© luctheo pixabay.com
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Nach Europawahl: Energie- und PPA-Experten fordern Umdenken

Kostensparende Umstellung auf erneuerbare Energien ist möglich

Pforzheim - Deutsche Energie-Experten fordern vor dem Hintergrund der Europawahl-Resultate und des fortschreitenden Klimawandels ein Umdenken in Wirtschaft und Politik. Deutschland müsse seine CO2-Emissionen schneller senken als bisher. Dennoch würden die staatlichen Anreize nicht ausreichen, um erneuerbare Energien zügig auszubauen. Mit Strombezugsverträgen – Englisch PPAs – stünde der Industrie nun ein Instrument zur Verfügung, um kostensparend auf erneuerbaren Strom umzustellen. Gleichzeitig könne sie damit ohne Unterstützung vom Staat zum Bau von Wind-, Solar- und Biogasanlagen beitragen. Der aktuelle Stand bei der Entwicklung von PPAs ist Gegenstand der Expertentagung „PPA als neue Säule im Ausbau der Erneuerbaren Energien“. Sie findet am 26. Juni in Frankfurt am Main statt.

„In den nächsten Jahren läuft die EEG-Förderung für Windanlagen mit rund 15.000 MW Leistung aus. PPA haben vor diesem Hintergrund das Potential, eine zentrale Rolle im Energiemarkt zu spielen. Denn sie stellen eine neue Möglichkeit für Großkunden dar, langfristige Energieverträge abzuschließen, die sie vor Marktpreisschwankungen absichern, und umweltschonenden Strom von regionalen Erzeugern zu beziehen“, sagt Norbert Breidenbach, Vorstand der Mainova AG, einem der größten regionalen Energieversorger in Deutschland. „Für Anlagenbetreiber sind PPA darüber hinaus ein ausgezeichnetes Instrument, EE-Anlagen weiterhin wirtschaftlich zu betreiben.“


PPAs mit Vorteilen für Anlagenbetreiber

Unternehmen wie Greenpeace Energy und Statkraft und auch der Strompool des Verbands Deutscher Kühlhäuser und Kühllogistikunternehmen (VDKL) haben bereits erfolgreich erneuerbare Energien PPAs abgeschlossen, weitere planen den Abschluss von Vereinbarungen für dieses Jahr. Aber auch Anlagenbetreibern bietet das Instrument entscheidende Vorteile. So können sie ihren Strom auch ohne erfolgreiche Teilnahme an einer Ausschreibung der Bundesnetzagentur vermarkten. Erneuerbare Energie-Pionier Karl-Heinz Remmers bewertet PPAs auch deswegen als eines der wesentlichen Instrumente, die dem Ausbau von Photovoltaikanlagen neuen Schwung verleihen könnten. Gleichzeitig sieht er die Politik in der Pflicht, die Rahmenbedingungen anzupassen:

„Ob 52 GWp-Deckel für Photovoltaik oder Doppelbelastungen für Prosumer, die ihren eigenen Strom erzeugen und verbrauchen: wesentliche Gesetze und Verordnungen sind für eine effiziente Energiewende kontraproduktiv und müssen dringend überarbeitet werden. Wenn die Politik den Weg frei macht, werden PPAs eines der Instrumente sein, die die Energiewende ohne Mehrkosten für den Staat voranbringen“, so Remmers.

Mittlerweile entdeckt auch die Finanzbranche das Potenzial von PPAs. Die UmweltBank gehört zu den ersten Instituten, die sich auf Erneuerbare Energien PPAs spezialisiert haben, die ohne EEG-Förderung auskommen: „Wir ermöglichen als erste nachhaltige Bank in Deutschland die standardisierte Finanzierung von neu errichteten Photovoltaik-Freiflächenanlagen, für die ein langfristiger Stromliefervertrag geschlossen wird. Damit bieten wir einen weiteren, wesentlichen Baustein für den Ausbau der erneuerbaren Energien und eine zeitgemäße Ergänzung zum EEG“, erklärt André Hückstädt, Leiter der Abteilung Finanzierung Energie- & Infrastrukturprojekte bei der UmweltBank.

Die Anwältin und Energierecht-Expertin Margarete von Oppen fasst zusammen worauf Unternehmen bei PPA besonders achten sollten: „Bei Stromkaufverträgen dreht sich grundsätzlich alles um eine der jeweiligen Risikobereitschaft entsprechende Verteilung von Preis- und Mengenrisiken sowie um Vertragsdauer und Ausstiegsmöglichkeiten. PPA sind Stromkaufverträge, deren Besonderheiten sich aus der Interessenlage der beteiligten Parteien, ihrer Langfristigkeit ist und gegebenenfalls der Refinanzierungsfunktion ergeben. Mit dieser Perspektive empfiehlt sich eine aufmerksame Auseinandersetzung mit den Regelungen zu folgenden Themen: Definition der Liefermenge; Lieferpreis, Lieferbeginn- und Ende, Lieferunterbrechungen sowie Regelungen zu Kündigung und Vertragsanpassung.“


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /