©  Marco Warmuth / Das „Hülsenreich“-Team: Simon Vogt, Gunnar Schulze und Emilie Wegner
© Marco Warmuth / Das „Hülsenreich“-Team: Simon Vogt, Gunnar Schulze und Emilie Wegner

Willkommen im Hülsenreich!

Hülsenfrüchte wie Kichererbsen und Bohnen sind reich an pflanzlichen Proteinen und wertvollen Ballaststoffen.

Oft landen sie aber nur in der Suppe oder werden als Salat verwendet. Mit Bio-Snacks auf Basis von Bohnen, bereichert nun ein junges Startup namens „Hülsenreich“ aus Sachsen-Anhalt die Welt der Knabbereien um ein innovatives und gesundes Produkt.

Schmackhafte Snacks mit einem hohen Anteil an Hülsenfrüchten wie Bohnen, Linsen oder Kichererbsen gibt es, zumindest in Deutschland, noch nicht. Das junge Startup „Hülsenreich“ aus Sachsen-Anhalt will diese Lücke schließen; genau genommen wollen die Wissenschaftler aus Halle (Saale) die Nische des gesunden Snack-Markts im Biobereich besetzten, wie Emilie Wegner sagt. Die 23-jährige Gründerin von „Hülsenreich“ ist optimistisch, dass dies gelingt: „Eine gesunde Ernährung ist immer mehr Menschen sehr wichtig. Sie achten stärker auf die Inhalte der Nahrung. Und Snacks bilden da keine Ausnahme.“

Herkömmliche Chips und Flips haben wegen ihrer Inhaltsstoffe eher einen schlechten Ruf. Emilie Wegner hält mit ihren neuartigen Snacks auf der Basis von Hülsenfrüchten dagegen, der wohl gesündesten Pflanzengruppe der Welt. Hülsenfrüchte sind reich an pflanzlichen Proteinen und wertvollen Ballaststoffen. Genau dies brachte die Ernährungswissenschaftlerin auf die Idee, daraus etwas Leckeres zum Naschen zu entwickeln: Snacks aus Kichererbsen, Bohnen, Linsen oder anderen Hülsenfrüchten - bio, vegan und glutenfrei.

Das ist gut zwei Jahre her. Emilie Wegner studierte damals an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg in Sachsen-Anhalt. Für ihren Foodblog, in dem sie ihre eigenen Rezeptideen veröffentlicht, ist sie irgendwann auch auf die Kichererbse gestoßen. Im Bio-Handel bestellte sie einen Zehn-Kilo-Sack Kichererbsenmehl. „Eine kleinere Portion war nicht zu bekommen, und so musste ich das alles irgendwie verarbeiten“, erzählt sie. Heraus kamen herzhafte Puddings, Quiches und Cracker. Die Snacks wurden ein großer Erfolg bei Freunden und Bekannten. Und schnell tauchte die Frage auf: Wieso kann ich so etwas nirgendwo kaufen?

Die Antwort war einfach: Weil es Snacks mit einem derart hohen Anteil an Hülsenfrüchten bisher nicht gab. Und so wurde der Plan vom eigenen Hülsenreich geboren. In Simon Vogt und Gunnar Schulze fand Wegner Mitstreiter, die ihre Kompetenz in Wirtschaftswissenschaft und Marketing in das gemeinsame Startup einbrachten. „Das war meine persönliche Deadline: Wenn ich es schaffe, andere zu überzeugen mitzumachen, dann werden wir Hülsenreich in Angriff nehmen“, erinnert sich Emilie Wegner.

Mit einer Dose ihrer Kichererbsen-Cracker in der Hand stellte die Studentin 2016 ihre Idee schließlich beim Gründerservice der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg vor – und überzeugte. Die Studenten erhielten die Unterstützung, die sie bei der Gründung von Hülsenreich benötigten. Es gelang schließlich auch, nach dem Studium eine so genannte Vorgründungsförderung aus EU-Mitteln einzuwerben: Emilie Wegner und ihr Team sind derzeit als wissenschaftliche Mitarbeiter an der Universität angestellt. „Dadurch können wir uns ohne Druck um unser Projekt kümmern“, sagt sie.

Im Technologiepark Weinberg Campus in der Stadt Halle (Saale) entwickelt das Trio unter dem Motto „Willkommen im Hülsenreich!“ seine Ideen. Der Weinberg Campus ist der Innovationsstandort für die Life-Sciences- und Material-Sciences-Branche im Bundesland Sachsen-Anhalt. Mit 134 Hektar ist er der Zweitgrößte in Ostdeutschland. Rund 200 Startups haben hier seit der Gründung 1993 beste Bedingungen gefunden. Die "Hülsenreich"-Snack-Entwickler nutzen zum Beispiel einen sogenannten Doppelschnecken-Extruder, der im universitären Inkubatorteil des Weinberg Campus Innovation Hub steht. In dieser Maschine verarbeiten sie die vorher entwickelten Rezepturen unter hohem Druck und Hitze beispielsweise zu Chips. „Der Druck ist dabei 300 Mal höher als in einem Schnellkochtopf“, erklärt Ernährungswissenschaftlerin Wegner.

Eines ist ihr klar: Die neuartigen nährstoffreichen Snacks auf Hülsenfrucht-Basis haben nur dann eine Chance, sich gegen die konventionelle Chip-Konkurrenz zu behaupten, wenn sie auch schmecken. Auch deshalb tüfteln die „Hülsenreich“-Gründer ständig an neuen, schmackhaften Rezepturen auf Hülsenfrucht-Basis. Die erste Entwicklung ist inzwischen abgeschlossen: Für alle Fans von Knabbereien eine leichtere und ballaststoffreichere Alternative zu gesalzenen Nüssen sollen geröstete Kichererbsen im nächsten Jahr als erstes „Hülsenreich“-Produkt auf den Markt gebracht werden.

Weiteren Schub erhofft sich das Trio vom Gewinn des diesjährigen Hugo-Junkers-Preis für Forschung und Innovation des Landes Sachsen-Anhalt. In der Sonderkategorie „Ernährungswirtschaft“ hat das „Hülsenreich“ Projekt die Jury mit Kichererbse & Co. überzeugt. „Man könnte nun denken: Muss naschen, knabbern und snacken nun wirklich auch gesund, nachhaltig und umweltschonend sein? Nimmt das nicht allen Spaß?” fragte Dr. Franziska Krüger vom Wirtschaftsministerium in ihrer Laudatio. Und gab dann auch gleich die Antwort: “ Hülsenreich, hat die eher verkannte Hülsenfrucht aus dem Dornröschenschlaf geweckt, durch den Einsatz innovativer Technologien und Verfahren einen Snack entwickelt, der nicht nur gesund ist, sondern auch besonders lecker. Ein Snack, der Spaß macht.”
Seitdem wird noch intensiver an Schwarzen Tortilla-Chips auf der Basis von Schwarzen Ackerbohnen und Rezepturen für Dips wie Kichererbsen-Süßkartoffel-Jalapeno oder Rote Linse-Tomate-Chili und Weiße Bohne-Spinat-Sesam entwickelt. „Aktuell experimentieren wir mit einer avocadofreien Guacamole“, sagt Emilie Wegner.

Autor: Michael Falgowski


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /