© Pete Linforth pixabay.com / Coronavirus
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Lothar Wieler: “Wenn sich 50.000 Menschen infizieren, werden 400 von ihnen sterben”

Der Direktor des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, warnt im ZEIT-ONLINE-Interview vor schwierigen Wochen.

Berlin - „Die Situation war noch nie so ernst wie jetzt“, sagt Wieler. Das liege daran, dass noch immer zu wenige Menschen geimpft seien und die Menschen deutlich mehr Kontakte als vor einem Jahr hätten. Die Auswirkungen der hohen Fallzahlen und vielen Krankenhauseinweisungen seien regional schon deutlich spürbar. „In Deutschland sind wir es gewöhnt, jederzeit die optimale Behandlung zu bekommen. Das ist schon jetzt nicht mehr möglich“, sagt Wieler. Er geht zudem davon aus, dass die Lage in den kommenden Wochen noch deutlich schlimmer werden wird.

RKI-Chef Wieler appelliert im Interview an Menschen, ihre privaten Kontakte freiwillig „so weit wie möglich“ einzuschränken: „Vermeiden Sie vor allem Treffen mit vielen Menschen in Innenräumen.“ Wer Menschen aus Risikogruppen treffe, solle einen Selbsttest mach, außerdem sollte man sich an AHA+L-Regeln halten: Abstand halten, Hygieneregeln einhalten, Mund-Nase-Schutz tragen und Lüften. „Und wenn Sie Symptome einer akuten Atemwegsinfektion haben, bleiben Sie bitte zu Hause und lassen sich PCR-testen.“

Entscheidend sei es nun, die Impflücken zu schließen. „Ich bin nicht der Ansicht, dass man es jedem ohne Not ermöglichen sollte, um diese Impfung herum zu kommen“, sagt Wieler. Er geht davon aus, dass die 2G-Regel Menschen zum Impfen bewege. „Wenn Maßnahmen wirken sollen, dann müssen sie auch angewendet und kontrolliert werden“, ergänzt Wieler. Auch eine Impfpflicht solle man nicht ausschließen: „Am Ende geht es nicht darum, die Menschen zu bestrafen, sondern sie zu schützen.“ Besonders wichtig sei es, die für die Boosterimpfkampagne nötigen Kapazitäten zu schaffen. Auch Apotheker, Zahnärztinnen oder auch Tierärzte könnten dabei helfen, sagte Wieler. Es müsse Schluss damit sein, dass „Lobbygruppen bestimmter Berufe verhindern, dass andere Berufsgruppen impfen.“

Angesprochen darauf, dass die Politik erneut – und trotz Modellen, die die aktuellen Fallzahlen recht akkurat vorhergesagt haben – weitgehend unvorbereitet in eine Corona-Welle stolpere, sagt Wieler: „Es ist bemerkenswert, dass man offensichtlich immer wieder die Hand auf die heiße Herdplatte legen muss, um zu merken, dass man sich dann verbrennt. Das ist ernüchternd, keine Frage.“

Quelle: Zeit online


Artikel Online geschaltet von: / stevanov /