© Hans Braxmeier / pixabay.com
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Biodiversität: Immenses Interesse an Entwicklung neuer österreichischer Ziele

Öffentliche Konsultation für neue Biodiversitäts-Strategie ist ein großer Erfolg - Nun folgt Entwurf für Biodiversitäts-Strategie 2030

Wien - Österreich zählt mit seinen ca. 68 000 Arten zu den artenreichsten Ländern Mitteleuropas. Die Vielfalt der Ökosysteme, der Tier- und Pflanzenarten und die genetische Vielfalt innerhalb der Arten sind die Grundlage unserer Ernährung und gewährleisten eine gesunde Umwelt. Intakte Ökosysteme tragen zur Klimaregulierung bei und bieten Schutz vor Naturgefahren.

„Vielfalt geht uns alle an. Umweltschutz ist Artenschutz und gleichzeitig stellt die Artenvielfalt unsere Lebensversicherung dar. Sie sichert uns gesunde Lebensmittel und saubere Luft, schützt uns vor Naturgefahren und hilft uns bei der Anpassung an den Klimawandel“, sagt Klimaschutzministerin Leonore Gewessler.

Weltweit ist diese Vielfalt unzähligen Gefährdungen ausgesetzt. Dazu zählen Flächenverluste und Bodenversiegelung, Änderung oder Intensivierung der Landnutzung, Lebensraumzerschneidung, gebietsfremde invasive Arten sowie auch der Klimawandel.

Vier von fünf Tierarten in Österreich sind Insekten. Sie sorgen unter anderem für Bestäubung, Schädlingskontrolle, den Abbau organischer Substanzen und sind Nahrungsgrundlage für andere Tierarten. Eine neue Studie des Umweltbundesamts gibt einen Überblick über Artenzahlen, Verbreitung und Bestandstrends in Österreich sowie ihre Bedeutung der Insekten in Österreich.

„Rote Listen und Gefährdungsanalysen lassen keine Zweifel zu, dass die Insektenvielfalt in Österreich zurückgeht“, so Helmut Gaugitsch, Biodiversitätsexperte des Umweltbundesamtes, zur Studie Insekten in Österreich: „Es sind viele Gefährdungsfaktoren, die für das Insektensterben eine Rolle spielen: Lebensraumverlust, Verschlechterung der Lebensraumqualität oder auch der Klimawandel zählen dazu.“

2019 wurde vom Klimaschutzministerium (BMK) daher der Biodiversitätsdialog2030 ins Lebens gerufen. Ziel ist es, gemeinsam mit allen zuständigen Akteuren und Stakeholdern der Biodiversität Ziele und Maßnahmen für den Erhalt der Vielfalt in Österreich zu erarbeiten. Dabei waren Ministerien, Sozialpartner, Universitäten, betreffende Bundesämter, NGOs und Vertreter*innen der Bundesländer und der Land & Forstbetriebe Österreichs in Form einer Workshop-Reihe eingebunden.

Die darin erarbeiteten Vorschläge wurden dann im Zuge der öffentlichen Konsultation der breiten Öffentlichkeit vorgestellt.

„Vielen Menschen ist der Schutz der Artenvielfalt bei uns in Österreich genauso wie mir ein großes Anliegen. Das enorme Interesse und die Teilnahme an der öffentlichen Konsultation macht das noch einmal deutlich. Mehr als 1720 Kommentare wurden zu den Vorschlägen der Expert*innen für den Erhalt der Vielfalt in Österreich abgegeben und mehr als 730 Teilnehmende haben einen allgemeinen Fragebogen dazu ausgefüllt,“ fasst Gewessler die Ergebnisse der öffentlichen Konsultation zusammen.

In Summe ergibt die Auswertung große Unterstützung für den Biodiversitätsdialog2030 und die Vorschläge der Expert*innen. Die auch vorgebrachten kritischen Anmerkungen zu den Vorschlägen zum Schutz der Biodiversität sowie die zahlreichen neuen Vorschläge für zusätzliche Elemente werden von den Expert*innen des BMK sowie des Umweltbundesamtes in den nächsten Wochen genau analysiert und aufbereitet.

Der nächste Schritt ist die Erarbeitung eines ersten Entwurfs für eine Biodiversitäts-Strategie 2030 für Österreich. Dieser Entwurf des Klimaschutzministeriums wird in weiterer Folge in die Nationale Biodiversitäts-Kommission eingebracht, wo der Diskussions- und Abstimmungsprozess mit den zuständigen Akteuren sowie Stakeholdern der Biodiversität in Österreich stattfinden wird.

Die Nationale Biodiversitäts-Kommission setzt sich zusammen aus:

BMK, BMLRT, BMDW, BMEIA, BMF, BMBWF, BMSGPK sowie Landwirtschaftskammer, Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer, Gewerkschaftsbund, Österreichischer Haus- und Grundbesitzerbund und Vertreter*innen der Bundesländer, Vertreter*innen der Land & Forstbetriebe Österreichs, des Gemeindebunds, Städtebunds, Nationalparks Austria, Österreichischer Jagdverband, Österreichisches Kuratorium für Fischerei und Gewässerschutz und Bundesämter (UBA, AGES, BFW, BAW), Umweltdachverband, Universitäten (BOKU, Universität Wien, ÖAW) und NGOs.

Konsens, dass es dringend Maßnahmenplan brauch

Unterstützung für die Umsetzung der präsentierten Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität darf sich Umweltministerin Gewessler auch aus dem Parlament erwarten: "Der Nationalrat hat im Mai drei einstimmige Entschließungen gefasst, die unsere Umweltministerin bei der Umsetzung ihrer Pläne unterstützen", so Astrid Rössler, Umweltsprecherin der Grünen.

"Es besteht parteienübergreifender Konsens, dass es dringend einen Maßnahmenplan gegen das Bienen- und Insektensterben braucht. Ebenso einig waren wir uns im Nationalrat über zusätzliche Maßnahmen zum Schutz und Erhalt der Artenvielfalt in österreichischen Flüssen, Seen und Feuchtgebieten. Und die Umsetzung der Biodiversitätsstrategie soll nach Ansicht aller Parteien in den Sektoren außerhalb des Wirkungsbereichs der Gemeinsamen Agrarpolitik über einen Biodiversitätsfonds finanziell sichergestellt werden", so Rössler.

Erst vor zwei Wochen wurde bekannt, dass die Menschheit sämtliche der bis 2020 gesetzten Artenschutzziele der Vereinten Nationen verfehlt hat. "Auch Österreich ist alles andere als ein Musterland: Die Hälfte aller Amphibien, Reptilien und Fische sind hierzulande gefährdet, jede dritte Vogel- und Säugetierart sogar vom Aussterben bedroht", hält die Grüne Umweltsprecherin fest.

Die gestern präsentierte Insektenstudie verdeutlicht auch die Bedeutung der kleinsten Lebewesen: "Ob als Bestäuber für Pflanzen, Schädlingskontrolle in der Landwirtschaft oder als Nahrungsgrundlage von Fröschen und Vögeln - sterben die Insekten, droht das Kartenhaus der Artenvielfalt zusammenzufallen."

Die Ursachen sind altbekannt: "Flächenverluste, Bodenversiegelung, übermäßiger Pestizideinsatz, die Zerstörung natürlicher Lebensräume. Für Insekten besonders wichtig sind die Ufer entlang von Flüssen und andere Feuchtgebiete", meint Rössler.

Die vorgestellten Ergebnisse des "Biodiversitätsdialoges" sieht Rössler als Musterbeispiel für lösungsorientierte Politik: "Auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse wurden hier in einem transparenten Prozess und unter Beteiligung aller Interessensgruppen konkrete Lösungsansätze erarbeitet." Über 600 Stellungnahmen zu dem ExpertInnenpapier sammelte das Umweltministerium. Rössler: "Nun gilt es, auf dieser Grundlage eine ambitionierte Biodiversitätsstrategie für Österreich bis 2030 vorzulegen."


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /