspruch zu Österreichs Klimazielen, würde die österreichische Bevölkerung sowie die Unternehmen hohen Energiekosten und großen Preisschwankungen aussetzen und gleichzeitig weiterhin menschenrechtsverletzende Kriegen finanzieren. Der Ausstieg aus fossilen Energien ist ein Akt der Solidarität mit den Menschen in der Ukraine, schreiben die dort beheimateten Jugendlichen von Fridays For Future.8

Die WKÖ kann energiephysikalischen Gesetze nicht neu erfinden. Das Versprechen vom uneingeschränkten Potenzial erneuerbarer Gase9 entspricht nicht der Wahrheit10 und ist eine Strategie zum Erhalt der fossilen Strukturen der Gegenwart. Speziell die Erzählung von der großflächigen Verwendung erneuerbarer Gase für die Raumwärmebereitstellung im Gebäudebereich wurde mehrfach durch die Wissenschaft als Unsinn deklariert.11

Was wir brauchen, ist eine WKÖ, die sich gemeinsam mit der ÖVP endlich dazu durchringt, die bundesweite Elektrifizierung, den Ausbau Erneuerbarer Energien und Energieeinsparung in allen Sektoren voranzutreiben, und nicht hinter verschlossenen Türen dieselben Vorhaben im Keim erstickt. Wir brauchen eine WKÖ, die Klimaschutz zu Ihrer Agenda macht und ein wirksames Klimaschutzgesetz mit klaren Zielvorgaben und Mechanismen zur Sicherung der Zieleinhaltung unterstützt.

Wir erleben eine Zeitenwende. Erkennen Sie den Ernst der Lage, Herr Mahrer. Handeln Sie entsprechend. Und werden Sie Teil der Lösung. Unsere Generation wird Sie daran messen.

Erwartungsvoll,

Fridays For Future Austria



1 UN News 2022. https://news.un.org/en/story/2022/02/1112852
2 Business Insider 2022. https://www.businessinsider.de/politik/deutschland-und-europa-finanzieren-russlands-krieg-gegen- die-ukraine-swift-sanktionen-gas-oel-kohle/
3 FFF Ukraine 2022. https://twitter.com/fff_ukraine/status/1498591290472214531
4 Berlin Economics 2020. https://russlandverstehen.eu/wp-content/uploads/LibMod_Factsheet_RussEnergie-1.pdf
5 NY Times 2022. https://www.nytimes.com/2022/02/25/business/economy/russia-europe-sanctions-gas-oil.html
6 IHS 2021. https://www.ihs.ac.at/about/public-relations/press-releases/klimawandel-landkarte-oesterreich-treibende-kraefte- und-naechste-schritte/
7 WKÖ 2022. https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20220227_OTS0019/wkoe-kopf-klimaschutzministerium-muss-rasch- massnahmen-zur-energieversorgungssicherheit-setzen
8 FFF Ukraine 2022. https://twitter.com/fff_ukraine/status/1498591290472214531?s=20&t=C7rI9NKirumChadx3HW26w
9 U.a. WKÖ OÖ 2022. https://twitter.com/ChPeter_AT/status/1369308553404678151
10 „Die langfristige Priorisierung des Einsatzes von grünem Gas ist wesentlich für die Standortsicherung industrieller Produktion und somit auch für die Wertschöpfungsketten von Bedeutung. Wir sollten grünes Gas daher da einsetzen, wo es keine
Alternativen gibt“, betont Studienautor Günter Pauritsch (AEA). https://www.energyagency.at/aktuelles- presse/news/detail/artikel/studie-grosse-versorgungsluecke-bei-gruenem-gas.html?no_cache=1
11 ebd


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /