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Gesundheit und Klima erfordern reduzierten Fleischkonsum – Dialog überfällig

Offener Brief an Frau Bundesministerin Mag.a Dr.in Brigitte Zarfl und die Verhandlungsteams der künftigen Regierung

Ungesunde Ernährung, wie das Gesundheitsministerium bereits mehrfach festgestellt hat, führt z.B. zu Übergewicht bzw. Adipositas, diversen Herz- und Gefäßkrankheiten, zu erhöhtem Dickdarmkrebsrisiko und Typ-2-Diabetes und in letzter Konsequenz zu frühzeitigen Todesfällen. Ein wichtiger Risikofaktor ist der hohe Verzehr von Fleisch: Männer konsumieren im Schnitt etwa 300% und Frauen etwa 150% der gesundheitlich empfohlenen Fleischmengen. Gleichzeitig ist diese fleischlastige Ernährung mit einem erheblichen Anteil an Treibhausgasemissionen verbunden. Initiativen eröffnen somit einen Doppelnutzen für Gesundheit und Klima.

All dies ist durch WHO-Berichte und zahlreiche internationale Publikationen sehr gut belegt. Auch der österreichische Special Report Gesundheit, Demographie und Klimawandel (ASR18) des Austrian Panel on Climate Change (APCC) bewertet die wissenschaftliche Literatur und konstatiert für den genannten Doppelnutzen einer Ernährungsumstellung eine starke Beweislage bei hoher Übereinstimmung der Wissenschaft. Angesichts der Evidenz stellt die renommierte medizinische Fachzeitschrift The Lancet fest: We need to talk about meat. Genau das ist aber in Österreich bisher unterlassen worden.

Durch eine zumutbare Reduktion des Fleischkonsums bei gleichzeitiger Erhöhung des Anteils an Obst und Gemüse können auch in Österreich ungefähr 6-19% der vorzeitigen Sterbefälle verhindert und bis zu 70% der durch die landwirtschaftliche Produktion verursachten Treibhausgasemissionen eingespart werden.

Die bisherigen vereinzelten und unterdotierten Initiativen für eine gesunde Ernährung waren wenig effektiv und damit unzureichend. Durch die Zuspitzung der Klimakrise und die klimapolitischen Handlungserfordernisse Österreichs ist ein Momentum entstanden, das zur Erreichung sowohl der österreichischen Gesundheits- als auch der international verpflichtenden Klimaziele genutzt werden kann und gleichzeitig zur Implementierung der UN-Nachhaltigkeitsziele Österreichs beiträgt.

Diese Chance zu nutzen bedarf eines Politikprozesses. Erfolgversprechende Möglichkeiten eine Ernährungsumstellung zu erreichen, gibt es viele. Große Veränderungen bedürfen einer Zusammenarbeit mehrerer Ressorts. Denn nur so kann effektiver Klimaschutz geleistet und eine Verbesserung der öffentlichen Gesundheit erreicht werden. Preissignale sind für deutliche Veränderungen zentral. Bereits eine von KonsumentInnen zunehmend geforderte Verbesserung der Tierhaltestandards bewirkt durch die daraus resultierenden Preiserhöhungen eine gesundheitsförderliche Verlagerung des Konsums. Angesichts bedeutender Verbesserungspotenziale und vielschichtiger Problemdimensionen sind jedenfalls umfassende Maßnahmenbündel notwendig. Wie dies für KonsumentInnen und ProduzentInnen sozialverträglich gestaltet werden kann, ist ein wichtiger Maßnahmenteil. Die gesundheitlichen Vorteile sind allerdings gerade für einkommensschwache Gruppen evident. Hochwertige Fleischprodukte, die biologisch hergestellt werden, dienen außerdem dem Erhalt der Biodiversität sowie der Vielfalt von Kulturlandschaften, Arten und Nutztierrassen

Aus der Wissenschaft gibt es viele Vorschläge mit Mehrfachnutzen. Aber das Schweigen rund um den zu hohen Fleischkonsum aufgrund von Partikularinteressen muss im Sinne der „Gesundheit für Alle“ und des Klimas beendet werden. Wir ersuchen Sie daher als verantwortliche Ministerin: Setzen Sie zum Wohle der ÖsterreicherInnen rasch entschiedene Schritte, damit eine gesunde klimafreundliche Ernährung in die Agenda der Regierungsverhandlungen aufgenommen wird. Die verhandelnden PolitikerInnen sind ebenso aufgerufen, für Gesundheit und Klima Partei zu ergreifen.

Mit freundlichen Grüßen

Dipl. Ing. Dr. Willi Haas, Doz. Dr. Cem Ekmekcioglu, OA Assoz.-Prof. PD Dipl.-Ing. Dr. med. Hans-Peter Hutter, Univ.Prof. Dr. Helga Kromp-Kolb, Doz. Dr. Hanns Moshammer, Dr. Peter Nowak, Prof. Dr. Marianne Penker, Dr. Ulli Weisz


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /