© Gerd Altmann / pixabay.com
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Nachhaltige Finanzierung: Der Finanzsektor als starker Akteur im Kampf gegen den Klimawandel

Die EU-Kommission hat erste konkrete Maßnahmen getroffen, die es dem Finanzsektor möglich machen sollen, den Weg für eine und sauberere Wirtschaft aufzubereiten.

Brüssel- Die in der Vorwoche vorgelegten Vorschläge sind ein weiteres Indiz dafür, dass Europa weltweit beim Kampf gegen den Klimawandel und der Umsetzung der Klimaschutzabkommen von Paris vorne sein will. Mit der Einbindung des Finanzsektors werden verstärkte Anstrengungen unternommen, um unseren ökologischen Fußabdruck zu verringern und gleichzeitig die Wirtschaft in der EU nachhaltiger und wettbewerbsfähiger zu machen.

Als Folgemaßnahmen zum ersten EU-Aktionsplan für nachhaltige Finanzierung werden die Vorschläge dem Finanzsektor ermöglichen, am Kampf gegen den Klimawandel aktiv teilzunehmen. Die Argumente, die dafür sprechen, sind einfach überzeugend: Die Auswirkungen des Klimawandels bedrohen bereits jetzt die Finanzstabilität und verursachen beträchtliche wirtschaftliche Verluste, z.B. durch Hochwasser, Unwetterkatastrophen und mehr. Im Vorjahr erreichten die Versicherungsschäden als Folge von Naturkatastrophen mit 110 Mrd. EUR ein neues Rekordniveau. Außerdem müssen wir aktiv handeln, da sonst ein Großteil der heutigen Investitionen nur ein Tropfen auf dem heißen Stein bleiben. Gleichzeitig sollten wir die neuen Geschäftsmöglichkeiten, die sich für nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeiten eröffnen, optimal nutzen. Der EU-Finanzsektor verfügt über ein immenses Potenzial, den Bereich nachhaltiger Finanzierungen weiter auszubauen und damit r weltweit eine Vorreiterrolle zu übernehmen, was sich auch positiv auf das Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen auswirken würde. Damit wird auch das im Rahmen der Kapitalmarktunion angestrebte Ziel unterstützt, das Finanzwesen stärker an den Bedürfnissen der europäischen Wirtschaft und an der EU-Agenda für nachhaltige Entwicklung auszurichten.

Vizepräsident Valdis Dombrovskis, der für Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion zuständige EU-Kommissar meint: „Wir sollten unser Geld in Projekte investieren, die mit unseren Dekarbonisierungszielen und der Bekämpfung des Klimawandels vereinbar sind. Dies ist nicht nur für die Umwelt und die Wirtschaft wichtig, sondern auch für die Finanzstabilität. Die durch extreme Wetterereignisse verursachten wirtschaftlichen Schäden haben zwischen 2007 und 2016 um 86 % zugenommen. Die nun präsentierten Vorschläge zeugen von der Entschlossenheit der Europäischen Union, unsere Investitionen in die richtige Richtung zu lenken. Sie stellen darauf ab, die gewaltige Kraft der Kapitalmärkte für den Kampf gegen den Klimawandel und die Förderung von Nachhaltigkeit zu mobilisieren.“

Vizepräsident Jyrki Katainen, zuständig für Arbeitsplätze, Wachstum, Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit, erklärte: „Um die EU-Klimaziele für 2030 erreichen zu können, benötigen wir jährlich rund 180 Mrd. EUR an zusätzlichen Investitionen in Energieeffizienz und erneuerbare Energien. Die Mobilisierung privaten Kapitals für die Finanzierung nachhaltiger Investitionen ist von grundlegender Bedeutung. Der Europäische Fonds für strategische Investitionen (EFSI) fördert bereits die Vermehrung privatwirtschaftlicher Investitionen für die Verwirklichung der angestrebten Ziele. Die heute vorgeschlagenen Maßnahmen werden zu mehr Transparenz in Bezug auf nachhaltige Finanzierungen und die sich damit bietenden Investitionsmöglichkeiten beitragen, sodass Anlegern zuverlässige Informationen zur Verfügung stehen und der Übergang zu einer ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft mit geringen CO2-Emissionen vorangebracht wird.“

Künftig sollen mehr Investitionen in nachhaltige Investments gelenkt werden. Dazu sollen Kriterien fixiert werden, anhand deren bestimmt wird, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit ökologisch nachhaltig ist. Das geplante EU-weit harmonisierte Klassifikationssystem („Taxonomie“) wird vor allem für Anleger hilfreich sein, die oft nicht ausreichend darüber informiert sind, bei welchen Anlagen es sich um umweltfreundliche Anlagen handelt. Alle Finanzunternehmen, die Anlagen im Namen ihrer Kunden oder Begünstigen verwalten, werden diese künftig darüber informieren müssen, inwieweit sich ihre Tätigkeiten auf den Planeten oder auf die Umwelt vor Ort auswirken. Damit schaffen die betreffenden Vorschriften Anlegern, die in die Zukunft des Planeten investieren und gleichzeitig eine Rendite erzielen wollen, größere Auswahlmöglichkeiten.

Kernpunkte der Maßnahmen

* Einheitliches EU-Klassifikationssystem („Taxonomie“): Anhand der im entsprechenden Vorschlag vorgesehenen harmonisierten Kriterien lässt sich bestimmen, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit ökologisch nachhaltig ist. Die Kommission wird Schritt für Schritt festlegen, welche Tätigkeiten als „nachhaltig“ zu betrachten sind. Dabei wird sie bestehenden Marktpraktiken und Initiativen Rechnung tragen und sich von einer Sachverständigengruppe beraten lassen, die derzeit eingerichtet wird. Auf diese Weise sollen Wirtschaftsakteure und Investoren Gewissheit darüber erlangen, welche Tätigkeiten als nachhaltig gelten, sodass sie fundiertere Investitionsentscheidungen treffen können. Die entsprechenden Arbeiten können als Grundlage für die künftige Einführung von Normen und Kennzeichen für nachhaltige Finanzprodukte dienen, wie sie im Aktionsplan der Kommission für ein nachhaltiges Finanzwesen angekündigt wurden.

* Investorenpflichten: Die vorgeschlagene Verordnung wird für Kohärenz und für Klarheit darüber sorgen, wie institutionelle Anleger, etwa Vermögensverwalter, Versicherungsunternehmen, Pensionsfonds oder Anlageberater, die Faktoren Umwelt, Soziales und Governance (ESG-Faktoren) in ihren Investitionsentscheidungsprozessen berücksichtigen sollten. Die Vorschriften sollen im Wege delegierter Rechtsakte präzisiert werden, die die Kommission zu einem späteren Zeitpunkt erlassen wird. Im Übrigen müssten Vermögensverwalter und institutionelle Anleger künftig nachweisen, inwieweit ihre Investitionen an ESG-Zielen ausgerichtet sind, und offenlegen, in welcher Weise sie ihren Pflichten nachkommen.

* Referenzwerte für geringe CO2-Emissionen: Mit den vorgeschlagenen Vorschriften wird eine neue Kategorie von Referenzwerten eingeführt, die einen Referenzwert für geringe CO2-Emissionen („Dekarbonisierungsvariante“ von Standardindizes) sowie einen Referenzwert für positive CO2-Effekte umfasst. Dieser neue Marktstandard soll den CO2-Fußabdruck von Unternehmen widerspiegeln und für eine bessere Information von Anlegern über den CO2-Fußabdruck eines Investitionsportfolios sorgen. Der Referenzwert für geringe CO2-Emissionen würde auf einem Standard-Referenzwert für „Dekarbonisierung“ beruhen. Der Referenzwert für positive CO2-Effekte würde es ermöglichen, ein Investitionsportfolio besser an dem im Übereinkommen von Paris festgelegten Ziel der Begrenzung der Erderwärmung auf weniger als 2°C auszurichten.

* Bessere Kundenberatung in Sachen Nachhaltigkeit: Die Kommission hat eine Konsultation eingeleitet, um zu eruieren, wie sich ESG-Aspekte am besten in die Beratung von Privatkunden durch Wertpapierfirmen und Versicherungsvertreiber integrieren lassen. Ziel der Konsultation ist die Änderung delegierter Rechtsakte zur Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II) und zur Versicherungsvertriebsrichtlinie. Bei der Beurteilung, ob ein Anlageprodukt den Kundenbedürfnissen entspricht, sollten die betreffenden Unternehmen nach den vorgeschlagenen Vorschriften außerdem die Nachhaltigkeitspräferenzen der jeweiligen Kunden berücksichtigen. Auf diese Weise dürfte ein breiteres Spektrum von Anlegern Zugang zu nachhaltigen Anlagen erhalten.

Hintergrund


Die EU und Regierungen weltweit haben sich mit der Unterzeichnung des Pariser Klimaschutzübereinkommens und der UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung zum Ziel einer nachhaltigeren Wirtschaft und Gesellschaft bekannt. Die EU hat bereits einiges bewirkt – mit dem EU-Rahmen für die Energie- und Klimapolitik bis 2030, der Energieunion, dem Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft und der Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung in der EU. Diese Bestrebungen stehen auch im Mittelpunkt des EU-Projekts zur Schaffung einer Kapitalmarktunion.

Das derzeitige Investitionsvolumen reicht nicht aus, um ein ökologisch nachhaltiges Wirtschaftssystem zu stützen, das dem Klimawandel und der Ressourcenverknappung entgegenwirkt. Es muss mehr privates Kapital in nachhaltige Investitionen gelenkt werden, um die bestehende Investitionslücke von 180 Mrd. EUR zu schließen. Dies ist unerlässlich, wenn wir die im Rahmen des Übereinkommens von Paris vereinbarten EU-Ziele für 2030 erreichen wollen. Den ersten Schritt hat die Kommission am 8. März 2018 mit der Vorstellung des Aktionsplans zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums getan. Grundlage für die Ausarbeitung des Aktionsplans war der Abschlussbericht, den die von der Kommission im Jahr 2016 eingesetzte Hochrangige Expertengruppe für ein nachhaltiges Finanzwesen im Januar 2018 vorgelegt hat. Zudem hat die Kommission eine öffentliche Konsultation zu den Nachhaltigkeitspflichten institutioneller Anleger und Vermögensverwalter durchgeführt.

Am 22. März 2018 hat die Kommission eine High-Level-Konferenz veranstaltet, auf der darüber beraten wurde, wie sich die Kommissionsstrategie für ein nachhaltiges Finanzwesen am besten in die Praxis umsetzen lässt. Im Rahmen der Konferenz haben die EU-Führungsspitze und zentrale private Akteure ihre Unterstützung und ihr Engagement für die Einführung der im Finanzsystem und in der Wirtschaft erforderlichen Änderungen bekräftigt.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /