© Gerd Altmann - pixabay.com
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ABS fürs Stromnetz: Batteriespeicherprojekt verhilft zu mehr Sicherheit in der Stromversorgung

Forschungsprojekt ABS4TSO soll neue Möglichkeiten zur Stabilisierung des heimischen Stromtransportnetzes aufzeigen

Mit einem Kick-off Treffen in der Steuerzentrale der Austrian Power Grid (APG) startete am 2. Mai 2018 ein neuartiges Energieforschungsprojekt unter der Leitung der APG, der Betreiberin des heimischen Stromübertragungsnetzes: Gemeinsam mit dem Austrian Institute of Technology (AIT), der Technischen Universität Wien (TU) und drei Tochtergesellschaften von VERBUND (VERBUND Hydro Power, VERBUND Trading, VERBUND Solutions) wird ab sofort drei Jahre an einem "ABS fürs Stromnetz" geforscht. Hintergrund sind die Herausforderungen, die im Zuge der Energiewende auf den Betrieb von Stromnetzen zukommen. So wie es beim Autofahren wichtig ist, die Spur zu halten, ist es auch beim Betrieb eines Stromnetzes zentral, ständig in einem "gesunden" Betriebszustand zu bleiben. "Wind- und Sonnenenergie sind in ihrer Produktion wetterabhängig. Die Schwankungen in der Stromproduktion, die damit verbunden sind, stellen neue Herausforderungen für den Stromnetzbetrieb dar. Diesen Herausforderungen versuchen wir als APG mit der Suche nach technologischen Innovationen zu begegnen. ABS4TSO wird sich mit der Frage beschäftigen, was Speichertechnologie in Zukunft zur Stabilisierung des Stromnetzes beitragen kann", so Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Vorsitzende des APG-Vorstands. Analog zum Assistenzsystem ABS in modernen Kraftfahrzeugen werden also auch im Stromnetzbetrieb automatische Unterstützungssysteme entwickelt.

Versorgungssicherheit hat höchste Priorität

Der europaweit zunehmende Anteil von erneuerbaren Energien an der Stromversorgung verändert die Situation in den Stromübertragungs- und -verteilnetzen fundamental. Das Stromversorgungssystem ist davon abhängig, dass sich Stromverbrauch und -erzeugung in jeder Sekunde exakt die Waage halten. Dieses Gleichgewicht drückt sich in der Netzfrequenz aus. Bei einer Netzfrequenz von 50 Hertz ist die Stromversorgung intakt, das System also "gesund". Leichte Abweichungen von diesem Frequenzwert sind absolut normal. Übersteigen diese aber einen gewissen Toleranzwert, gerät die Stromversorgung in Gefahr. Während thermische und hydraulische Kraftwerke dämpfend auf Frequenzabweichungen wirken, ist das bei Windkraft- und Photovoltaikanlagen nicht der Fall. Nachdem in ganz Europa erneuerbare Energien weiter ausgebaut werden und langfristig thermische Erzeugungskapazitäten ersetzen sollen, müssen Übertragungsnetzbetreiber wie die APG sich künftig noch stärker mit dem Thema Frequenzschwankungen beschäftigen. "Wir brauchen neue Mechanismen in unserem Stromnetz, die zur Aufrechterhaltung der Frequenzstabilität beitragen", erläutert DI Mag. (FH) Gerhard Christiner, Technischer Vorstand der APG. "Der Projektname ist nicht zufällig gewählt. Analog zum ABS-System bei Kraftfahrzeugen ist das Projektziel, alle möglichen Beiträge im Feldversuch zu untersuchen, die ein Batteriespeichersystem im Sinne der Erhöhung der Stromversorgungssicherheit leisten kann."

Das Austrian Institute for Technology (AIT) wird gemeinsam mit der TU Wien die wissenschaftliche Grundlage für das Forschungsprojekt liefern. "Stromnetze benötigen angesichts des sich verändernden Kraftwerksparks hochdynamische Systemelemente, die kurzfristig auftretende Systemschwankungen sekundengenau ausgleichen können", sagt DI Dr. Wolfgang Hribernik, Leiter der Competence Unit Electric Energy Systems beim AIT. "Batteriespeicher stellen eine technische Möglichkeit dar, exakt diese Systemdienstleistungen bereit zu stellen. ABS4TSO soll völlig technologieneutral die wissenschaftliche Grundlage für die weitere Ausgestaltung konkreter Systemdienstleistungen liefern, um das Stromsystem langfristig fit für die Erneuerbaren zu machen."

Im Juni 2019 startet im APG-Umspannwerk Wien Südost im zehnten Wiener Gemeindebezirk der Betrieb des Batteriespeichersystems, dessen Funktionen in der Folge untersucht werden. Das Forschungsprojekt läuft bis Ende April 2021 und ist mit 2,6 Millionen Euro dotiert, die von den Projektpartnern und dem Klima- und Energiefonds getragen werden.

Energiewende bedeutet auch Netzwende

ABS4TSO soll einen Beitrag zum nachhaltigen Umstieg auf erneuerbare Energieträger in der Stromversorgung leisten. "Um in den kommenden Jahren das Ziel eines CO2-freien Stromversorgungssystems zu erreichen, bedarf es eines grundlegenden Systemumbaus. Für eine erfolgreiche Energiewende brauchen wir auch eine Netzwende, also den Ausbau des Übertragungs- und Verteilnetzes. Und wir brauchen gleichzeitig Innovationen im Bereich der Speichertechnologie", so Baumgartner-Gabitzer.
Über ABS fürs Stromnetz (ABS4TSO):

ABS4TSO (Advanced Balancing Services for Transmission System Operators) ist ein gemeinsames Forschungsprojekt der APG, des Austrian Institute for Technology (AIT), der Technischen Universität Wien sowie von drei Tochtergesellschaften von VERBUND (VERBUND Hydro Power, VERBUND Solutions, VERBUND Trading). Ausgangspunkt des Projekts ist die Tatsache, dass sich der Kraftwerkspark in ganz Europa in Richtung erneuerbarer Energien verändert. Die Herausforderung für das Stromversorgungssystem besteht dabei darin, dass Windkraft und Sonnenenergie zu Schwankungen in der Stromproduktion führen, die im Stromnetz abgefangen werden müssen. Angesichts der Klimaschutzziele der Europäischen Union ist davon auszugehen, dass der Ausbau Erneuerbarer weiter fortgesetzt wird. Ausgehend von diesen Rahmenbedingungen werden im Rahmen des Forschungsprojekts ABS4TSO Möglichkeiten untersucht, mit Hilfe eines Batteriespeichersystems sehr kurzfristig Systemdienstleistungen bereitzustellen, die zur Stabilisierung der Stromnetzfrequenz und damit der Stromversorgungssicherheit beitragen können. Anschließend werden diese hochdynamischen Systemdienstleistungen im hochskalierten und technologieneutralen Einsatz bewertet. Dieses Projekt wird aus Mitteln des Klima- und Energiefonds gefördert und im Rahmen des Energieforschungsprogramms durchgeführt ([www.energieforschung.at]


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /