© ARGUS und Erwin Preuner
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Lieferautos durch Lastenräder ersetzen

5-Punkte-Plan für die Mobilitätswende in Unternehmen

Berlin - UnternehmensGrün stellt auf seiner Jahrestagung und im Vorfeld der Verkehrsministerkonferenz einen „5-Punkte-Plan für eine schnelle Mobilitätswende in Unternehmen“ vor. Ziel ist eine ökologische Ausrichtung der letzten Meile, des Pendelverkehrs und der gewerblichen Fuhrparks. „Die Bedeutung der gewerblichen Mobilität wird unterschätzt“, erklärt Dr. Katharina Reuter, Geschäftsführerin von UnternehmensGrün, dem Bundesverband der ökologisch orientierten Wirtschaft.

„Angesichts der dramatischen Warnung im aktuellen Weltklimabericht muss das Hineinregieren der Autolobby in unsere Verkehrspolitik endlich ein Ende haben“, sagt Dr. Katharina Reuter. Ihre Forderung an die Verkehrsministerkonferenz (am 18./19.10.2018) in Hamburg: „Gerade beim Transport von Waren in der Stadt und bei den Berufspendlerinnen und -pendlern können die Minister*innen sehr viel in sehr kurzer Zeit erreichen.“ Und damit auch für bessere Luft sorgen.

Unternehmen sind durch Berufs- und Geschäftsverkehr für 340 Milliarden Personenkilometer und 450 Milliarden Tonnenkilometer in Autos und LKWs jährlich verantwortlich. Das sind 43 % der Gesamtverkehrsleistung. Studien zeigen, dass 2016 schon 3 Milliarden Päckchen aus dem Internethandel zugestellt wurden. Das führt zu deutlich mehr Lieferverkehr in Wohngebieten. „Elektromobilität beginnt bei gewerblichen Nutzern.“

„Firmenflotten lassen sich viel einfacher umrüsten als Privatautos. Die erneuerbare Elektromobilität beginnt bei den gewerblichen Nutzern und sollte darum dort gezielt gefördert werden", erklärt Dr. Weert Canzler, Mobilitätsexperte am Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) – auch mit Blick auf die Diesel-Fahrverbote in den Städten.

Um mehr Autofahrerinnen und -fahrer zum Ausstieg aus dem Auto zu bewegen, müsse auch das Pendeln mit dem Pedelec stärker unterstützt werden. „Dafür braucht es Radschnellwege und Lademöglichkeiten am Arbeitsplatz“, so Canzler. „Auch Car- und Ride-Sharing lohnt sich für die Umwelt und den Betrieb. Für die Unternehmen ist es eine Imagefrage, bietet den Mitarbeiter*innen zusätzliche Mobilitätsangebote und spart Parkplätze ein."

Im Einzelnen umfasst der von UnternehmensGrün präsentierte „5-Punkte-Plan für eine schnelle Mobilitätswende in Unternehmen“ folgende Aspekte:

1: Dienstrad & Jobticket statt Dienstwagen

 Steuervergünstigungen für Dienstwagen abschaffen, Mitarbeitende mit Jobrad oder Jobticket ausstatten und Bahncard100 statt Kurzstreckenflüge.
Der Dienstwagen hat ausgedient. Die steuerliche und betriebliche Förderung dieses Transportmittels konterkariert die Anstrengungen zur CO2-Reduktion und geht mit hohen gesundheitlichen Kosten für die Allgemeinheit einher. Daher gehört das Steuerprivileg auf Dienstwagen abgeschafft. Das hilft den Unternehmen, auf Jobticket und Dienstrad umzustellen und den Angestellten für die Fernstrecke eine Bahncard100 zu spendieren.

2: Logistik mit dem Lastenrad

 Flächendeckende Förderung zur Markteinführung: Internetversender, Paketdienste und Handwerk mobilisieren sowie die Tempo-Limits für Pedelec anpassen.
Die E-Mobilität hat Lastenräder zum perfekten Logistik-Transportmittel im urbanen Raum gemacht. Gerade in chronisch verkehrsüberlasteten Städten können Internethändler und sogar einige Handwerksbetriebe ihre Mitarbeitenden mit dem Lastenrad ausrüsten und damit einen bedeutenden Anteil des innerbetrieblichen Autoverkehrs verringern.
Notwendig ist dazu eine Aufhebung der 250-Watt-Regulierung für Lastenräder, damit auch größere Lasten transportiert werden können. Und eine Erhöhung des Pedelec-Tempolimits von 25 km/h auf 32 km/h. Auch ein weiterer Ausbau des (Schnell-) Radwegenetzes, das auch die Breite von dreirädrigen Cargobikes berücksichtigt, ist dringend nötig.

3: Erneuerbare E-Mobilität unterstützen

 Lade-Infrastruktur schnell ausbauen, Fuhrpark ersetzen und Sektorkopplung realisieren
Das Auto der Zukunft muss kleiner und leichter werden. Da bietet die Elektromobilität eine große Chance: Denn schon heute emittieren die E-Fahrzeuge selbst unter Berücksichtigung der Batterieproduktion und des deutschen Strommixes mindestens ein Drittel weniger CO2 als Diesel-Fahrzeuge. Die Vor-Ort-Emissionen wie Ruß und Stickoxide sind dabei gleich Null. Darum sollten vollelektrische Kleintransporter, wie sie von Unternehmen wie StreetScooter in Serie gebaut werden, sowie große E-Lkws und Busse gefördert werden, teilweise auch durch Maut-Befreiung.

4: Verkehrsträger vernetzen

 Apps und Smartphones einbinden, mit IT-Anbietern zusammenarbeiten, offene Schnittstellen für IT-Anwendungen über alle Verkehrsträger
Durch GPS-fähige Smartphones und offene IT-Schnittstellen ist die Entwicklung von intermodalen Mobilitätsplattformen in einigen Großstädten bereits Realität: Wer von A nach B will, muss sich nicht für ein Transportmittel entscheiden, sondern kann sich die günstigste und schnellste Kombination aus (Leih-)Rad, ÖPNV und Carsharing per App zusammenstellen lassen. Das ermöglicht die unternehmerische Mobilitätswende auch für Betriebe, die noch keinen direkten ÖPNV-Anschluss haben. Die Politik muss hier auf offene Standards in der Mobilitäts-Software drängen, damit die verschiedenen Angebote zunehmend vernetzt werden können. Dann können auch Unternehmen stärker auf nachhaltig-elektrische Leihlösungen setzen.

5: Wege sparen und ÖPNV entlasten

 Neue Arbeitsformen testen, Gleitzeit zur ÖPNV-Entlastung
Die Mobilitätswende in den Betrieben ist nicht nur eine technisch-wirtschaftliche Frage. Um Stoßzeiten und Rushhours zu vermeiden, muss auch die Arbeitszeit flexibler werden und muss auch das Home-Office in den geeigneten Branchen durchgehend ermöglicht werden. Wir fordern daher eine gezielte Förderung von flexibler Arbeitszeit, um möglichst viele Menschen zum Umstieg zu motivieren.

Das vollständige Positionspapier finden Sie unter: www.unternehmensgruen.org/blog/2018/10/17/positionspapier-mobilitaetswende/


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /