© Bernd Lauter / Greenpeace  - Protestaktion gegen den weiteren Kohleabbau
© Bernd Lauter / Greenpeace - Protestaktion gegen den weiteren Kohleabbau

Hambacher Wald:Tausende Umweltschützer gegen Rodung

Die Räumung des Hambacher Forsts geht weiter, die Demos auch. Trotz unzähliger Proteste wird an der Räumaktion festgehalten.

Es sind bereits tausende Umweltschützer, die genug haben von fossiler Energie und der Idee, weiterhin Braunkohle abzubauen und dafür den Hambacher Wald zu zerstören.
Braunkohle und Landschaftszerstörung, ein Dliemma.

Während weltweit für den Erhalt der Biodiversität geworben wird, ist die Realität in Nordrhein-Westfalen eine andere, wie der Bund NRW aufzeigt. Nur 8,4 % der Landesfläche wurden als Natura 2000-Gebiet gemeldet. Nirgendwo sonst werden die deutschen Defizite im Bereich des Biotop- und Artenschutzes so deutlich, wie bei der Gewinnung der Braunkohle. Dieser klimaschädlichste fossile Energieträger leistet nicht nur Deutschlands größten Beitrag zum Klimawandel und dem damit einher gehenden Verlust an Artenvielfalt, sondern vernichtet auch großflächig die letzten unzerstörten Naturräume in der Region.

"Trotz gesetzlicher Vorgaben zum Schutz seltener Lebensraumtypen und Arten von europäischer Bedeutung wird der Gewinnung der Braunkohle im Rheinland regelmäßig Vorrang vor dem Naturschutz eingeräumt.

Der Tagebau Hambach, das "größte Loch Europas“

Im Jahre 1978 wurde mit dem Aufschluss des Braunkohlentagebaus Hambach in der Niederrheinischen Bucht bei Köln begonnen. Seitdem entsteht zwischen Bergheim und Jülich das “größte Loch Europas”: Auf einer Fläche von 85 Quadratkilometern dringen die Bagger in Tiefen von über 450 Metern vor, um die Kohle zu fördern. Bis Ende 2015 wurden bereits 5.784 Hektar Landschaft zerstört.

Die RWE Power AG plant in Hambach den Abbau von insgesamt 2,4 Milliarden Tonnen Braunkohle bis zum Jahre 2040. Um die maximal 70m-mächtigen Kohle-Flöze zu erschließen, müssen insgesamt 15,4 Mrd. t Abraum entfernt werden. Die Förderung lag 2014 bei etwa 41 Mio. t/a, womit dieser Tagebau der größte des Rheinlandes ist.

Da es sich beim Tagebau Hambach um einen Neuaufschluss handelte, mussten zu Beginn (ab 1978) zunächst 2,2 Mrd. m3 Abraum verkippt werden. Mit der Außenkippe - der Sophienhöhe - entstand ein künstliches Mittelgebirge von 10 km2 Fläche und einer Höhe über 280 m üNN.

Daneben soll nach Abschluss des Tagebaus im Restloch ein gigantischer See entstehen. Dieser Restsee soll eine Fläche von 4.000 ha einnehmen, eine Tiefe von 250 m erreichen und ein Volumen von über 4 Mrd. m3 Wasser fassen. Durch den Schadstoffaustrag aus den Innenkippen droht dieser See zu versauern. Über Jahrzehnte wäre eine künstliche Befüllung mit jährlich bis zu 270 Mio. m3 aufbereiteten Rheinwassers, das über einer Pipeline herbeigeführt werden müsste, notwendig.

Beim Hambacher Wald handelt es sich um die mit Abstand größte Eichen-Hainbuchenwaldfläche innerhalb der atlantischen biogeographischen Region Deutschlands. Er ist Lebensraum für seltene und europarechtlich geschützte Tiere wie z.B. Bechsteinfledermaus, Springfrosch oder Haselmaus. Jegliche Beschädigung und Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten dieser im Anhang IV der FFH-Richtlinie gelisteten Arten ist gem. Art. 12 der Richtlinie verboten. Der Lebensraum dieser geschützten Tierarten wird durch den fortschreitenden Tagebau bis auf wenige kleine, inselartige Refugialräume (Lörsfelder Busch, Dickbusch, Steinheide, Lindenberger Wald) zerstört. Dazu kommt, dass diese verinselten Rückzugsgebiete durch tagebaubedingte Folgeplanungen (Verlegung und Ausbau der Autobahn BAB 4, Verlegung der Hambacher Kohlebahn) dauerhaft beeinträchtigt werden.

Seit vier Tagen wird der Wald, der seit Jahren besetzt wird, nun wieder geräumt, seit Samstag greift die Polizei sogar mit Festnahmen ein. Aber die Umweltschütze demonstrierten am Sonntag weiter und wollen einen möglichst raschen Ausstieg aus dem Kohlestrom. Die Aktivisten erzählen von 5000 bis zu 9000 Menschen im Wald, die genug haben von dem Opfern der Natur für Energie von gestern. Kurioses passiert, wie beispielsweise das Pflanzen neuer Bäume im bereits gerodetem Gebiet des Waldes. Die Demos sind ein Symbol für den Widerstand gegen fossile Energien, gegen Kohle, gegen den Klimawandel.

Mehrere NGOs machen Wind gegen die Abholzung. Greenpeace meint: "Während die Kohlekommission über den Zeitplan für den Kohleausstieg verhandelt, will der Energiekonzern RWE Fakten schaffen und ihn im Alleingang hinausschieben. Der Hambacher Wald wird ohne Not weiter gerodet und damit neue Flächen für den Kohleabbau erschlossen. Damit will der Konzern offensichtlich zeigen: Er ist an einem gesellschaftlichen Konsens zum Kohleausstieg nicht interessiert."

Der Hambacher Wald ist ein ökologisches Kleinod und Heimat vieler geschützter Arten. Hier lebt zum Beispiel die bedrohte Bechsteinfledermaus. Trotzdem hat Rolf Martin Schmitz, Vorstandsvorsitzender des Energiekonzerns RWE, Ende August 2018 verkündet, die letzten Reste dieses unersetzbaren Biotops demnächst zu roden.

Der Schutz des Klimas und die Zukunft der kommenden Generationen dürfen nicht dem Profitstreben eines einzelnen Unternehmens geopfert werden.

Notwendig ist daher ein erfolgreichen Abschluss der deutschen Kohlekommission mit einem Ausstiegsplan aus der Kohle, der von allen Beteiligten getragen wird. Dazu gehört auch ein Stopp der Rodungen. Es eskaliert- Es geht um altes Denken gegen notwendige Veränderung.


Artikel Online geschaltet von: / wabel /