© artursfoto - pixabay.com
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Zwei Jahre nach EuGH-Grundsatzentscheidung: EuGH-Urteil zu neuer Gentechnik bietet Rechtssicherheit, Wahlfreiheit und sichert gentechnikfreie Erzeugung

GeN und IG Saatgut: Konsequente Umsetzung des Urteils statt Deregulierung neuer Gentechnik

Berlin 23. Juli 2020:
Vor zwei Jahren, am 25. Juli 2018, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Grundsatzurteil (Rechtssache C-528/16) klargestellt, dass auch neue Verfahren der Gentechnik unter dem bestehenden EU-Gentechnikrecht zu regulieren sind. Für die gentechnikfreie Züchtung sowie Land- und Lebensmittelwirtschaft hat das EuGH-Urteil Rechtssicherheit geschaffen. Für die Verbraucher*Innen, die in wachsendem Umfang gentechnikfreie Lebensmittel nachfragen, sichert das Urteil die Wahlfreiheit. Damit dies so bleibt, muss die Politik sich für die Entwicklung valider Nachweisverfahren einsetzen und die Regulierung der neuen gentechnischen Verfahren sicherstellen.

Immer wieder wird behauptet, dass das EuGH-Urteil kaum oder gar nicht umsetzbar sei, da neue gentechnisch veränderte Organismen (GVOs) schwer oder gar nicht identifizierbar seien. Dabei steht längst fest, dass bekannte Veränderungen nachgewiesen werden können. In einem EU-Bericht vom 26. März 2019 heisst es entsprechend, neue gentechnisch veränderte Produkte seien nachweisbar, wenn „Vorkenntnisse über die veränderte Genomsequenz, ein validiertes Nachweisverfahren (...) und zertifizierte Referenzmaterialien vorhanden sind.“ Es werden jedoch auch Nachweisverfahren benötigt, um Produkte aufspüren zu können, zu denen keine Informationen vorliegen. Anstatt die Zeit seit dem Urteil von 2018 entsprechend zu nutzen, blieb das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) lange untätig. Erst Anfang 2020 wurde eine erste Studie dazu ausgeschrieben. Diese soll zeigen, inwieweit es machbar ist, genomeditierte Pflanzen und ihre Produkte rechtssicher zu identifizieren. Ergebnisse sollen bis Ende August 2022 vorliegen.

„Die einzige genomeditierte und für die EU aktuell marktrelevante Pflanze ist der herbizidresistente Raps „Falco“ des US-Unternehmens Cibus. Dieser wird in den USA seit 2015 dereguliert angebaut und könnte unbemerkt den Weg in europäische Versorgungsketten finden“, kommentiert Pia Voelker vom Gen-ethischen Netzwerk. „Um ein entsprechendes Nachweisverfahren zu entwickeln, wird nach aktuellem Stand der Wissenschaft der „Bauplan“ der entsprechenden Gentech-Pflanze benötigt. Freiwillig geben Unternehmen jedoch eher selten Einblick in die Errungenschaften ihrer Forschung. Daher muss die Politik die Unternehmen endlich zu Transparenz verpflichten. Die Hersteller der Gentechnik-Pflanzen müssen das benötigte Pflanzenmaterial zur Verfügung stellen.“

Eva Gelinsky von der Interessengemeinschaft für gentechnikfreie Saatgutarbeit (IG Saatgut) kommentiert: „Für die Herausforderungen, vor denen nicht nur die europäische Landwirtschaft steht, bieten die neuen gentechnischen Verfahren keine Lösungen“. Seit Jahren wird behauptet, mit Hilfe von neuen gentechnischen Verfahren wie zum Beispiel CRISPR/Cas liessen sich Pflanzen entwickeln, die mit Trockenheit zurechtkommen oder mit neuen Resistenzen gegen Krankheiten und Schädlinge ausgestattet sind. Doch wo sind die versprochenen „Superpflanzen“? „Ob beispielsweise trockentolerante CRISPR-Pflanzen jemals Marktreife erlangen und sich auch im Anbau bewähren werden, ist fraglich. „Denn die gewünschten Eigenschaften beruhen in vielen Fällen nicht auf einzelnen DNA-Abschnitten, sondern gehen aus einem komplexen Zusammenspiel vieler Gene, der Umwelt der Pflanzen und unterschiedlicher Steuerungsmechanismen hervor. Konventionelle Züchtungsverfahren sind bisher erfolgreicher, Pflanzen mit derart komplexen Eigenschaften zu erzeugen.“

Damit in Europa gentechnikfrei arbeitende Unternehmen und -initiativen, die seit Jahren erfolgreich konventionelle Züchtung betreiben, auch weiterhin rechtssicher arbeiten können, müssen sich die Bundesregierung und die EU-Kommission dafür einsetzen, dass die neuen gentechnischen Verfahren auch weiterhin unter dem EU-Gentechnikrecht reguliert bleiben.

Zum Urteil des EuGH vom 25. Juli 2018


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /