© VW / VW ID.3
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VW: Mehr Elektroautos als Tesla verkauft?

Europa überholt China in absoluten Zahlen bei Elektroautos um 0,1 Mio. Fahrzeuge

München- Eine neue Studie von Alixpartners berichtet, das VW im Q4/2020 weltweit erstmals mehr Elektroautos als Tesla verkauft hat und seinen Anteil an der elektrischen Reichweite auf 12% verdoppelt hat. Generell wächst die Anzahl von Elektrofahrzeugen rapid an: weltweit erfolgte innerhalb eines Jahres eine Verdopplung der verkauften E-Autos auf knapp 1,4 Mio. in Q4/2020.

Der Marktanteil von E-Autos wuchs stark von 2,7% (Q4/2019) auf 5,8% (Q4/2020)
Durchschnittsreichweite von E-Autos sinkt leicht von 296 (Q4/2019) auf 284 Kilometer (Q4/2020), da deutlich mehr Plug-in-Hybride verkauft wurden.

Sieht man sich die Daten im aktuellen AlixPartners Automotive-Electrification-Index 2020 genauer an, so stellt man fest, woran es liegt, dass VW mehr "Elektroautos" als Tesla verkauft hat: Die Plug-In-Hybride werden ebenfalls als "Elektroautos" gerechnet- und "Plug-In-Hybridfahrzeuge sind eine Kategorie von Fahrzeugen, die nur teilweise elektrisch fahren und die Tesla, als reiner Elektroautoerzeuger, gar nicht im Programm hat. Hinzugerechnet werden übrigens auch Wasserstoff-Autos, die jedoch nur in ganz geringer Anzahl in den Daten enthalten sind.

Viele Jahre lag China beim Verkauf von E-Autos vorne, nun hat der europäische Kontinent mit einem Anteil von 1,4 Mio. Autos im Jahr 2020 überholt und führt das Ranking an, mit 0,1 Mio. mehr E-Autoverkäufen als China. Gleichzeitig verdoppelte sich die Anzahl der pro Quartal verkauften E-Autos weltweit innerhalb eines Jahres auf über 1,3 Mio. Der Anteil der E-Autos am weltweiten Gesamtmarkt stieg gar von 2,7% (Q4/2019) auf 5,8% (Q4/2020). Die elektrische Reichweite liegt mit insgesamt mehr als 386 Mio. Kilometern um 104% höher.

China bleibt zwar das Land mit der größten elektrischen Reichweite, gefolgt von den USA. Die mit Abstand größte Steigerung kann aber der deutsche Markt für sich verzeichnen: In den letzten zwölf Monaten die Reichweite mehr als verfünffacht. Als Gründe dafür werden massive staatliche Förderungen, die zunehmende Akzeptanz in der Bevölkerung und daraus resultierend eine höhere Elektrifizierung der Fahrzeugflotte europäischer Hersteller genannt.

„Der E-Automarkt erfährt weltweit einen bisher nie da gewesenen Nachfrageschub, von dem insbesondere auch die deutschen Automobilhersteller profitieren. Diese wurden mit Blick auf das Marktsegment häufig als schlafende E-Riesen bezeichnet. Unsere Studienergebnisse belegen eindrucksvoll, dass sie nun wohl endgültig erwacht sind und ihre Vertriebs-PS auch bei E-Fahrzeugen auf die Straße bringen“, sagt Nicolas Franzwa, Produktionsexperte und Managing Director bei AlixPartners. Aufgrund der hohen Nachfrage gibt es sogar erhebliche Lieferengpässe für Neuwagen.

VW konnte zwar im letzten Quartal 2020 mit 192.000 Tesla bei der Anzahl der verkauften Elektrofahrzeuge überholen, aber wie oben erwähnt, nur dank der Plug-In-Hybride. Bezogen auf die weltweit verkaufte elektrische Reichweite verteidigte Tesla jedoch Platz eins souverän und lag in Q4/2020 mit etwa 100 Mio. Kilometern weiter mit großem Abstand vor VW mit etwa 45 Mio. Beim Anteil an der Gesamtreichweite sinkt Tesla jedoch im Vergleich zum Vorjahresquartal um 7% auf 26% in Q4/2020, wohingegen andere europäische Hersteller wie VW (+6%), PSA (+3%) und Daimler (+2%) stark zulegen konnten.

„Waren im letzten Jahr der Marktanteil und die Vormachtstellung von Tesla nahezu unantastbar, beginnen sie nun zu bröckeln. Die europäischen und hier insbesondere die deutschen Hersteller gewinnen mit den erfolgreichen Markteinführungen vollelektrischer Volumenmodelle immer mehr Marktanteile“, so Dr. Hannes Weckmann, Director bei AlixPartners und Co-Autor der Studie. Als Kaufgrund gelten nicht nur Fördermaßnahmen für E-Fahrzeuge, auch das Umweltbewusstsein der Automobilkunden und die EU-weite Begrenzung des CO2-Ausstoßes sind weiterhin wichtige Treiber dieses massiven Strukturwandels. Die drohenden Strafzahlungen machen einen Flottenumbau und nachhaltige Erfolge in der Elektromobilität für Hersteller und Zulieferer dringend notwendig, um weiter am Markt bestehen zu können.

Das elektrische Reichweitenranking nach Automodellen in Europa

Die größten Veränderungen sind beim Reichweitenranking der Hersteller und Fahrzeugmodelle in Europa zu verzeichnen. Hier muss das Model 3 von Tesla in Q4/2020 seine Spitzenposition zugunsten des VW ID.3 (19,8 Mio. Kilometer, Reichweitenanteil von 14,3%) aufgeben und weist nun einen Anteil von 12,0% auf. Der ID.3 lag in Q3/2020 noch auf dem sechsten Rang. Stabil hält sich der Renault ZOE in den Top 3 (11,6 Mio. Kilometer, 8,4%). Dahinter folgt bereits der um drei Positionen verbesserte Hyundai KONA (9,9 Mio. Kilometer, 7,1%). Der Audi e-tron quattro kann sich mit 6,1 Mio. Kilometern in den Top 5 behaupten (4,4%), der Kia Niro auf Platz sechs gewinnt innerhalb eines Jahres fünf Plätze (3,5%). Die neu in die Top 20 gekommenen Mercedes EQC 400 (2,9%) und der PEUGEOT e-208 (2,7%) komplettieren die ersten acht Positionen. Die Studienautoren gehen davon aus, dass durch die hohe angekündigte Zahl an neuen E-Modellen das Ranking im Verlauf des Jahres große Veränderungen erfahren wird.

Dr. Marcus Kleinfeld, Automobilexperte und Managing Director bei AlixPartners, sieht die ersten Schritte zur Elektrifizierung des Automarktes als geschafft, mahnt jedoch vor voreiliger Zufriedenheit: „Neben dem Flugzeug war das Auto das Verkehrsmittel, das in den letzten Jahren am meisten für seine negativen Klimaeffekte kritisiert wurde. Hersteller und Zulieferer, die jahrelang als Bremser der Elektrifizierung galten, müssen gerade wegen erster sichtbarer Erfolge die Transformation ihrer Industrie konsequent weiter vorantreiben. Auch wenn das Ziel eines klimaneutralen Autoverkehrs noch lange nicht in Sicht ist, beginnen sich die Investitionen in die E-Mobilität allmählich in Marktanteilen auszuzahlen. Aus unserer Sicht jedoch kein Grund für die erwachten E-Riesen, sich wieder auszuruhen.“


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /