© EUROSOLAR AUSTRIA
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EUROSOLAR AUSTRIA zum Ausbau von Photovoltaik- Ein Denkanstoß

Mix aus Maßnahmen und Instrumenten erforderlich - Wunsch nach Geschlossenheit bei Potenzialerschließung genau wie beim Vorgehen gegen Coronavirus

Potenzial vorhanden

Um unsere Ausbauziele im Bereich erneuerbare Energien zu erreichen, ist es notwendig, das vorhandene Potential zu nutzen. Auf Gebäuden stehen immense Flächen zur Verfügung, daher sollten in erster Linie Dächer und Fassaden mit Photovoltaik-Modulen belegt werden. Agro-Photovoltaik kann zu einer Erweiterung der Flächen beitragen. Die Photovoltaik-Roadmap sieht ein Potenzial von 170 km² auf Dächern und 60 km² auf Fassaden.

Die Bundesregierung will in 10 Jahren 11 TWh PV-Strom an das Netz bringen (In Summe ist ein "Zubau aus erneuerbaren Energietechnologien von 27 TWh" geplant. Dabei nicht berücksichtigt ist aber der Strombedarf der energieintensiven Industrie!). In 17 Jahren seit Inkrafttreten des Ökostromgesetzes waren es nur 1 TWh, die zugebaut wurden. Wie viel Geld wurde und wird zur Verfügung gestellt? Ein Vergleich: ein Eurofighter kostet 1 Mrd. Euro.

Es braucht einen Mix aus Instrumenten (Abbau rechtlicher, finanzieller Hemmnisse sowie Information und Kommunikation).

Mix aus Instrumenten und Maßnahmen

Der Strombedarf in Österreich wird steigen, weil es strombetriebene Anwendungen anstelle von fossilbetriebenen Anwendungen gibt, die weit effizienter sind (beispielsweise Elektroauto), aber auch, weil die Dekarbonisierung der energieintensiven Industrie viel Strom "verschlingen" wird.

Der Energiebedarf muss um 50% reduziert werden. Dafür braucht es ein wirksames Energieeffizienzgesetz und keinen zahnlosen Papiertiger.

Notwendig ist auch eine aufkommensneutrale soziale Ökosteuer. Beispielsweise gegen die jetzigen Ölpreise hat nicht einmal die engagierteste Person eine Chance, andere zu Veränderungen zu bewegen.

Demokratisierung der Energiewende forcieren = Akzeptanzsteigerung der Energiewende

Das Clean-Energy-Package, die Erneuerbare-Energie- sowie die Elektrizitätsbinnenmarkt-Richtlinie der EU forcieren die dezentrale Energiewende mit Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften (Erzeugung, Verbrauch, Speicherung, Verkauf; nicht nur Strom!).

Überschussstrom aus PV-Anlagen wird derzeit schlecht vergütet. Modelle wie in Deutschland mit Sonnen gibt es derzeit in Österreich nicht, aber AWATTAR mit flexiblen Stromtarifen, OurPower (Energiegenossenschaft: Der OurPower-Marktplatz bringt Stromverkäufer*innen und -käufer*innen zusammen und sorgt im Hintergrund dafür, dass alle rechtlichen, energiewirtschaftlichen und zahlungstechnischen Prozesse transparent, fair und sicher ablaufen. Kauf von Ökostrom, ...) und eFRIENDS (Grundidee ist es, Sonnenstromerzeuger und Nutzer zu vernetzen. Mit eFRIENDS kann jeder, unabhängig von der eigenen Wohnsituation, ob im Haus, einer Wohnung, im Zelt unkompliziert überschüssigen Strom anderer eFRIENDS Kunden beziehen oder auch selber selbst produzierten und überschüssigen Strom anbieten. Das Technik-Paket EnergyControl misst den Strom an dem Haus- oder Wohnungsanschluss jedes eFRIENDS. Diese Information sendet es dann an den eFRIENDS Cube (ein Mini-Computer), der mit dem Internet verbunden ist. Dann wird die Information mit dem persönlichen eFRIENDS ausgetauscht, wer viel Strom benötigt und Überschuss hat. Batteriespeicher können auch eingebunden werden.).

Eine Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger über Gemeinschaftsprojekte oder Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften fördert auch die Akzpentanz der Energiewendemaßnahmen. Über Satzungen kann der Anteil der natürlichen Personen geregelt werden aber z.B. auch, dass mehr Strom als benötigt erzeugt wird.

Gemeinschaftlich erzeugter Strom wird dazu führen, dass der Anteil des Eigenverbrauchs steigt und Lasten (fleible Traife sind z.B. erforderlich) verschoben, Netze entlastet und in die Speicherung eingestiegen wird. Soziale Ungleichheiten werden durch die gemeinsame Verwendung von dezentral erzeugten Strom gemindert.

Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften können z.B. Genossenschaften, Vereine, ... sein, die nicht vorrangig Gewinnabsicht haben.

Wie bespielsweise bei den eFRIENDS oder OurPower der Fall, sollten diese Gemeinschaften dafür sorgen, dass etwaiger Reststrom für Endverbraucher beschafft wird oder Überschussstrom verkauft bzw. weitergeleitet wird.

Die Block-Chain-Technologie könnte den Gemeinschaften nutzen.

Rechtliche Hemmnisse beseitigen

Im Rechtsbereich müsste beim Wohnungseigentumsgesetz (WEG) dafür gesorgt werden, dass es möglich ist, eine Anlage am Dach oder eine E-Ladestation im Keller zu errichten, wenn eine Mehrheit der Eigentümer dafür ist. Damit würden im Bereich von Mehrfamilienbauten mit diversen Eigentümern Photovoltaik-Gemeinschaftsanlagen, aber auch die Umsetzung der Sektoren-Kopplung (Elektrotankstellen, ...) einfacher.

Bis zum Sommer 2019 wurden weniger als 200 solcher PV-Gemeinschaften in ganz Österreich installiert. Nach wievor dürfen diese den Strom nicht über das öffentliche Netz an Dritte weiterleiten. Dies limitiert enorm die Chancen, dezentral erzeugten Strom auch vor Ort, z.B. im Grätzl, zu nutzen. Mieter in solchen Gebäuden müssen den Strom nicht kaufen. Die Anlagenbetreiber müssen sich, wenn es im Haus nicht genügend Abnehmer gibt, Abnehmer für Überschussstrom suchen.

Im ElWOG bräuchte es Änderungen: In Diskussion sind derzeit Rabatte bei den Netzgebühren für Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften auf den untersten Netzebenen. Der Rollout von Smart Meter funktioniert nicht vernünftig, ist aber für PV-Anlagen wichtig. Damit könnte man auch flexible Stromtarife ermöglichen und die Verschiebung der Stromnachfrage oder Einspeisung in das Netz steuern.

In Hinblick auf Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften muss gewährleistet werden, dass

  • Netzbetreiber mit diesen zusammenarbeiten, um die Energieübertragung zu erleichtern.

  • Energiemärkte zugänglich sind.

  • Die E-Control eine transparente Kosten-Nutzen-Analyse der dezentralen Energiequelen bereitstellt und dafür sorgt, dass diese Gemeinschaften oder wie sonst üblich Dritte angemessen und ausgewogen an den Systemgesamtkosten beteiligt werden (z.B. Lastprofilverfahren, für die Berechnung des Leistungspreises den residualen Netzzugang der Gemeinschaft ansetzen).

  • überlegt wird, ob Mitglieder der Gemeinschaften für einige Jahre keine Ökostromförderkosten für gemeinsam genutzten Strom zahlen müssen sowie die Elektrizitätsabgabe entfallen kann.

  • gewährleistet wird, dass auch die Gemeinschaften an Kapital zum Bau und den Erhalt von Anlagen über öffentliche Förderungen gelangen.

  • die Gemeinschaften dazu beitragen, dass sich auch Haushalte mit geringem Einkommen beteiligen können.

  • Kombinationen beim Energiebezug aus Eigenerzeugung, PV-Gemeinschaften und Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften möglich werden.
  • jede Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften Bilanzkreisverantwortlicher werden kann und Fehlmengen an Märkten kaufen bzw. Überschüsse verkaufen kann oder Netzbetreiber dies übernehmen müssen.

  • im Rahmen der Stromkennzeichnung Strom aus Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften etc. gesondert berücksichtigt wird.

  • Netzzugänge gesichert sind.



Bauordnungen sehen derzeit keine Pflicht zum Bau von PV-Anlagen im Neubau und bei der Sanierung von Gebäuden vor. In Wien sollen wohl im Neubau Wohngebäude und Bildungseinrichtungen im §118 der Bauordnung dazu kommen. Das wesentlich größere Potenzial liegt aber in der Sanierung bestehender Dachflächen und deren Ausstattung mit Photovoltaik. Wenn die vorhandene Gebäudehülle um nicht mehr als 12 cm überragt wird und sich noch innerhalb der projizierten Gebäudefläche befindet, dann sollte Photovoltaik auch baubewilligungsfrei sein. Selbstverständlich sind Kenntnisse in Statik und Windlast erforderlich, aber dafür gibt es Normen und Normbauteile, und die Einhaltung und bzw. Verbauung dieser Normbauteile sollte ausreichen. In Sachen Genehmigungsfreiheit könnten andere Bundesländer dem Beispiel von Niederösterreich folgen (Photovoltaikanlagen bis 200 kW Leistung sind genehmigungsfrei).


In Überlegung ist, dass ab einer gewissen Anlagengröße der Vorrang für die Einspeisung erneuerbarer Energien fallen soll und sich Einspeiser selbst um die Vermarkung von Strom kümmern sollen. Dies wäre ein Nachteil.

Vieles im rechtlichen Bereich soll auf Bundesebene im Erneuerbare Ausbau-Gesetz geregelt werden. Es braucht aber auch Änderungen, wie gezeigt, auf Bundesländerebene. In Niederösterreich war jetzt von Änderungen von Widmungen zu lesen. Dies betrifft die Raumplanung und Großanlagen, die sicher von EVUs nicht aber "vom kleinen Mann oder der kleinen Frau" gebaut werden. Will man also die dezentrale Energiewende oder weiter Geschäfte für die Großkonzerne?

Derzeit gibt es bei PV-Anlagen eine Eigenverbrauchsoptimierung. Diese steht einer vollen Belegung von Dach- und Fassadenflächen mit PV-Modulen im Weg.

Batteriespeicher als Vorteil

Es braucht Speicher für die Energiewende. Batterien sind für die Langzeitspeicherung derzeit nicht geeignet, wirtschaftlich (noch, in Österreich) ebenso wenig. Förderungen für Batteriespeicher enthalten oft keine technischen Kriterien in Sachen Effizienz des Gesamtsystems, Schwarzstartfähigkeit oder z.B. Black-Out-Resistenz. Sollte man anstelle von Batterien im Gebäude zumindest Batterien im Grätzl aufstellen?

Wie deckt man in Zukunft die Stromlücke im Winter ab (Langzeitspeicherung von Energie - energetische Nutzung von Biomasse-Reststoffen nur noch im Winter)? Den derzeitigen Gasbedarf wird man keineswegs rein mit erneuerbarem Gas decken können.

Im diesem Zusammenhang wäre auch eine Art Experimentierklausel für Projekte zum Testen von Technologien samt Förderung wichtig.

Ein Beispiel: Das österreichische Unternehmen Fronius führt bei Batterienspeichern

Gebühren für das Aus- und Einspeichern von Strom sollten entfallen.

Unternehmen sollten vorangehen

Unternehmen wie Wiener Wohnen könnten bei der Bestückung von Dächern und der Einspeisung voranschreiten. Entsprechend dem "Buschfunk" ist man dabei Konzepte zu entwickeln. Neubauten dürfen davon selbstverständlich nicht ausgenommen werden. Es sollten mehr Gebäude errichtet werden, die technische Fortschritte aufzeigen. Welchen technischen und sozialen Fortschritt hat der Neubau von Wiener Wohnen in Oberlaa gegenüber dem Karl-Marx-Hof?

Generell sollte davon Abschied genommen werden, Wohnraum ohne Qualitätsansprüche oder Zukunftsfähigkeit zu schaffen. Mit vermeintlichem billigen Wohnbau im gemeinnützigen Bereich, der langfristig teuer kommt, muss Schluss sein. Autofreies Wohnen, Versorgung und Freizeit vor Ort, autarke Systeme, ... sind das Non plus Ultra.

Coronavirus und Klimakrise

Plötzlich werden Milliarden für den Kampf gegen die "Corona-Krise" zur Verfügung gestellt. Für die Bewältigung des Klimawandels wurden hingegen bis jetzt nur Bruchteile dessen zaghaft bereit gestellt. Es bleibt zu hoffen, dass man im Rahmen der Bewältigung der Klimakrise bzw. im Sinne der Zukunft der jungen Menschen in Zukunft nicht weiter zaghaft voranschreitet.

Die gegenwärtige Situation sollte auch zu einem Umdenken in der Politik hinsichtlich resilienterer Gesellschaftsstrukturen führen, denn das derzeitige Szenario veranschaulicht auf drastische Weise, wie schnell sich eine Gesellschaft im Krisenmodus befinden kann. Dazu könnte die Schaffung von Zivilschutzeinrichtungen zählen wie z.B. Bildungseinrichtungen, welche mit erneuerbaren Energietechnologien samt Speicher ausgestattet sind und autark in Krisenzeiten funktionieren. Hier landen wir wieder bei den Bauordnung. Eine ganz besondere Rolle sollte die Politik der dezentralen Energiewende durch Bürgerinnen und Bürger einräumen.


Artikel Online geschaltet von: / wabel /