© NHM / Prof. Dr. Bernd Lötsch
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Höchste Zeit für die Neubewertung überholter Straßenprojekte

Eine Ansichtssache von Prof. Dr. Bernd Lötsch

Das Autotunnelprojekt Lobau S 18-aber auch das „Umfahrungsprojekt“ S 34 bei St. Pölten- sind Beispiele für die scheinbare Unfähigkeit unseres Systems zu einer „Landschafts- und Klima-gerechten“ oder gar „Enkel-tauglichen“ Kurskorrektur.

Die ist nicht nur für den Bruch von Klima- und Biodiversitätszielen, sondern auch für die schädlichen Bauvorhaben mit enttäuschend geringen Beschäftigungseffekt pro investierter Million Euro. (Es sind horrende Summen, nicht als Beschäftigungseffekt, sondern Maschinenamortisation und Zinsendienst für Großbauprojekte die keinen Rückfluss haben, da es sich nicht um Mautstraßen handeln kann- ja mehr noch: die dauernde Erhaltungskosten nach sich ziehen.)

Schon in den 1980ern galt die Weisheit einiger Vordenker wie Viktor Grün oder weitblickender Kommunalpolitiker wie etwa Wiens Stadtrat Dr. Jörg Mauthe : „heute noch neue Autostraßen bauen ist wie Ratten füttern“ … Er warnte zunächst vor der Selbsteskalation des Autosystems - heute kommen Klimakrise , Bodenverbrauch und Biodiversitätsschwund hinzu.

Der Rohbau würde eben jene Transportform fördern, von der wir dringend wegkommen müssen ( nämlich die weitere Erregung weitmaschigen Straßenverkehrs)- wobei die solcherart geschaffenen PKW-und Schwerverkehrschlagadern an den Enden des Tunnels zu Kristallisationsachsen für neu wuchernde Kommerz-Agglomerationen würden.

Die Idee einer Tunnelbohrung unter den Wiener Nationalparkteil Lobau wirkt auf Naive wie eine großzügige Investitionssumme zur Naturschonung, bedeutet aber an den Ein- und Ausmündungen in Wahrheit stadtzerstörende urbanitätsfeindliche Projektfolgen (Bauorgien für Betriebe etc.)
Überdies könnte die ein hydrogeologisches Umweltproblem schaffen: Aufgrund von Warnungen OMV- naher Experten, die ungenannt bleiben müssen, birgt der Tunnelbau beim großvolumigen Durchbohren alluvialer Schotterschichten (unterschiedlicher Kieshorizonte) bis zur Zieltiefe der Trasse hinunter auf rund 60 m (und mehr) die Gefahr einer dann kaum mehr beherrschbaren Mobilisierung von petrochemischen und diversen anderen Altlasten (aus früheren Fehlern, etwa des Zweiten Weltkrieges und rücksichtsloser Vorgangsweisen der Ölindustrie danach).

Zusammenfassend erweist sich das Lobau-Tunnelprojekt bei rationaler Prüfung - analog zu anderen überholten Großprojekten - als:

1. Kostspielige und umweltgefährdende Förderung einer Verkehrs-und Transportform, die - auch angesichts immer deutlicher heranrückender Klimakatastrophen- überwunden werden muss, z.B. durch intelligente Maßnahmenvielfalt - oder kurz: „mehr Hirn statt Beton“.

2. Nicht mehr verantwortbare Steigerung der Staatsverschuldung ( schon dzt. ca. 90% der Wirtschaftsleistung) durch weitere Staatshaftungen für Milliardenprojekte, die sich nicht rechnen können, (es sind ja keine extra Mautstrecken) und die wedr beschäftigungspolitisch noch sozioökonomisch und noch weniger ökologisch oder klimapolitisch vertretbar wären.

3. Die hier vergeudeten Euro-Milliarden in Landzerstörung und neues Umweltleid (denn die erhofften Verkehrs-“Entlastungen“ finden auf diesem Weg eben NICHT statt) - fehlen heute umso mehr für den dringenden ökosozialen Umbau und Systeminnovationen in Richtung intelligenter, energiekarger, naturschonender, und zukunftstauglicher Entwicklungsschübe unserer Zivilisation.
4.
5. Im Falle des 3 Milliarden (3000 Millionen Euro!) teuren Lobau-Tunnels, der insgesamt KEINE Verkehrsentlastung brächte, käme noch das Risiko gefährlicher Altlasten im Grundwasser durch das Baugeschehen hinzu.

Bernd Lötsch


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /