© Ökosoziales Forum/APA-Fotoservice/Schedl /Eröffnung Wintertagung
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Wintertagung: "Green Deal darf Versorgungssicherheit nicht gefährden"

Selbstversorgung aus heimischer Landwirtschaft und bäuerliche Einkommen müssen gesichert sein

Die COVID-Pandemie mit geschlossenen Grenzen und leeren Supermarktregalen hat klar vor Augen geführt, wie wichtig die Selbstversorgung mit heimischen Lebensmitteln entlang der gesamten Wertschöpfungskette ist. "Die Menschen haben gesehen: Die Landwirtschaft ist nicht nur systemrelevant, sie ist relevant für das Überleben. Denn die Supermärkte stellen zwar Regale auf, aber die Bäuerinnen und Bauern füllen sie mit frischen regionalen Lebensmitteln", betont der Präsident des Ökosozialen Forums Österreich & Europa, Stephan Pernkopf, am heutigen Eröffnungstag zur Wintertagung 2021 des Ökosozialen Forums. Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger, hebt ebenfalls die Bedeutung der landwirtschaftlichen Produktion für ein Land hervor: "Die Corona-Krise hat uns allen vor Augen geführt, wie wichtig die Versorgung mit hochqualitativen Lebensmitteln ist. Unser Weg, bei der Lebensmittelversorgung auf Familienbetriebe und nicht auf die Agrarindustrie zu setzen, war und ist der einzig richtige. Was es daher in Zukunft für die Versorgungssicherung braucht, sind unsere kleinen Strukturen. Nur wenn wir die Wertschätzung für die harte Arbeit der Bäuerinnen und Bauern erhöhen, werden diese auch eine Zukunft in der Landwirtschaft sehen. Wir brauchen daher den Schritt von einer Wertschöpfungs- hin zu einer Wertschätzungskette."

Die 68. Wintertagung findet von 21. bis 28. Jänner statt und ist die größte Diskussionsveranstaltung der österreichischen Agrarbranche. Dieses Jahr diskutieren die Expertinnen und Experten zum Thema "Gemeinsam is(s)t man besser. Gemeinsam aus der Krise lernen. Gemeinsam zukunftsfit werden." die Folgen der COVID-Pandemie sowie Chancen und Zukunftsperspektiven für die Bäuerinnen und Bauern. Dass das Thema der heurigen Wintertag des Ökosoziales Forums den Nerv der Zeit trifft, zeigen die Anmeldungen. Mit 7.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern gibt es einen neuen Rekord. Am Eröffnungstag zum Thema Agrarpolitik sprachen u.a. noch die deutsche Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner, der Generaldirektor der FAO, Qu Dongyu, und EU-Kommissar Johannes Hahn.

Pernkopf: Green Deal darf Feuer im Amazonas nicht anheizen

"Europa muss jederzeit und ganz besonders in der Krise in der Lage sein, sich selbst zu versorgen. Die Corona-Pandemie ist dabei ein Game Changer für die heimische Landwirtschaft. Sie zeigt uns klar, dass wir die Lebensmittelversorgung am eigenen Kontinent sichern und als Teil der strategischen Autonomie Europas erhalten müssen", unterstreicht Pernkopf. So sei der Green Deal der Europäischen Kommission zwar prinzipiell zu begrüßen, da bei der Lösungssuche die gesamte Wertschöpfungskette betrachtet wird. "Aber der Green Deal, der nun am Tisch liegt, verkennt die Zeichen der Zeit. Er ist ein Deal aus der alten Welt vor Corona, macht unsere Volkswirtschaft verwundbar und schwächt unsere Selbstversorgung. Denn unter diesem grünen Deckmantel versucht besonders der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, die Stilllegung von landwirtschaftlichen Flächen zu erreichen", kritisiert Pernkopf.

So würden laut Berechnungen des US-Landwirtschaftsministeriums die Produktion um 12 Prozent und die landwirtschaftlichen Einkommen für die europäischen Bäuerinnen und Bauern um 16 Prozent sinken. Flächen still zu legen, gefährdet damit die bäuerlichen Betriebe und die Selbstversorgung mit Lebensmitteln, erhöht die Abhängigkeit von anderen Ländern und erhöht den Hunger auf der Welt. Zudem wird nirgendwo so umweltgerecht produziert wie in Europa. Pernkopf nennt mehrstöckige Schweinefarmen in China mit 150.000 Tieren oder das Niederbrennen von Regenwäldern für Palmöl und Rinderfarmen als Beispiel wie außerhalb Europas produziert wird. Die steigenden Importe aus diesen Ländern würden den Green Deal samt Farm to Fork- und Biodiversitätsstrategie zur Sackgasse machen. Pernkopf: "Wir hätten zwar Blühstreifen von Portugal bis Lettland, aber dafür kommen unsere Lebensmittel aus Südamerika. Dieser Deal würde das Feuer im Amazonas weiter anheizen. Diese falsch verstandene Blühstreifenpolitik darf nicht am Ende zu mehr Kondensstreifen führen. Erdbeeren und Rindfleisch müssen nicht fliegen."

Köstinger: Herkunftskennzeichnung und kurze Transportwege sind der Schlüssel

"Die Farm to Fork-Strategie hat ihren Namen eigentlich nicht verdient", stellt Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger klar und ergänzt: "Eine Strategie, die Lösungen für die gesamte Wertschöpfungskette vorschlägt, kann nicht ohne eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung auskommen. Kurze Transportwege sind das erste, an das man denkt, wenn man vom Acker bis zum Teller hört. Unsere Bäuerinnen und Bauern produzieren aber auch unter höheren Klima- und Umweltstandards und regionaler Qualität. Das muss für die Konsumentinnen und Konsumenten auch transparent erkennbar sein. Unsere Bäuerinnen und Bauern liefern, was wir täglich brauchen." Die österreichische Landwirtschaft hat das in der Corona-Krise eindrucksvoll bewiesen. Sie sichert die Lebensmittelversorgung und deckt damit den Tisch. "Wir müssen den Weg der Selbstversorgung immer gemeinsam mit den Bäuerinnen und Bauern gehen. Billigimporten durch Freihandelsabkommen wie Mercosur darf niemals der Vorzug gegenüber der heimischen Produktion gegeben werden. Es braucht ein klares Bekenntnis gegen unfaire Freihandelsabkommen und Lebensmittel, die über den halben Erdball transportiert werden", so Köstinger.

Nachhaltige Intensivierung sichert Versorgung und Landwirtschaft

Das Ökosoziale Forum fordert ein Umdenken und das Modell der nachhaltigen Intensivierung, das sich in Österreich bewährt hat. Dazu Pernkopf: "Nachhaltige Intensivierung bringt Produktion und Natur in Einklang und sichert das Einkommen für die Bäuerinnen und Bauern, die damit nachhaltig agieren können. Das ist der ökosoziale Gedanke: Arbeit schaffen, Wirtschaft stützen und gleichzeitig die Umwelt schützen." Bei der 68. Wintertagung diskutiert das Ökosoziale Forum daher von 21. bis 28. Jänner 2021 mit renommierten internationalen und nationalen Expertinnen und Experten Folgen der COVID-Pandemie sowie Chancen und Zukunftsaussichten für die Bäuerinnen und Bauern. Unter dem Motto "Gemeinsam is(s)t man besser. Gemeinsam aus der Krise lernen. Gemeinsam zukunftsfit werden." werden Wege und Perspektiven für eine nachhaltig produzierende Landwirtschaft erörtert. An 9 Fachtagen mit 100 Vorträgen können sich die insgesamt 7.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern bei der Diskussion von Lösungsansätzen für eine nachhaltige, zukunftsfitte und krisensichere Wertschöpfungskette bei Lebensmitteln beteiligen. Sämtliche Vorträge sind in der Mediathek zur Wintertagung 2021 kostenfrei on demand abrufbar und werden mit weiteren Vorträgen und Inhalten ergänzt und vertieft.

Alle Details zur Wintertagungk unter oekosozial.at



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Weitere Infos: Ökosoziales Forum Österreich

Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /