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Österreichs Nationalparke in Gefahr?

Forum Wissenschaft & Umwelt beobachtet gravierende Fehlentwicklungen

Nationalparke und Wildnisgebiete sollen zentrale Bollwerke gegen die Biodiversitätskrise und Vorbilder im Natur- und Artenschutz sein. Natur soll sich möglichst unbeeinflusst entwickeln können. Für Besucher soll es Angebote für Bildung und Erholung geben – besonders wichtig und wertvoll in Zeiten einer Pandemie. Aktuelle Verletzungen der Schutzziele sind Besorgnis erregend. Das könnte dem Image Österreichs auch international schaden.
„Vorrangiges Ziel von Nationalparken ist der Schutz der biologischen Vielfalt. Natur soll sich hier möglichst ohne Eingriffe des Menschen in ihrer ursprünglicher Form dynamisch entwickeln.“ erläutert Prof. Dr. Reinhold Christian, der frühere Leiter der Planung und Vorbereitung der Nationalparke Donau-Auen und Thayatal.

„Tatsächlich beobachten wir aber zahlreiche schädigende Eingriffe. Rechnungshofberichte haben eine Vielzahl gravierender Mängeln aufgezeigt“, so DI Robert Brunner, langjähriger Direktor des Nationalparks Thayatal.

Fehlentwicklungen in österreichischen Nationalparken



• Bejagung von Wasserwild auf einer Fläche von 100 Hektar in der Naturzone (Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel)

• Kein Schutz für Bär, Wolf, Luchs, Goldschakal un Fischotter und auch keine Forschung an diesen Tieren im Nationalpark Hohe Tauern Kärnten.

• Kommerzielle Jagd im Nationalpark Hohe Tauern Kärnten.

Univ.-Prof. Dr. Kurt Kotrschal, Sprecherder Arbeitsgruppe Wildtiere des Forum Wissenschaft & Umwelt meint: „In Österreich kollidiert der Schutz von Wildtieren und ihrer Lebensräume immer mehr mit Nutzungsansprüchen. Nationalparke und Wildnisgebiete waren daher noch nie so wichtig wie heute. Statt mehr Nutzung braucht Österreich viel mehr ernsthaften Naturschutz und mehr Nationalparke!“

• Zulässigkeit von Fischerei und Übungseinsätzen (auch mit Hunden ohne Leine!), im Sonderschutzgebiet Sulzbachtäler (Hohe Tauern Salzburg).

• Dramatischer Rückgang der Salzlacken im Seewinkel (Burgenland) wegen unkontrollierter (aber z.T. -oft nachträglich –enehmigter) Entnahmen von Grundwasser für landwirtschaftliche Zwecke (Nationalpark Neusiedler See -Seewinkel).

•Lobau-Tunnel durch den Nationalpark Donau-Auen.

Univ.Prof. Dr. Bernd Lötsch, langjähriger Generaldirektor des Naturhistorischen Museums mit besonderem Engagement für die Donau-Auen: „Veränderungen der Grundwasserspiegel lassen irreversible Schädigungen an Lebensräumen, Fauna und Flora erwarten. Die Lobau leidet bereits jetzt unter Beeinträchtigungen des Grundwasserregimes, dessen Funktion für Auen-Nationalparke besonders wichtig ist. Weitere Eingriffe sehen wir daher besonders kritisch.“

Christian ergänzt: „Das Projekt der Hochleistungsstraße S1 mit dem Lobau-Tunnel wirkt überdies kontraproduktiv zu den Zielen des Klimaschutzes des Bundes und der Stadt Wien und ist auch deshalb strikt abzulehnen. Die Klimaerhitzung, die wir dringend bekämpfen müssen, wird durch derartige Projekte noch mit Milliarden Euro befeuert.

“Naturschutz in Zeiten der Pandemie„ Biodiversität und intakte Ökosysteme sind elementar für unsere Gesundheit, unser Wohlbefinden und letztlich für eine zukunftsfähige Entwicklung, speziell auch betreffend die Milderung der negativen Folgen der Klimakrise.“ erläutert Univ.-Prof. Dr. med. Hans-Peter Hutter, „Die aktuelle Pandemie führt uns überdies unsere Verletzlichkeit vor Augen. Das Bedürfnis nach Natur, Bewegung im Freien ist stark gestiegen. Nationalparkekönnen durch Ihre Besucherangebote diesen Druck auf geschützte Räume in Grenzen halten und zugleich die Lebensfreue der Bevölkerungstärken.“

Forderungen des Forum Wissenschaft & Umwel

•Ein klares Bekenntnis der Politik zu den Nationalparken.
•Eine umgehende Behebung der Mängel im Management der Nationalparke im Einklang mit Richtlinien der IUCN, gesetzlichen Regelungen und vertraglichen Grundlagen der Nationalparke durch die zuständigen Organe unter Berücksichtigung der Prüfergebnisse der Rechnungshöfe.
•Die effektive Umsetzung der Nationalparkprogramme durch die Nationalparkverwaltungen unterBerücksichtigung der gesetzlich festgelegten Ziele, der IUCN-Kriterien und der Ziele der Nationalpark-Strategie 2020+.
•Bessere, wirksame Kontrolle durch die Länder und das Bundesministerium.


„Es muss endlich sichergestellt werden, dass die Schutzziele auch eingehalten werden. Dies wird angesichts einer sich progressiv verschärfenden Biodiversitätskrise immer vordringlicher. Zuwiderhandeln ist energisch zu unterbinden. Statt ungerechtfertigten, weil mit Nationalparken unvereinbaren Nutzungsansprüchen verschiedenster Interessengruppen nachzugeben ist es an der Zeit, Nationalparke zu erweiternsowieNationalparke und sonstige Schtzgebiete zu schaffen.“betonen Brunner, Christian, Hutter, Kotrschal, Lötsch unisono.

Unterlagen zum Download bzw. den Link zum Videomitschnitt


Presseaussendung zum 18.05.2021


Pressepapier zum 18.05.2021


kleine Chronologie zur Entwicklung der Nationalparke


Videomitschnitt zum 18.05.2021 (auf youtube)


Bericht des Rechnungshofes zum Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel


Oberösterreichischer Landesrechnungshof zum Nationalpark Kalkalpen



Artikel Online geschaltet von: / wabel /