© EC - Audiovisual Service, Mauro Bottaro
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Taxonomie: C02-Reduktionsziel mit derzeitigem Entwurf nicht erreichbar

Klage gegen EU-Kommission aussichtsreich - Neben Umweltaspekten sind auch Kompetenzüberschreitungen kritisch - Expert*innengruppe äußert vehemente Kritik

Brüssel - Immer mehr Expert*innen äußern sich zum Kommissionsvorschlag der Taxonomie, also dem Klassifikationssystem von „ökologisch nachhaltigen“ Wirtschaftstätigkeiten. Die „Plattform für nachhaltige Finanzen“, das ist die ständige Expertengruppe der Europäischen Kommission, die gemäß Artikel 20 der Taxonomie-Verordnung eingerichtet wurde, um die Kommission bei der Entwicklung ihrer nachhaltigen Finanzpolitik unterstützen, hat in ihrer Stellungnahme beschrieben, dass mit dem aktuellen Taxonomieentwurf das Ziel der Reduktion von 55% der CO2-Emissionen bis 2030 nicht zu erreichen sei. Sie kritisiert, dass die EU mit der Taxonomie die Grenzwerte für den CO2-Ausstoß im derzeitigen Entwurf mit bis zu 270 Gramm pro kWh viel zu hoch angesetzt hat und die indirekten Emissionen von Erdgas vollends unberücksichtigt bleiben. Die Gruppe ist auch bestürzt über die geplante Aufnahme von Atomkraft.

Es wird aber nicht nur Kritik zu Umwelt- und Sicherheitsbedenken von Atomkraft und Gas laut, auch Kompetenzüberschreitungen der EU-Kommission stehen in Raum. In Bezug auf Art. 290 über die Arbeitsweise der EU scheint eine Klage durchaus erfolgversprechend.

Thomas Waitz, EU-Abgeordneter der Grünen und Ko-Vorsitzender der Europäischen Grünen Partei kommentiert: „Die Kommission überschreitet hier ihre Kompetenzen. Delegierte Rechtsakte dürfen laut Art. 290 AEUV nicht bei politisch heiklen Themen angestrengt werden. Warum also die Co-Gesetzgeber Rat und Parlament übergehen? Das Ausmaß der Reaktionen zeigt sehr deutlich, dass Atomenergie und Gas keinesfalls unpolitisch sind. Es gibt zahlreiche nationale Interessen, die ausverhandelt und in einem ordentlichen, öffentlichen Gesetzgebungsverfahren geklärt werden müssen.“

„Wir müssen jetzt die Chance nutzen, Investitionen in wirklich nachhaltige Energiequellen wie Solar- oder Windenergie zu lenken, anstatt uns weiterhin über Gas und Atom von Staaten wie Russland oder Kasachstan abhängig zu machen. So finanzieren wir militärische Aufrüstung durch die Hintertür und werden zum Spielball geopolitischer Interessen.“ so Waitz.

Eines scheint fix: Wenn die Kommission an dem derzeitigen Entwurf festhält, unter der Prämisse, dass mindestens 20 Mitgliedstaaten, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren, diese unterstützen, wird sie nicht nur den geplanten "Goldstandard" für eine weltweit gültige ESG-Zertifizierung nicht erreichen, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ihre Klimaziele verfehlen.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /