© Markus Haselböck / Eine der Masken von Markus Haselböck
© Markus Haselböck / Eine der Masken von Markus Haselböck

Ein Gesichtsschutz für die Coronakrise? Wie clevere Produkte aus dem 3D-Drucker helfen

Menschen helfen Menschen – eine Reportage aus dem Keller in Freiburg am Neckar in Deutschland und aus Münichreith in Österreich #WeForFuture

© Christian Richter / Bei Christian Richter wird derzeit die ganze Zeit  gedruckt
© Christian Richter / Bei Christian Richter wird derzeit die ganze Zeit gedruckt

Der Coronavirus bringt alle Gesundheitseinrichtungen an ihre Grenzen. Doch was tun? Darüber hat sich ein junger Mann in Freiberg am Neckar seine Gedanken gemacht. Nachdem er sein Tattoo-Studio schließen musste und damit zeitliche und kreative Ressourcen zur Verfügung standen, hat er sich kurzerhand daran gemacht, ehrenamtlich Plastik-Masken, d.h. einen Gesichtsschutz aus Plastik, zu produzieren. Nun laufen seine 3D-Drucker im Keller ununterbrochen Tag und Nacht – und das Telefon steht nicht mehr still, denn der Bedarf ist einfach groß.

Es ist ein Surren, Saugen und Wummern zu hören. Die Geräusche erinnert ein wenig an eine Zahnarztpraxis. Hinter der Kellertüre sind die geschäftigen 3D-Drucker zu Gange: In sanften Bewegungen zieht der verkabelte Maschinenkopf seine Runden über das Druckbett, nach und nach entstehen so halbrunde Gebilde aus PETG. Der thermoplastische Kunststoff ist den meisten Menschen in Form der PET-Flaschen bekannt. Doch gerade in 3D-Druckverfahren wird Polyethylenterephthalat gerne und oft als Material eingesetzt.

Eigentlich druckt Christian Richter in seiner Hobby-Werkstatt normalerweise auf seinen beiden 3D-Druckern Ersatzteile für das Motorrad, Comicfiguren wie Iron Man oder Kostüme aus Star Wars. „Da kam mir die Idee, mit dem Equipment in dieser aktuellen Situation etwas Nützliches herzustellen“, sagt der 40-Jährige. Im Alltag sind eher Zeichenblock, Tinte und Nadel sein Werkzeug: Christian Richter betreibt seit 13 Jahren ein Tattoo-Studio in Heilbronn, das er gleich zu Beginn der Viruskrise auf Anordnung der Gesundheitsbehörden schließen musste. „Ich wollte einfach helfen – in so hilflosen Zeiten.“

Die Hilferufe von Freunden, die im Gesundheitswesen arbeiten, wurden immer lauter und dringlicher. Also besorgte sich der kreative Kopf eine Datei, die ein Gerätehersteller kostenlos zur Verfügung stellt – damit Menschen mit entsprechender Ausstattung auf unkomplizierte Weise anderen Menschen helfen können. Egal ob in schwarz oder grau, gold oder blau: Gedruckt wird im so genannten Filament-Verfahren von Spulen. Grundvoraussetzung ist ein druckfähiges, digitales 3D-Modell. Dieses wird von einem Computerprogramm in eine Vielzahl von Schichten zerlegt. Genau diese werden nach und nach mit geschmolzenem Kunststoff von einem Extruder auf eine Werkplattform aufgetragen. Sobald das Material abkühlt, härtet es schnell aus.

Momentan spuckt der 3D-Drucker in 24 Stunden 16 Masken aus, verbraucht wird dabei ein Kilogramm PETG. Aus dem Drucker kommen die Kopfringe, diese erhalten anschließend ein Gummiband. Parallel dazu schneidet Christian Richter mit einem Cutter von Hand aus VIVAK PETG-Glas die passenden Schilder – die übrigens eine Größe von 24 auf 24 Zentimeter haben und somit das gesamte Gesicht und den Hals bedecken können. „Da ist viel Handarbeit dabei, es braucht eine ganze Reihe an manuellen Fertigungsschritten. Der Gesichtsschutz wird dann noch im Desinfektionsbad gereinigt und dann in Einweg-Zip-Beuteln verpackt.“

Uneigennützig und schnell helfen – das treibt den Freiberger an. Seine Arbeitszeit sieht er als ehrenamtliches Engagement in der Krise. „Schnell wurde klar, dass das Material doch etwas mehr kostet als gedacht. Also konnte ich Freunde und Bekannte dafür gewinnen, mit einer Spende mitzumachen.“ Viele haben schon geholfen, was ihn dankbar stimmt.

Doch rasend schnell hat sich in der Region herum gesprochen, dass da eine tatkräftige Privatperson mit anpackt in der Krise und genau das herstellt, was in den hiesigen Krankenhäusern, Notaufnahmen, offiziellen Abstrichstellen und in den ärztlichen sowie zahnärztlichen Notdiensten so dringend gebraucht wird. Nach einem Spendenaufruf in den sozialen Medien gingen die Anfragen durch die Decke, das Telefon steht nun nicht mehr still. Richter: „So viele Einrichtungen wollen und brauchen diese Gesichtsschutz-Masken. Nun laufen die Drucker non-stop. Ich habe einen weiteren Drucker ausgeliehen und könnte noch weitere Geräte anschaffen.“ Doch das ist für den Privatmann jetzt nur noch mit größerer Unterstützung möglich. „Jede kleine Spende hilft dabei, noch schneller und noch mehr Gesichtsschilder zu produzieren.“

Wer in Deutschland helfen möchte, kann sich per an Christian Richter wenden.

Und in Österreich?

Markus Haselböck ist in ähnlicher Sache unterwegs. Im Alltag ist er Geschäftsführer eines renommierten Webhosterunternehmens. Nun werden von ihm und einer immer größer werdenden Schar von emsigen Helfern, derzeit sind es 12 Personen mit 13 Druckern, ebenfalls im 3D-Verfahren selbst produzierte Gesichtsschutz-Masken hergestellt, die innerhalb von Österreich verschickt werden.

Markus weist darauf hin, dass die Qualität natürlich nicht mit professionellem Gesichtsschutz mithalten kann. Dennoch gibt es einen großen Vorteil: Diese Gesichtsschutz-Masken können sofort nach der Herstellung abgegeben werden und sind somit gleich einsatzbereit.

Der Tragekomfort ist noch nicht ganz perfekt, meint Markus, daran wird derzeit noch gefeilt. Es kann jedoch mit einem Stück Schaumstoff, Filz oder Moosgummi Abhilfe geschaffen werden. Die einzelne Bauteile müssen nach der Lieferung vor Ort noch zusammengefügt werden, eine kurze Bauanleitung dazu liegt bei. Die Maskenteile sind perfekt entgratet, die gelochte Folie sowie das ca. 25 cm lange Knopflochband liegen bei. Gesucht wird derzeit noch ein Partner aus dem Schneidereibereich für die Knopflochbänder.

Zur großen Freude aller fleißigen Drucker haben sich bereits einige Sponsoren gefunden, die für Unterstützung sorgen und Material zur Verfügung stellen:

* Pössenberger www.buchundbuero.at
* Blumen Wolle aus Marbach – www.facebook.com/pg/blumen.marbach
Seit kurzem gibt es einen Hauptsponsor: Die Firma 3DEE aus Wien hat 10 kg PLA Filament (Druckmaterial) gespendet.

Es wurden schon 400 Stück von derzeit rund 700 Bestellungen ausgeliefert: unter anderem an das AKH, das Lorenz-Böhler-Krankenhaus, das Rote Kreuz, die Caritas und den Samariterbund. Rund 100 Stück können per Tag hergestellt werden. Das engagierte Team nimmt gerne weitere Bestellungen entgegen und freut sich über eine Spende dafür, auch für NGOs, Menschen in Not oder Risikopatienten besteht die Möglichkeit, Masken zu bestellen. Wer Bedarf haben sollte, siehe: e3.at

Wer selbst einen 3-D-Drucker hat und ausdrucken kann: Auch dafür gibt es bei Markus Haselböck eine detaillierte Anleitung und weitere Information.

Die eingenommenen Spenden sollen später für eine Non Profit Organisation gespendet werden.

Alle Infos und BESTELLUNGEN: e3.at
Laufende Updates zu allem, was geschieht: www.facebook.com/boeselhack

#WeForFuture #GemeinsamInDerKrise


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /