©  FNR, D. Riesel / Labor-Fermenter zur Durchführung kontinuierlicher Gärversuche
© FNR, D. Riesel / Labor-Fermenter zur Durchführung kontinuierlicher Gärversuche

Frühwarnindikator für Störungen im Biogasprozess entwickelt

Abbaubare Aggregate stabilisieren Prozessbiologie

Mit dem Verbundvorhaben „ProGas“ unterstützte das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) die Entwicklung eines Frühwarnindikators, mit dem Biogasanlagen stabil, effizient und flexibel betrieben werden können. Bei hoher Prozessbelastung fördert der Eintrag von Additiven die Ausbildung von Aggregaten zur Ansiedlung von Mikroorganismen und unterstützt die Etablierung einer besonders leistungsstarken Gemeinschaft aus Biogasbakterien. Die Erhöhung der Organismendichte führt zur Prozessstabilisierung, insbesondere bei schneller Leistungssteigerung im Zuge der bedarfsgerechten Biogaserzeugung.

Forscher des Helmholtz-Zentrums Potsdam Deutsches GeoforschungsZentrum (GFZ) entwickelten gemeinsam mit der Technischen Universität Berlin (Fachbereich Verfahrenstechnik) und dem Dresdner Grundwasserforschungszentrum e.V. einen Frühwarnindikator zur Überwachung der Prozessstabilität in Biogasanlagen. Dessen Einsatz dient der Vorhersage von Prozessstörungen und der Ableitung von Handlungsempfehlungen und ermöglicht so die Erhöhung der Prozessstabilität ohne große Investitionen.

Als neuer Frühwarnindikator für Nawaro - Anlagen dient das Verhältnis aus dem Gehalt an organischen Säuren zur elektrischen Leitfähigkeit (FWI A/elCon). Vorteil des neuen Indikators: Er reagiert sensitiver als konventionell genutzte Mess- und Analysewerte. Der Frühwarnindikator wurde im halbtechnischen Labormaßstab erprobt und anschließend zusammen mit der EnviTec Biogas AG erfolgreich an einer großtechnischen Biogasanlage validiert.

Um überlastete Prozesse bei Alarmierung durch den Frühwarnindikator wieder zu stabilisieren, werden in Nawaro – Anlagen die Raumbelastung abgesenkt und gezielt Additivkombinationen aus Spurenelementen und Natronlauge (NaOH) zugegeben. Auf diese Weise lassen sich kurze Stabilisierungszeiträume bei niedrigen Additivkosten realisieren.

Für Abfallbiogasanlagen wurden ähnliche Frühwarnindikatoren entwickelt, die aufgrund geringerer Gehalte an langkettigen Fettsäuren jedoch weniger für Nawaro-Anlagen geeignet sind. Hierbei handelt es sich zum einen um das Verhältnis organischer Säuren zu Calcium (FWI oS/Ca) und zum anderen um das Verhältnis von Phosphor zu Calcium (FWI P/Ca). Als Additiv für die Prozessstabilisierung in Abfallbiogasanlagen eignet sich die Kombination aus Spurenelementen und Calciumoxid am besten. Durch Ausfällung von Calcium mit langkettigen Fettsäuren wird eine Aggregatbildung herbeigeführt. Diese Aggregate bestehen zu einem großen Teil aus langkettigen organischen Säuren. Sie werden von Mikroorganismen besiedelt, die in und auf den Aggregaten eine Hochleitsungsbiozönose, bestehend aus syntrophen Bacteria und hydrogenotrophen methanogenen Archaea, ausbilden. Diese Hochleistungsbiozönose stabilisiert den Prozess. Im Stabilisierungsprozess werden die Aggregate wieder abgebaut und zu Biogas umgesetzt. Um die Aggregatbildung zu bewerten, wurde auf Basis einer optischen Endoskopsonde ein neuer Bilderkennungsalgorithmus entwickelt. Die Methode wurde auch genutzt, um die Scherbeanspruchung verschiedener Rührorgane im Hinblick auf die Aggregatbildung zu analysieren: Scheibenrührer sind danach scherärmer als Propellerrührer.

Für Nawaro-Anlagen ist es denkbar, künftig gezielt Pflanzenöl und Calcium zuzugeben, um auch hier Aggregate herbeizuführen. Auf diese Weise ließen sich die prozessstabilisierenden Effekte bei hoher Raumbelastung und Säurekonzentration auch auf Nawaro-Anlagen übertragen. Dies könnte dazu genutzt werden, den Prozess schnell an höhere Raumbelastungen anzupassen, wie dies bei einer bedarfsgerechten Energieerzeugung notwendig sein wird.

Weitere Informationen zum Verbundvorhabens „ProGas“ und zu den Teilprojekten sowie die Kontakte der einzelnen Projektleiter finden Sie in der Projektdatenbank der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) unter den Förderkennzeichen 22019512, 22019612 und 22019712.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /