© Markus Stermeczki / Neusiedler See aus der Vogelperspektive
© Markus Stermeczki / Neusiedler See aus der Vogelperspektive

Österreich/Ungarn: Für Eintragung des Neusiedler Sees in Rote Liste gefährdeter Welterbestätten

30 Umweltorganisationen aus 20 Ländern senden gemeinsames Schreiben an Direktion des UNESCO-Welterbe-Zentrums

Nach Bekanntwerden der Baugenehmigung (vom 31. Juli 2020) für das umstrittene Tourismusprojekt in Fertőrákos nahe der ungarischen Stadt Sopron fordern nun 30 Organisation aus 20 Ländern (von China bis Estland und von Norwegen bis Australien) in einem gemeinsamen Schreiben an die Direktorin des UNESCO-Welterbe-Zentrums die Eintragung des Neusiedler Sees in die Rote Liste gefährdeter Welterbestätten.


Zur Vorgeschichte:

Bereits im September 2017 empfahl die Umweltorganisation „Alliance For Nature“ dem „Internationalen Rat für Denkmalpflege“ (ICOMOS) und der UNESCO die Eintragung des Neusiedler Sees (seit 2001 grenzüberschreitendes UNESCO-Welterbe) in die „Liste des gefährdeten Erbes der Welt“, sollte seine Verbauung (insbesondere auf österreichischer Seite) nicht eingestellt werden und die Authentizität dieser Weltkulturerbestätte nicht mehr gewährleistet werden können .

Pläne zum Tourismus-Projekt in Fertörakos > Forderung nach grenzüberschreitender Umweltverträglichkeitsprüfung

Als in weiterer Folge die Pläne für das vollkommen überdimensionierte Tourismus-Projekt in der kleinen ungarischen Ortschaft Fertőrákos publik wurden, formulierte „Alliance For Nature“ die „Resolution zum Schutz des Neusiedler Sees vor weiterer Verbauung mit Forderung nach einer grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung“.

Im Rahmen einer Presseschifffahrt im September 2019 wurde die Resolution von österreichischen sowie ungarischen Organisationen unterzeichnet und an die Österreichische Bundesregierung, an die Burgenländische Landesregierung sowie an die UNESCO gesandt.

Auf Basis der Resolution beschloss sodann der Burgenländische Landtag, dass er sich zum Schutz und zum langfristigen Erhalt der Welterbestätte „Kulturlandschaft Fertő - Neusiedler See“ i sowie zu einer nachhaltigen, naturverträglichen und mit den Zielen des Welterbes abgestimmten Entwicklung der Region rund um den Neusiedler See bekennt.

Nun wird die Landesregierung aufgefordert, neuerlich an die Bundesregierung heranzutreten, um eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) gemäß RL 2011/92/EU (UVP-RL) hinsichtlich des Projektes in Fertőrákos herbeizuführen.

Das Bundeskanzleramt teilte der „Alliance For Nature“ mit, dass die „Resolution zum Schutz des Neusiedler Sees vor weiterer Verbauung mit Forderung nach einer grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung“ dem Ministerrat am 23. Oktober 2019 vorgelegt und dem Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus übermittelt wurde. Dieses hat sich mehrmals an das ungarische Umweltministerium gewandt und hat um entsprechende Informationen zu diesem Vorhaben ersucht. Das ungarische Umweltministerium mit, dass die entsprechenden inländischen UVP-Verfahren bereits abgeschlossen seien und die Umweltrechtsgenehmigungen erteilt worden und rechtlich gültig sind, sodass es keine weiteren Genehmigungsverfahren mehr geben soll.

Auf weitere Anfragen wurde mitgeteilt, dass die österreichischen Bedenken betreffend Naturschutz, Natura 2000 und Europaschutzgebiet sowie UNESCO-Weltkulturerbe in den ungarischen umweltrechtlichen Verfahren behandelt worden seien und insgesamt durch das Vorhaben keine negativen Auswirkungen zu erwarten seien.

Prinzipiell stellen jedoch die Nicht-Einbindung eines betroffenen Nachbarstaates in ein UVP-Verfahren bzw. die Verweigerung eines grenzüberschreitenden UVP-Verfahrens für Vorhaben, die der UVP-Pflicht unterliegen und bei denen erhebliche, negative grenzüberschreitenden Auswirkungen auf Nachbarstaaten zu erwarten sind, Verletzungen von Rechten aus der Espoo-Konvention und der EU-UVP-Richtlinie dar. Zur Geltendmachung dieser Rechte kommt nur eine Anrufung der Europäischen Kommission in Frage. Für solch einen Schritt wäre aber das Bundeskanzleramt zuständig.

Umweltorganisationen bleibt es unbenommen, sich mit entsprechenden Vorbringen und Behauptungen von Rechtsverletzungen (z.B.: mangelnde Öffentlichkeitsbeteiligung) an das Implementations-Komitee der Espoo-Konvention zu wenden, um diesen Fall dort anhängig zu machen.

„World Heritage Watch Report 2020“ > UNESCO

Im „World Heritage Report 2020” veröffentlichten im Frühjahr die „Alliance For Nature” und das „Wildland Research Institute“ ( einen ausführlichen Bericht dazu und sandten diesen 0 an das UNESCO-Welterbe-Zentrum und ICOMOS International.

Aufgrund der derzeitigen Lage sahen wir uns zu diesem außergewöhnlichen Schritt gezwungen, gemeinsam mit zahlreichen weiteren Umweltorganisationen aus der ganzen Welt zu setzen“, so Alliance-Generalsekretär Christian Schuhböck. „Damit soll auch gezeigt werden, welchen Stellenwert der Neusiedler See für die Völkergemeinschaft einnimmt.“ Es wird erwartet, dass die „Kulturlandschaft Fertő-Neusiedlersee“ aufgrund dieser bedrohlichen Tourismusprojekte-Entwicklung rund um diesen für ganz Europa bedeutenden Steppensee bei der nächsten Sitzung des UNESCO-Welterbe-Komitees auf die Rote Liste gefährdeter Welterbestätten gesetzt wird.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /