© Gerd Altmann - pixabay.com
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Standortgesetz: Regierung tritt Rechtsstaat mit Füßen

Automatische Genehmigung von Großprojekten verstößt gegen EU- und Verfassungsrecht - Konzerne können Bauvorhaben künftig aussitzen

Wien - Die Umweltschutzorganisation Greenpeace kritisiert das im Ministerrat vorgelegte Standortentwicklungsgesetz scharf: Laut Informationen der Tageszeitung „Die Presse“ will Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck Großprojekte nach Ablauf einer Frist von 18 Monaten automatisch genehmigen, auch wenn von der unabhängigen Behörde noch keine fachliche Entscheidung getroffen wurde. Eine solche Regelung wäre aus Sicht von Greenpeace europarechts- und verfassungswidrig und muss daher sofort zurückgezogen werden.

Greenpeace-Sprecher Lukas Hammer: „Mit dem heutigen Gesetzesvorschlag verstößt die Regierung klar gegen Verfassungs- und Europarecht. Sie will Großprojekte durchboxen - im Zweifel auch gegen den Willen der Bürgerinnen und Bürger und auf Kosten der Umwelt. Schwarzblau scheut dabei nicht davor zurück, unabhängigen Behörden den Ausgang eines Verfahrens zu diktieren. Damit tritt die Regierung unseren Rechtsstaat mit Füßen.” Nach geltendem EU-Recht dürfen Großprojekte wie Autobahnen, Müllverbrennungsanlagen oder Industrieanlagen erst genehmigt werden, wenn die Umweltprüfung positiv abgeschlossen ist und alle Einwände von den Behörden geprüft wurden. Künftig soll allerdings nach 18 Monaten automatisch eine Genehmigung erteilt werden, auch wenn noch keine fachliche Entscheidung getroffen wurde und die Einwände aller Beteiligten nicht ausreichend geprüft wurden.

“Mit diesem Gesetz können Konzerne auf Zeit spielen. Sie müssen das Verfahren nur lange genug verzögern und bekommen nach 18 Monaten automatisch eine Genehmigung. Auch dann, wenn die Unterlagen nicht korrekt eingebracht wurden oder das Projekt kurz vor der Ablehnung steht. Damit verkommt die Umweltprüfung zur reinen Farce”, warnt Hammer und verweist etwa auf die ASFINAG, die in den letzten fünf Jahren bei jedem großen Projekt mindestens 18 Monate gebraucht hat, um alle Unterlagen vorzulegen. Bei der Schnellstraße S8 West vergingen sogar 36 Monate, bis die Unterlagen vollständig waren.

“Wenn die Bundesregierung ernsthaft die Verfahrensdauer verkürzen will, sollte sie die Behörden mit mehr Sachverständigen ausstatten und den Unternehmen helfen, bessere Projektanträge zu schreiben. Der vorliegende Entwurf führt aber nur zu weiteren Verzögerungen und ist eine Schande für einen modernen Rechtsstaat. Wir fordern Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck daher auf, den Vorschlag sofort zurückziehen”, sagt der Greenpeace-Sprecher.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /