© oekonews - Wolfgang Pucher /   Eryn Wise forderte zum aktiv werden auf
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Die ERDgespräche 2018: „Rettet den verdammten Planeten!“

Bereits zum elften Mal fanden die ERDgespräche mit hunderten Zuseher_innen und Vortragenden aus verschiedenen Bereichen im Museumsquartier statt.

© oekonews - Wolfgang Pucher / Spannende ERDgespräche in Wien
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© oekonews - Wolfgang Pucher / Unter den Gästen war auch Prof. Bernd Lötsch
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© oekonews - Wolfgang Pucher / Filmemache Werner Boote und Aktivistinnen gegen Plastikmüll
© oekonews - Wolfgang Pucher / Filmemache Werner Boote und Aktivistinnen gegen Plastikmüll
© oekonews - Wolfgang Pucher /  Die Gäste am Podium beeindruckten mit ihren Reden
© oekonews - Wolfgang Pucher / Die Gäste am Podium beeindruckten mit ihren Reden
© oekonews - Wolfgang Pucher / Doris Schmidauer, Österreichs "First Lady"
© oekonews - Wolfgang Pucher / Doris Schmidauer, Österreichs "First Lady"
© oekonews - Wolfgang Pucher /  Der Saal war zum Bersten gefüllt
© oekonews - Wolfgang Pucher / Der Saal war zum Bersten gefüllt
© oekonews - Wolfgang Pucher / Unzählige ehrenamtliche Helfer und Helferinnen sorgten für einen grandiosen Ablauf der ERDgespräche
© oekonews - Wolfgang Pucher / Unzählige ehrenamtliche Helfer und Helferinnen sorgten für einen grandiosen Ablauf der ERDgespräche
© oekonews - Wolfgang Pucher / OEKONEWS-Redakteurin Patrica Urban (re.) berichtet von den ERDgesprächen
© oekonews - Wolfgang Pucher / OEKONEWS-Redakteurin Patrica Urban (re.) berichtet von den ERDgesprächen

Die ERDgespräche sind ein jährlich stattfindendes Vortragsevent organisiert von Neongreen Network. Ein Lokalaugenschein.

Die Halle E im Museumsquartier ist gesteckt voll. Unzählige aufgeregte Gespräche erfüllen den Raum und verschmelzen zu einer einzigen Klangwand, die durch den Saal vibriert. Auf Bannern in verschiedenen Grüntönen prangt das ERDgespräche-Logo, ein Bildschirm an der Bühnenwand verkündet das Motto: Change tomorrow today.

Bereits zum elften Mal finden die ERDgespräche dieses Jahr statt. Ins Leben gerufen hat sie Angie Rattay 2008, damals mit einem Publikum von 130 Menschen und drei Sprecher_innen. Seitdem ist viel geschehen. Mit rund 900 Zuseher_innen vor Ort und Tausenden, die die Veranstaltung via Livestream mitverfolgen, sind die ERDgespräche zum größten grünen Vortragsevent Österreichs geworden. Das Ziel der jährlich in Wien stattfindenden Diskussionsveranstaltung ist es, NGOs, Unternehmen, öffentliche Institutionen sowie Interessierte aus der Öffentlichkeit in Dialog treten zu lassen und Netzwerke zu knüpfen.

Wandel ist möglich

Nach der Begrüßung von Puls 4-Moderatorin Manuela Raidl eröffnet Doris Schmidauer an der Stelle ihres Mannes, Bundespräsident Alexander Van der Bellen, die elften ERDgespräche. Während sie zwar betont, dass die momentanen Umstände dramatisch seien und uns zum Handeln zwingen, zeigt sie sich durchaus optimistisch: „Wandel ist möglich, wenn alle etwas dazu beitragen, auf ihre eigene Weise. Jeder Beitrag zählt.“

Auch der erste Vortragende, der holländische Grafikdesigner Richard van der Laken, konzentriert sich auf die positiven Dinge. In seinem Fall ist das Design – obwohl er sich gleich zu Beginn für seinen quietschgelben Anzug entschuldigt, weil der sich mit der Farbgestaltung der Bühne schlage. Van der Laken betrachtet Design als ein Mittel, um sozialen Wandel zu initiieren. 2011 hat er What Design Can Do ins Leben gerufen, eine internationale Konferenz, welche die Einflüsse von Design auf die Gesellschaft beleuchtet – so auch hinsichtlich Klimawandels und sozialer Gerechtigkeit. „Natürlich geht es nicht um Design selbst“, sagt er. „Es geht darum, wie Firmen, Regierungen, Bürger_innen zusammenarbeiten. Aber in dieser Beziehung ist Design sehr wichtig.“ Als Werkzeug, um technologische Innovationen in greifbare Objekte zu übersetzen, könne es sie zu etwas Vorstellbarem machen.

Ebenfalls einen künstlerischen, aber dennoch recht unterschiedlichen Zugang hat Filmemacher Werner Boote, der als zweiter Redner die Bühne betritt. Während auf der Leinwand hinter ihm Fotos von ihm und seinen Projekten gezeigt werden, erzählt er über seine persönliche Entwicklung und über die seiner Filme – wie „Plastic Planet“, der zu den erfolgreichsten Dokumentarfilmen aus Österreich zählt. Auf seiner Suche danach, „wo das große Problem begraben liegt“, drehte Boote mehrere kritische und aufrüttelnde Filme, so auch „The Green Lie“, der zurzeit in den Kinos läuft.

In Bewegung kommen

Für Boote ist das Ziel sozialen Wandels die Schaffung eines globalen demokratischen Wirtschaftssystems. „Wir müssen das Weltwirtschaftssystem anpacken, um uns von den vielen Arschloch-Produkten zu befreien“, sagt er und erntet damit einige Lacher aus dem Publikum. Großen Konzernen müsse die Macht geraubt und Produkte auf sozial und ökologisch gerechte Weise hergestellt werden. „Wie lange wird es dauern, bis wir endlich in Bewegung kommen?“, fragt er zuletzt.

Bewegung zu initiieren versucht auch Ricken Patel, der Geschäftsführer und Gründer von Avaaz. Avaaz ist ein globales Kampagnen-Netzwerk, das vor allem Cyberaktivismus betreibt und dadurch Einfluss auf politische Entscheidungen vor allem in Bereichen wie Umweltschutz, Menschenrechte oder Tierschutz zu nehmen versucht. Da Patel nicht persönlich anwesend sein kann, wird seine Rede per Videobotschaft auf der Leinwand abgespielt. „Wir haben eine Vision von einem neuen Entwicklungssprung in der Umweltbewegung“, beginnt er. Das große Ziel sei es, die Hälfte all jener Regionen auf der Erde mit der höchsten Biodiversität vor sämtlicher menschlicher Ausbeutung zu schützen. Die andere Hälfte solle währenddessen auf nachhaltige Weise von Menschen genutzt werden. Dies solle in einem Prozess geschehen, der sowohl Regierungen als auch Bürger_innen involviere. „Viele Leute halten das für unmöglich“, räumt Patel ein. „Aber wir sind auf dem besten Weg, dieses Ziel in naher Zukunft zu erreichen. Wir gewinnen diesen Kampf mit jedem Meeresreservat und jedem Waldschutzgebiet.“

Das Recht auf Wut

Auch Eryn Wise ist Teil dieses Kampfes. Die Grassroots-Aktivistin gehört zur Jicarilla Apache Nation und den Laguna Pueblo People und engagiert sich für den Umweltschutz in Gebieten der Native Americans. Vor allem ihr Einsatz gegen den Bau der Dakota Access Erdölpipeline wurde auch in europäischen Medien verfolgt. Nach Monaten des Protests hatten die demonstrierenden Native Americans Ende 2016 einen Baustopp der Pipeline erreicht. US-Präsident Trump hob diese Entscheidung jedoch am zweiten Tag nach seiner Amtseinführung wieder auf, die Pipeline ist mittlerweile fast fertiggestellt. Wise erzählt mit emotionsgeladener Stimme vom täglichen Kampf der Teenager, die den Protest initiiert haben. Sie berichtet von friedlich Protestierenden, die durch die amerikanischen Sicherheitskräfte teils schwer verletzt wurden, von Jugendlichen, die nun unter posttraumatischen Belastungsstörungen leiden. „Ihr habt das Recht darauf, wütend zu sein in dieser Gesellschaft“, appelliert sie an das Publikum – und ihre Worte scheinen zu treffen. „Wenn man sich der Dinge bewusst ist, die geschehen, ist man verantwortlich dafür, was passiert.“ Sie fordert die Menschen auf, aktiv zu werden und etwas zu tun, besonders gegen den Rechtsruck in der österreichischen Politik. Nachdem sie fertig gesprochen hat, erfüllt tosender Applaus den Saal. In allen Reihen stehen die Menschen auf. Zurück bleibt ein Gefühl der Rührung, der Entschlossenheit, aber auch der Wut.

Wir müssen handeln

Was ist das Fazit dieses Abends voller verschiedener spannender Vorträge? Die Organisator_innen der ERDgepsräche, Angie Rattay, Adam Pawloff und André Karsai fassen es in einem klaren Statement zusammen: „Dieser Planet wird sich nicht selbst retten, also geht hinaus und rettet den verdammten Planeten!“ Die Botschaft, die allen Redner_innen gemeinsam ist: Wir können etwas bewegen. Wir sind nicht ohnmächtig. Wie eine aufgebrachte Zuseherin nach der Rede von Eryn Wise ausruft:
„Es reicht nicht, über diese Dinge zu reden. Wir müssen handeln.“


Autorin: Patricia Urban für OEKONEWS.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /