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Der symbiotische Planet

oder "Wie die Evolution wirklich verlief" - Ein OEKONEWS-Buchtipp

Wie ist das Leben entstanden? Erstmalig gibt es ein Wissenschaftsbuch, dass vor 20 Jahren in den USA auf Englisch veröffentlicht worden ist, in einer deutschen Ausgabe. Lynn Margulies, US-Professorin für Biologie, die 2011 leider verstorben ist, hat in ihrem Buch essentielle Erkenntnisse zu symbiotischen Beziehungen in der Evolution zusammengefasst. Im Unterschied zu Darwin, der von Mutation und Selektion im „Kampf ums Dasein“ überzeugt war, vertrat sie in ihren Forschungen Ende der 1960er-Jahre die Theorie, dass auch Zellen, egal ob von Menschen und Tieren, durch lange Evolution und Weiterentwicklung das Ergebnis einer symbiotischen Beziehung von Bakterien zueinander sind. Damit stieß sie in der Wissenschaft nicht auf positive Resonanz. Ihre Hypothese stand im absoluten Widerspruch zur damals weit verbreiteten Sicht und herrschenden Meinung der Wissenschaft, dass Evolution nur durch rein zufällige Mutation und durch Selektion der Organismen passiert. Es hat viele Jahrzehnte gebraucht, bis ihre Erkenntnisse und Entdeckungen als wissenschaftlich anerkannt worden sind.

In dem Buch erzählt sie außerdem von ihrem eigenen Leben. Sie war in ihrer erster Ehe mit Carl Sagan, einem US-Astronomen und Astrophysiker, Sachbuchautor und Schriftsteller verheiratet und das Leben zwischen Wissenschaft und Familie mit zwei kleinen Kindern war nicht einfach. Mehrere wissenschaftliche Fachverlage lehnten die Veröffentlichung ihrer Forschungserkenntnisse ab, da ihre Entdeckungen vollends im Gegensatz zur herrschenden Lehrmeinung in der damaligen Evolutionsforschung standen. Heute noch ist Darwins Evolutionstheorie in vielen Schulbüchern zu finden. Ihre Arbeit "Über den Ursprung sich durch Mitose teilender Zellen“ („Origin of Mitosing Cells“) war einfach revolutionär. Ihre These war, dass sich mehrzellige Lebewesen, die gleichzeitig als Vorfahren aller Pilze, Pflanzen und Tiere gelten, nicht durch Mutationen und Selektionen weiter entwickelt haben, sondern, in einem vollkommenen Gegensatz dazu, durch Kooperation und Symbiose.

Lynn ließ dennoch nicht locker, sie ging ihren Weg weiter und ließ sich nicht davon abhalten, bis sie schließlich immer mehr Bestätigungen für ihre These fand. Heute zählt die „serielle primäre Endo-Symbiontentheorie“ zum Standardwissen der Biologie, die Revolution aber, die die 2011 verstorbene Lynn Margulis im Sinn hatte, ist noch lange nicht beendet. Moderne Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sehen sie auf Augenhöhe mit Darwin.

Ein großartiges Buch, das weit mehr ist als ein reines Wissenschaftsbuch.


Der symbiotische Planet oder Wie die Evolution wirklich verlief
Lynn Margulis, Peter Berz
Westend 2018

Das Buch ist auch als ebook erhältlich.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /