© oekonews / Doris Holler-Bruckner
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Wenn das Auto zum Smartphone wird...

Eine OEKONEWS-Ansichtssache von Doris Holler-Bruckner

Die Autoindustrie verändert sich schneller als sich das viele von uns vorstellen können und es muss rasch reagiert werden, was wohl auch einige der in der heutigen Zeit recht bekannten Marken erkannt haben.

Sie denken jetzt an Elektrofahrzeuge? Der Wandel ist viel weiter gehend. Wir schlittern, nun noch mehr beschleunigt durch die Pandemie, in eine weit digitalere Welt als bisher.

Software ist einfach überall - längst ist sie ein Milliardengeschäft: Microsoft oder Google, Socialmedia-Plattformen wie z.B. Facebook, Youtube, Twitter und Instagram, e-books statt gedruckten Büchern, Amazon, Netflix, usw... Oder Dank Corona Zoom und WebEx.. Denken Sie nach, wo Sie überall mit Software konfrontiert sind.

Auch die Automobilindustrie ist auf diesem Weg: Autos sind in Zukunft vernetzt, werden autonom fahren, werden allein aus der Garage kommen oder uns abholen, wenn wir einen Weg fahren wollen. Das Ausmaß dieser Veränderungen ist groß, weit über das hinaus, als wir uns noch vor 10 Jahren gedacht haben. Damals war ich fasziniert, als Tesla beim Roadster erstmals Programme online upgedatet hat.

Viele Elektroautofreaks wissen, dass für Tesla drahtlose Updates der Software Usus sind, genauso, wie bei unseren Smartphones Updates eingespielt werden können. Wir kennen das: Erweiterungen von Funktionen, Verbesserungen von bestehenden App-Programmen. Wieder geht Tesla voran: Erweiterungen oder neue Funktionen können kostenpflichtig ebenfalls über Nacht aufgespielt werden. Neu ist, dass in Zukunft diverse Funktionen bis zum vollends automatisiertem Selbstfahrenden Auto auf Abonnementbasis angeboten werden dürften. Mit fällt im Moment kein anderer Autohersteller ein, der dies anbietet. Aber es werden sicher weitere folgen, die ebenfalls in diese Richtung gehen. Das heißt: Das Auto als Hardwareplattform für neue Funktionen und somit für den Verkauf von Software. Vielleicht gibt es in paar Jahren sogar eine Art App Store für Autos. Kommt das Android Auto? Es ist klar, dass sich dafür noch einiges ändern muss, weil es viele Regulatorien und bestehende Gesetze gibt - aber die Richtung scheint fix. Nicht nur Tesla und andere neue Hersteller haben dies erkannt, sondern auch traditionelle Marken. Auto ist Software. Herbert Diess, Vorstandsvorsitzender des VW Konzerns schrieb vor einiger Zeit auf Linkedin in einem seiner Beiträge: "Das Auto wird das komplexeste Internetgerät, das wir bisher kennen, das Auto wird ein Softwareprodukt." Damit wird der Wandel vom eigenen Auto zur Individual-Mobilität als eigenes Geschäft in anderem Umfang ebenfalls eingeleitet.

Es ist jedoch absurd, wenn unser "Smartphone auf vier Rädern" das sicher mehr kostet als unsere Smartphones, im Schnitt 23 Stunden pro Tag ungenützt herumsteht.

Einiges davon kennen wir bereits, wie Carsharing, das via App gebucht wird.

Ein paar weitere Entwicklungen am Automarkt:

Mini hat vor kurzem eine eigene App vorgestellt, die es möglich macht, jeden Mini mit einem Sharingabo auch ohne Schlüssel von wo auch immer freizuschalten und damit zu teilen. Eine gute Idee.

Auch "Autoabo" Modelle in unterschiedlichsten Varianten sind im Kommen, bei denen die Dienstleistung Mobilität im Vordergrund steht und man Autos für einige Monate oder auch ähnlich wie beim Leasing mieten kann, Komplettpakete die alles beinhalten können, sogar das Laden unterwegs, die gefahrenen Kilometer (Obergrenzen werden fixiert), Vollkaskoversicherung, Wartung, Mautgebühren usw.

Moderne Autos liefern genug Daten, sie haben zig eingebaute Sensoren und eine SIM-Karte, so wie unsere Smartphones, sie werden mit genügend Konnektivität für all das ausgeliefert.

Das jetzige Modell stirbt. Die Vergangenheit war auf Ersatzteile aufgebaut, die in Zukunft niemand mehr für sein Auto brauchen wird. Ein Verbrenner, egal ob Diesel oder Benziner, hat etwa 90 mal mehr bewegliche Teile als ein Elektroauto. Ein Elektroauto braucht somit weit weniger Wartung als bisherige fossile Autos - es hält länger. Ein positives Beispiel dazu: Hans Jörg von Gemmingen, ein Tesla Model S Fahrer aus Deutschland, hält hier den absoluten Weltrekord: Er hat in der Zwischenzeit mehr als 1,3 Millionen Kilometer mit seinem Elektroauto zurückgelegt.

Wenn wir nun das Thema Software weiter denken, wird es in Zukunft weniger Blechschäden geben. Ein Auto mit mehr Sensoren macht weniger Unfälle, und das nicht nur beim Einparken, auch beim Spurhalten, in der jeweiligen Fahrsituation usw.

Auch das Thema Batterie verändert sich: Die Preise von Batterien sinken, neue Zellchemien werden kommen, die Reichweiten steigen. Und Batterien halten: Batterien in den neuesten Elektrofahrzeugen schaffen mehr als 500.000 km. Jeff Dahn, Professor am Department of Physics & Atmospheric Science und am Department of Chemistry der Dalhousie University Insidern als der "Rockstar der Professoren im Bereich Batterieforschung" bekannt, der als einer der wichtigsten Entwickler der Lithium-Ionen-Batterie gilt, zeigte im Vorjahr mit seinem Team auf, dass neue Batterien rund 10.000 Ladezyklen und somit mehr als 3 Millionen Kilometer Laufzeit Lebensdauer liefern können. Diese Batterien können außerdem nach dem Einsatz im Auto als stationärer Speicher eingesetzt werden. Ein Speicher kann außerdem auch unser Auto in Zukunft sein, da Software es möglich macht, die Batterie dann zu laden, wenn die Sonne uns Strom mit der Photovoltaik vom Dach liefert. Die benötigte Reichweite samt entsprechender Reserve für mögliche Notfälle können wir wieder mit Software festlegen, der nicht benötigte Anteil kann im Haus verwendet oder ins Netz gespeist werden. Möglicherweise ist das aber auch ein Geschäftsmodell für jene, die in Zukunft Autos per Autoabo für gewisse Zeit vermieten werden.

Die Zukunft der Mobilität im Bereich Auto heißt also nicht nur Autos, sondern sicher auch Software, soviel ist fix.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /