© Parlamentsdirektion / Thomas Jantzen - Am Rednerpult: Peter Püspök
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Parlamentarische Enquete: Pariser Klimaziele sind alternativlos

Umfassende Diskussion über Wege zu einer raschen Energiewende

© Parlamentsdirektion / Thomas Jantzen - Sigrid Stagl
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© Parlamentsdirektion/Thomas Jantzen - Johann Precht bei seiner Rede
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© Parlamentsdirektion / Thomas Jantzen -   Fred Luks am Rednerpult
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© Parlamentsdirektion/Thomas Jantzen -  Erwin Mayer: Klimaschutz muss sich wieder lohnen
© Parlamentsdirektion/Thomas Jantzen - Erwin Mayer: Klimaschutz muss sich wieder lohnen

Die Pariser Ziele sind alternativlos, weshalb die Energiewende vollzogen werde müsse, und das rasch. Diese Forderung durchzog die Statements der ExpertInnen im Panel eins der heutigen Parlamentarischen Enquete "Mission2030 - Die Klima- und Energiestrategie der österreichischen Bundesregierung". Diese erste Diskussionsrunde diente der Generaldebatte und stand unter dem Titel "Das Ende des fossilen Zeitalters hat begonnen". Gefordert wurde vor allem Mut bei der Politik, konkret eine ökologische Steuerreform, der Stopp von Subventionen fossiler Energieträger und Kostenwahrheit.

Püspöck: Politik braucht mehr Mut

Die Energiewende sei ein weltweiter Megatrend und hier könne sich Österreich profilieren, meinte Peter Püspök, Präsident Erneuerbare Energie Österreich. An die PolitikerInnen richtete er den Appell, Mut an den Tag zu legen, denn man müsse nun aus den alarmierenden Nachrichten Konsequenzen ziehen, um nicht auf der Anklagebank zukünftiger Generationen zu sitzen. Jetzt sei es an der Zeit, die Chance zu nutzen und die Energiewende voranzutreiben, so der Experte, der auch auf den finanziellen Nutzen hinwies. Durch die erneuerbaren Energien und den Verzicht auf den Import fossiler Energieträger werde man sich Milliarden ersparen. Püspök sieht in der Energiewende auch eine Chance für den Wirtschaftsstandort und unterstrich, man dürfe keine Angst vor der Allianz der Blockierer haben. Die Energiewende werde es geben, ohne dass die Betriebe ins Ausland abwandern oder zusperren müssen, ist er überzeugt. An die Politik richtete er auch die Aufforderung, die Komplexität des Themas nicht zu unterschätzen, denn dieses erfordere ein enormes Know-how.

Stagl: Dem höheren Gut zum Durchbruch verhelfen

Sigrid Stagl von der Wirtschaftsuniversität Wien, Institut Ökologische Wirtschaft, forderte insbesondere konkrete Maßnahmen mit Zeitplänen und Zuständigkeiten, einen entsprechenden finanziellen Rahmen sowie eine laufende Kontrolle der Einhaltung von Zielen. Die Wissenschaftlerin verglich die Energiewende mit der Abschaffung der Sklaverei und der Kinderarbeit. Daraus könne man lernen, wie man ohne eine Ressource auskommt, die man für unersetzlich hielt, und wie man eine Übergangszeit organisiert. In einem solchen Prozess gehe es darum, dem höhere Gut zum Durchbruch zu verhelfen - beim Klimawandel sei es die moralische Verpflichtung des Erhalts der Lebensgrundlagen und einer intakten Natur, um das Erleben auf diesem Planeten langfristig abzusichern. Daher brauche es Instrumente und Gesetze, die das Pariser Klimaabkommen innerhalb Österreichs bindend machen. Stagl trat für einen raschen Abschied von fossiler Energie ein, was sie nicht nur als ein moralisches Gebot der Stunde sieht, sondern auch als eine kostenminimierende Strategie.

Um die Klimaziele zu erreichen, braucht es laut Stagl eine sozialökologische Transformation, die eine sozialökologische Steuerreform enthält, um Kostenwahrheit und das Verursacherprinzip herzustellen. Sie verlangte auch den Abbau umwelt- und klimaschädigender Subventionen und die Berücksichtigung sozialer und verteilungspolitischer Auswirkungen. In diesem Zusammenhang plädierte die Wissenschaftlerin für Klimagerechtigkeit. Klimaschutz sei die Aufgabe aller, deshalb müsse die Politik den Menschen Signale geben, indem verteilungspolitische Auswirkungen berücksichtigt werden. Stagl will vor allem den Staat nicht aus seiner Pflicht entlassen, als Investor aufzutreten.

Precht: Rasches Handeln ist notwendig

Was nicht bis zum Ende dieser Gesetzgebungsperiode auf Schiene ist, wird nur schwer durchsetzbar sein, um die Klimaziele zu erreichen, drängte auch Johann Precht von der Technischen Universität Graz auf Tempo. Er attestierte der Bundesregierung, mit der Klima- und Energiestrategie ihren Planungsverpflichtungen aus dem Pariser Abkommen fristgerecht nachgekommen zu sein, nun müssten aber rasch die entsprechenden Weichen gestellt werden. Als unverzichtbar nannte Precht ein klares Bekenntnis zum Ziel der Autarkie in der Elektrizitätsversorgung. Kritisch äußerte er sich zum geltenden Ökostromgesetz und forderte Verbesserungen ein. Des weiteren schlug Precht Anreizsysteme für Investitionen vor, etwa die Zertifizierung und steuerliche Begünstigung erneuerbarer Energien. Für ihn steht fest, dass man sofort aus der Kohleverstromung aussteigen müsse, auch das Frackingverbot ist für ihn eine unerlässliche Bedingung für die Energiewende. Einig war er sich mit seinen VorrednerInnen auch im Hinblick auf die Notwendigkeit, die direkte und indirekte Förderung fossiler Energieträger zu stoppen.

Luks: Ein Innovationsmarkt braucht einen entsprechenden Rahmen

"Wir wissen zwar, aber wir glauben nicht", umschrieb Fred Luks, Leiter des Kompetenzzentrums für Nachhaltigkeit an der Wirtschaftsuniversität Wien, seine Skepsis im Hinblick auf die derzeitige Politik. Die Transformation werde stattfinden, sagte er, für ihn greift aber die Strategie zu kurz. Ein Innovationsmarkt funktioniere nur bei einem entsprechenden Rahmen, stellte er fest und mahnte eine ökologische Wahrheit bei den Preisen ein. Ihm fehlt in der Strategie vor allem eine ökologische Steuerreform und die Beachtung des Ripple-Effekts, also des Interaktionseffekts. Hier könne man sich sehr viel ersparen, sagte er. Seiner Ansicht nach muss auch ein Monitoring-Prozess in Gang gesetzt werden.

Mayer: Klimaschutz muss sich wieder lohnen

"Klimaschutz muss sich wieder lohnen!" so die Grundlinie der Ausführungen des Klima- und Energieexperten Erwin Mayer. Auch er fand kritische Worte zur Klima- und Energiestrategie der Bundesregierung, die er nicht für "Paris-kompatibel" hält. Ihm fehlt ebenfalls eine ökologische Steuerreform. Die derzeitige Besteuerung auf fossile Energieträger sei viel zu uneinheitlich gestaltet. Mayer trat auch dafür ein, das Benzinsteuerniveau schrittweise anzuheben. Eine ökologische Steuerreform dürfe aber nicht zu einer zusätzlichen Belastung führen, sondern müsse belastungs- und sektorneutral sein. Er machte auch darauf aufmerksam, dass die Dekarbonisierung nur mit einer Elektrifizierung einhergehe, und das bedeute eine enorme Menge zusätzlicher Elektrizität. Deshalb brauche man auch einen beschleunigten Ökostromausbau.

Energiewende rasch umsetzen

Das von den Experten geäußerte Meinungsspektrum bildete sich auch in der darauf folgenden Debatte ab, in der sich rund 30 RednerInnen zu Wort meldeten. Viele vermissten in der Strategie der Bundesregierung verbindliche Zeit- und Umsetzungspläne sowie die Abschätzung der Kosten. Von Seiten einiger NGOs kam auch der Vorwurf, die Strategie sei oberflächlich, lückenhaft, unausgewogen und uneuropäisch. Vor allem fehlen einigen ExpertInnen zufolge ausreichende Energieeffizienzziele und eine umfassende ökologische Steuerreform. Eingefordert wurden vielfach auch die Kostenwahrheit und der Abbau der Subventionen für fossile Energieträger sowie ein Kontrollsystem hinsichtlich der Zielerreichung. Kritik kam zudem an der Tatsache, dass seit 2011 die Investitionen in die erneuerbare Energie sinken.

Andere wiederum nannten die Klima- und Energiestrategie der Bundesregierung ambitioniert, ausgewogen und ganzheitlich. Man sei froh, dass es diese Strategie gibt. Der Bundesregierung sei es gelungen, dieses ambitionierte Programm rasch vorzulegen. Man müsse vor allem mit Augenmaß vorgehen und Länder, Gemeinden und Menschen auf dem Weg mitnehmen. Seitens der Länder sieht man auch eine Chance, die Energieversorgung dezentral zu organisieren und die Regionen als Standort zu stärken. Vor allem sollte auch die Sonnen- und Wasserkraft verstärkt genutzt werden.

Einig waren sich jedoch alle, dass man die Energiewende rasch in Gang bringen müsse. Dafür brauche es auch Investitionen, denn die Pariser Ziele seien alternativlos.

Quelle: Pressedienst der Parlamentsdirektion Parlamentskorrespondenz



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /