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Alarmierende Studie: Immer weniger Vögel in Österreichs Kulturlandschaft

BirdLife Österreich präsentiert Langfriststudie zu Bestandsentwicklungen heimischer Brutvogelarten

Wien – Auf Österreichs Wiesen und Feldern ist es leise geworden. Sehr viel leiser als noch vor zwei Dekaden. Der Vogelgesang ist mancherorts regelrecht verstummt, denn die meisten der 22 wichtigsten Vogelarten der Kulturlandschaft sind weniger, zum Teil sehr viel weniger, geworden: Es fehlen neun von zehn Grauammern sowie acht von zehn Rebhühnern und Girlitzen - das ist die traurige Bilanz von BirdLife Österreichs aktueller Studie zur Bestandsentwicklung der bislang häufigsten Brutvogelarten.

Bestandsüberwachung

Die Bestandsüberwachung häufiger Brutvögel ist in vielen Ländern Europas Standard. Aktuell laufen derartige Programme in 28 europäischen Ländern. In Österreich betreibt BirdLife Österreich das so genannte „Brutvogel-Monitoring“. Ziel ist es, die Bestände 66 häufiger Brutvogelarten langfristig zu überwachen. Die erste Zählung fand im Jahr 1998 statt, aktuell liegen die alljährlichen Ergebnisse bis zum Jahr 2016 vor.

Ergebnisse

Mehr als die Hälfte der 66 heimischen Brutvogelarten zeigen eine überwiegend negative Entwicklung (das entspricht 36 Arten bzw. 55 Prozent). Ein Viertel der Arten weist einen stabilen Bestandstrend auf (das entspricht 19 Arten bzw. 29 Prozent) und nur rund ein Sechstel der Arten nahm in ihren Beständen zu (das sind 11 Arten bzw. 17 Prozent). „Besonders negativ entwickeln sich 15 der 22 wichtigsten Vertreter unserer Kulturlandschaft“, berichtet Gábor Wichmann, Geschäftsführer von BirdLife Österreich. „Das errechnen wir im so genannten Farmland Bird Index. Dieser besagt, dass seit 1998 gut ein Drittel der Vögel unserer Kulturlandschaft verloren gegangen ist!“ (Zur Erklärung: Der Index liegt nun bei 59 Prozent des Wertes von 1998.) Wichmann: „Besonders starke Bestandsabnahmen zeigen das Rebhuhn, der Girlitz und die Grauammer. Diese Vogelarten sind nahezu verschwunden.“ Die Grauammer zeigt im Untersuchungszeitraum einen Schwund um 90 Prozent, das sind neun von zehn Vögeln. Ähnlich schlecht ergeht es Rebhuhn und Girlitz: etwas mehr als minus 80 Prozent, das bedeutet, acht von zehn Vögeln sind verschwunden.

Ursachen

„Ganz wesentlich ist für uns nun die Frage nach den Ursachen“, erklärt BirdLife Österreich-Chef Wichmann. „Rebhuhn, Girlitz und Grauammer sind ehemals häufige Arten der Kulturlandschaft. Innerhalb der letzten 20 Jahre sind ihre Bestände völlig eingebrochen! Aber eben nicht nur sie, sondern die meisten der ehemals häufigen Arten dieses Lebensraumes weisen einen Rückgang auf.“ Im gleichen Zeitraum wurde österreich- und weltweit die Landwirtschaft immer intensiver: frühes und häufiges Mähen der Wiesen, Verlust von Hecken, Feldrainen und Einzelbäumen, Rückgang von Ackerbrachen und nicht zuletzt der Einsatz von Pestiziden im Ackerbau und Obstbau. „Damit geht es nicht nur vielen Wildkräutern, sondern auch Honig- und Wildbienen, Schmetterlingen und Heuschrecken an den Kragen, von denen sich viele Vögel ernähren“, erklärt Gábor Wichmann und setzt fort: „Selbst unser im europäischen Vergleich eigentlich vorbildliches Agrarumweltprogramm „ÖPUL“ konnte den Rückgang der Biodiversität womöglich ein wenig bremsen, aber nicht stoppen oder gar umkehren. Zu stark ist der Intensivierungsdruck des Marktes, der reihenweise Kleinbauern zusperren lässt und immer größere Agrarbetriebe bewirkt!“

Forderungen

Am 2. Mai präsentierte die Europäische Kommission den ersten Entwurf für den mehrjährigen Finanzrahmen der EU ab 2021. Durch den Brexit fällt ein bedeutender Nettozahler weg. So gerät das Agrarbudget unter Druck, das mehr als ein Drittel des EU-Budgets ausmacht. BirdLife Österreich fordert daher, dass noch mehr als bisher Leistungen des öffentlichen Interesses – das sind Naturschutz, Wasserschutz, Bodenschutz, Klimaschutz – abgegolten werden. „Vor allem Kleinbauern und Bergbauern in kleinstrukturierter bunter Kulturlandschaft müssen weiterhin unterstützt werden. Simple Produktionsförderungen hingegen zementieren den Status quo, bevorzugen Großbetriebe und tragen nur wenig zur Erreichung öffentlicher Interessen bei“, so Wichmann und betont: „Public money for public goods – das muss der Leitspruch bei der Neuplanung der Agrarförderungen sein! Das Geld muss wirklich bei denen ankommen, die unsere vielfältige Landschaft aktiv erhalten und am meisten auf die Unterstützung angewiesen sind. Nur so kann es in Zukunft sowohl unseren heimischen Bauern als auch unserer Vogelwelt wieder bessergehen.“

Die gesamte Studie finden Sie hier


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /