© Parlamentsdirektion / Thomas Jantzen -Parlamentarische Enquete: 'Mission 2030 - Die Klima- und Energiestrategie
© Parlamentsdirektion / Thomas Jantzen -Parlamentarische Enquete: 'Mission 2030 - Die Klima- und Energiestrategie

Politische Weichenstellungen für Energiewende im Verkehr ein Muss

Parlamentarische Enquete zur Klima- und Energiestrategie diskutiert Fragen umweltfreundlicher Mobilität

Wie kann künftig unter den Prämissen einer nachhaltigen Energieerzeugung und des Klimaschutzes leistbare Mobilität für möglichst alle Menschen sichergestellt werden? Unter dem Titel "Mobilität.neu.denken" widmete sich eine Diskussionsrunde im Rahmen der Parlamentarischen Enquete zur Klima- und Energiestrategie der österreichischen Bundesregierung Fragen der Energiewende im Verkehrsbereich und möglichen Lösungen. Die Diskussionsbeiträge behandelten die notwendigen technologischen wie politischen Weichenstellungen. Vielfach betont wurde dabei, dass der Politik neben der Förderung neuer Technologien die Aufgabe zukomme, die mit diesen einhergehenden Änderungen sozial verträglich zu gestalten.

Schmerold: Technologieneutralität bei Antriebssystemen ist richtiger Ansatz

Oliver Schmerold, Direktor des ÖAMTC, sieht den in der Klima- und Energiestrategie postulierten Ansatz der Technologieneutralität bei den Antriebssystemen als richtig an. Auch in Zukunft werde man verschiedene Antriebssysteme einsetzen, je nach Mobilitätsbedürfnis, ist er überzeugt. Bei der Entwicklung der Mobilität der Zukunft sei die Politik gefordert, ambitionierte Ziele vorzugeben. Nur so werde die Industrie angehalten, Ergebnisse bei der Entwicklung alternativer Antriebssysteme und der Schadstoffreduktion zu liefern. Wichtige Maßnahmen sind für Schmerold auch die bessere Ausnützung der vorhandenen Fahrzeuge durch Mitfahr- und Sharing-Plattformen. Schmerold sieht auch noch Potenzial bei verbesserten Verbrennungsmotoren, um den CO2-Ausstoß zu verringern. Er sprach sich für die Finanzierung der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur aus, meinte aber, dort müsse mehr Wettbewerb stattfinden.

Leodolter: Keine VerliererInnen der Energiewende zurücklassen

Sylvia Leodolter, Leiterin der Abteilung Umwelt und Verkehr in der Arbeiterkammer Wien, hob die sozialen Aspekte der Klima- und Energiepolitik hervor. Die Politik müsse sich unbedingt der Frage stellen, wie man mit den zu erwartenden VerliererInnen des technologischen Wandels umgehen bzw. wie man die Veränderungen sozial verträglich gestalten wolle. Im Auge behalten müsse man daher die Auswirkungen der Veränderungen im Verkehr auf die Arbeitsplätze, die Mobilitätsbedürfnisse der Beschäftigten sowie, wer die Energiewende bezahlen und wer von ihr profitieren wird. Zu den wichtigen Weichenstellungen gehört für Leodolter eine ausreichende Finanzierung des Ausbaus des öffentlichen Verkehrs, vor allem der Schiene. Hier sehe sie leider ein Bremsen der Bundesregierung, konstatierte sie. Ohne Beendigung des Sozialdumpings im Güterverkehr auf der Straße werde zudem keine Verlagerung auf die Schiene erreichbar sein. Zu den Gruppen, die man nicht vergessen dürfe, zählt Leodolter die Beschäftigten in der Autoindustrie und ihren Zulieferbetrieben sowie die Menschen im ländlichen Raum.

Steininger: Akzeptanz für Maßnahmen durch Einbindung der BürgerInnen

Entsprechendes Monitoring und Controlling sind für Universitätsprofessor Karl Steininger (Institut für Volkswirtschaftslehre an der Karl-Franzens-Universität Graz) zentral für den Erfolg der Energie- und Klimastrategie. Beim CO2-Ausstoß müsse rasch eine Trendwende erfolgen, denn bisher sei dieser weiter gestiegen. Auch Feinstaub- und Stickoxidbelastung in den Ballungsräumen hätten zu hohe Ausmaße angenommen. Stockholm habe vorgezeigt, wie man eine City-Maut erfolgreich einführen kann, indem man die BürgerInnen in den Entscheidungsprozess einbindet. Auch auf den ersten Blick unpopuläre Maßnahmen können bei richtigem Herangehen breite Akzeptanz finden, lautete seine Schlussfolgerung. Weiters erhöhe es die Akzeptanz, wenn transparent vermittelt wird, wie Mauteinnahmen verwendet werden. Steininger forderte auch, die Potenziale der Raumordnung zu nützen, um unnötigen Verkehr zu reduzieren.

Mühlberger: Rasch Maßnahmen zur CO2-Reduktion setzen

Manfred Mühlberger, Geschäftsführer der ETA Umweltmanagement GmbH, vermisst in der Energie- und Klimastrategie Aussagen zu heiklen Themen wie Autobahnen, Flugverkehr und Tourismus. Die Konzepte müssten zudem rasch umgesetzt werden, da das bisherige Tempo der Maßnahmen für eine wirksame CO2-Reduktion keinesfalls ausreiche. Österreich laufe sonst Gefahr, immer mehr Geld für CO2-Zertifikate ausgeben zu müssen, mit schwerwiegenden budgetären Auswirkungen. Neben einer Einschätzung langfristiger Entwicklungen brauche es auch kurzfristige Aktionspläne, um Elektromobilität und Fahrradverkehr zu fördern. So sollte die ASFINAG auch die Aufgabe erhalten, den Ausbau von fahrradtauglichen Straßen voranzutreiben, lautete sein Vorschlag.

Rasmussen: Bewegungsaktive und flexible Mobilität fördern

Ulla Rasmussen vom "Verein VCÖ - Mobilität mit Zukunft" wies ebenfalls auf die Wichtigkeit des Fahrradverkehrs hin, um im Verkehrsbereich eine Trendwende herbeizuführen. Der Verkehr habe bisher alle Bemühungen um CO2-Reduktion zunichtegemacht. Die Politik müsse es sich zur Aufgabe machen, eine multimodale, flexible, bewegungsaktive Mobilität zu fördern. Sie vermisse in der Strategie der Bundesregierung leider Aussagen über die Finanzierung der geplanten Maßnahmen. Bei der Förderung des Radverkehrs gebe es hohen Investitionsbedarf, der jedoch nicht budgetär abgedeckt sei. Auch bei Einsatz nachhaltiger Treibstoffe müsse man die Energieeffizienz fördern. Die Verzerrungen im Wettbewerb zwischen Straße und Schiene im Güterverkehr seien zu beseitigen. Die Dekarbonisierung der Mobilität ist aus Sicht von Rasmussen nicht ohne unpopuläre Maßnahmen zu erreichen.

Österreich hat viel Potenzial bei Dekarbonisierung des Verkehrs

Die weiteren Redebeiträge der DiskutantInnen griffen die Themen, die von den ExpertInnen aufgeworfen wurden, auf und führten sie weiter. So wurde die Notwendigkeit von verstärkten Anreizen für die Elektromobilität angesprochen sowie die Frage der dafür notwendigen Energie-Infrastruktur. Die Frage, ob die für die Elektromobilität künftig benötigte Strommenge zur Verfügung gestellt werden kann, wurde grundsätzlich bejaht. Allerdings brauche es dafür auch entsprechende politische Rahmenbedingungen. Dabei wurde auch das Potenzial von Biomasse und Biogasanlagen herausgestrichen. Sie seien der Schlüssel zur Dekarbonisierung der Energieversorgung. Österreich verfüge über viel technologisches Potenzial, doch müsse die Forschung im Bereich der alternativen Energieträger verstärkt werden.

Neben den technologischen Aspekten wurde in den Debattenbeiträgen auch der soziale Aspekt von Klimaschutz, Energiewende und Mobilität mehrfach angesprochen. Neue Technologien der Energieerzeugung müssten auch auf ihre Arbeitsplatzeffekte hin beurteilt werden. Zudem müsse die Frage beantwortet werden, was man den Menschen in Branchen bieten können, die zu den Verlierern der Energiewende im Verkehr gehören werden. Die Frage des "gerechten Übergangs" dürfe bestehende Konfliktfelder nicht aussparen, hieß es, denn Zugang zu Mobilität sei in starkem Maße eine soziale Frage. Vor der Gefahr der Entstehung einer Zwei-Klassen-Energiegesellschaft wurde daher nachdrücklich gewarnt. Die Politik trage hier Verantwortung, wenn sie eine breite Akzeptanz der Strategie erzielen wolle.

In der Diskussion wurde auch mehrfach die Forderung nach stärkerer Berücksichtigung des Radverkehrs erhoben sowie auf die Bedeutung des Ausbaus der Schieneninfrastruktur hingewiesen. Angesprochen wurden auch Änderungen in der Straßenverkehrsordnung und im Steuersystem. Durch kleine Änderungen bei der Besteuerung von Kraftstoffen, die sich am CO2-Ausstoß orientiert, sowie durch ein ökologisches Roadpricing wäre es möglich, den Übergang zur Elektromobilität zu beschleunigen, so die Meinung eines Experten.

Quelle: Pressedienst der Parlamentsdirektion / Parlamentskorrespondenz


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /