© Hans Braxmeier auf Pixabay /  Dürre Bäume durch Trockenheit
© Hans Braxmeier auf Pixabay / Dürre Bäume durch Trockenheit

Auf dem Weg zum klimafitten Wald

Klimatoleranz von Baumarten im langfristigen Fokus

Mit dem Klimawandel geraten viele Baumarten zunehmend unter Trockenstress. Es fragt sich daher, wo sie in Zukunft gedeihen können. In der Schweiz spannen die Eidg. Forschungsanstalt WSL, das Bundesamt für Umwelt BAFU, 20 kantonale Waldämter und viele Forstbetriebe nun zusammen und legen zahlreiche Testpflanzungen an, um die Klimatoleranz von 18 Baumarten zu überprüfen.

Schon in den letzten Jahrzehnten haben sich die Umweltbedingungen für in der Schweiz wachsende Bäume erheblich verändert. Einige Arten wie Fichte und Buche beginnen zu schwächeln oder gar abzusterben, meist infolge Trockenheit. Der Klimawandel wird der Schweiz bis Ende des 21. Jahrhunderts mindestens 3 bis 4 Grad wärmere und trockenere Sommer bescheren. In der Waldbewirtschaftung stellt sich daher die Frage, wie die Baumarten in Zukunft mit dem sich verändernden Klima zurechtkommen werden.

Versuchspflanzungen in 20 Kantonen

Um diese Frage zu beantworten, haben Forschende damit begonnen, 57 Versuchspflanzungen anzulegen. Dabei werden 18 Baumarten unter unterschiedlichen Umweltbedingungen gepflanzt, beispielsweise in verschiedenen Höhenlagen und in unterschiedlichen Klimaregionen. Daher sind die Testpflanzungen über die ganze Schweiz verteilt. Ziel ist herauszufinden, welches Klima jeder Baumart zusagt und wo sie an ihre Grenzen kommt. Es wird auch untersucht, wieweit es möglich ist, Bäume schon in ihren zukünftig geeigneten Lebensräumen zu pflanzen, damit sie sich dort von selbst weiterverbreiten und sich kostspielige Pflanzungen erübrigen. Diese Lebensräume liegen in der Regel in höheren Lagen als ihre heutigen Vorkommen.

Vor Projektbeginn durchgeführte Literaturrecherchen und Erfahrungen aus dem In- und Ausland deuten darauf hin, dass die 18 ausgesuchten Baumarten in 100 Jahren massgeblich die von Schweizer Wäldern erwarteten Leistungen – vom Holzertrag über Naturgefahrenschutz, Wasserfiltration und Biodiversität bis zur Erholung – erbringen werden. Darunter sind schon heute verbreitete einheimische Arten wie Weisstanne und Lärche sowie mehrere Eichenarten, aber auch weniger bekannte wie Winterlinde und Elsbeere. Dazu kommen einige, die heute in der Schweiz nicht heimisch sind und aus wärmeren Gegenden stammen, wie die Baumhasel, die Atlaszeder und die Douglasie.

Es werden aber nicht nur Baumarten verglichen, sondern auch sieben Sorten jeder Baumart, sogenannte Herkünfte. Denn Bäume passen sich genetisch über Jahrtausende an ihre jeweilige Umwelt an und geben ihr Erbgut und ihre Eigenschaften von Generation zu Generation weiter. Ob die Samenherkunft tatsächlich das Gedeihen der jungen Bäumchen beeinflusst, sollen die Feldversuche zeigen. Im Hinblick auf die Anpassung an den Klimawandel stammen die Bäumchen teils von Eltern aus wärmeren und trockeneren Gegenden Südeuropas.

Lange Beobachtungsdauer geplant

Die insgesamt 55’000 Bäumchen wurden seit 2018 in Baumschulen angezogen. Im Herbst 2020 werden die ersten von ihnen auf grossen Waldstücken gepflanzt, auf denen die Bäume, die vorher dort wuchsen, gefällt wurden. Die Pflanzung folgt einem standardisierten Schema, mit kleinen Parzellen pro Herkunft und pro Baumart. In den nächsten 30 bis 50 Jahren wird der Zustand der Pflanzungen regelmässig untersucht: Wie gut die Bäume wachsen, ob sie überleben und welche Schäden auftreten.

Eine lange Beobachtungsdauer ist wichtig, weil für das Gedeihen der Bäume extreme, naturgemäss seltene Klimaereignisse entscheidend sein dürften, z.B. ein Frost spät im Frühjahr oder Trockenheit im Sommer. Die Witterung wird daher an jedem Versuchsort mit einer Klimastation gemessen.

Erste Ergebnisse der Testpflanzungen sind in fünf Jahren zu erwarten. Das Projekt soll massgeblich dazu beitragen, dass in Zukunft für jeden Wald passende, klimafitte Baumarten und Hinweise auf geeignete Samenherkünfte bekannt sind. Und damit helfen, dass der Wald weiterhin vor Naturgefahren schützt, Holz produziert, der Erholung dient und vielfältige Lebensräume bietet.
Weitere Informationen:

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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /