© Myriams-Fotos - pixabay.com / Windkraft
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Wie geht's zu einer wirksamen Klima- und Energiestrategie?

Umwelt Management Austria lud zu einer spannenden Veranstaltung ein

Prof. Dr. Reinhold Christian, Geschäftsführer von Umwelt Management Austria, konnte am 21. März beim ersten Fachdialog im Jahr 2018 zum Thema „Herausforderung für die neue Bundesregierung: Eine wirksame Klima- und Energiestrategie etablieren!“ zahlreiche interessierte Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie überaus kompetente und engagierte Vortragende begrüßen. Im Publikum waren Vertreterinnen und Vertreter aus der Bundes- und Landespolitik, Zuständige für Umwelt- und Klimaschutz aus der Verwaltung, von Sozialpartnern, von NGOs, von Universitäten, Schulen, Consulting-Unternehmen und von Medien sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger.

Der Moderator berichtete eingangs über die Studie „Zukunftsfähige Energieversorgung für Österreich“ aus dem Jahr 2010, welche nachgewiesen hat, dass eine Vollversorgung mit erneuerbaren Energien möglich ist, wenn der Bruttoinlandsverbrauch halbiert wird. Man kann besser Leben mit weniger Energie, so Christian. Allerdings ist ein tiefgreifender gesellschaftlicher Wandel erforderlich. „Wir haben ein Energieeffizienzgesetz, dass eine Verbrauchssteigerung zulässt, es gibt noch immer keine Klima- und Energiestrategie. Allerdings bekennt sich die neue Regierung zur Agenda 2030 und zu völkerrechtlich verbindlichen Verträgen, wenn gleich mit einigen Widersprüchen wie z.B. Ausbau der Wasserkraft versus Einhaltung der EU-WRRL.“

„Die Herausforderung ist groß: Der Bruttoinlandsverbrauch muss halbiert werden. Der effizienten Nutzung der Energie kommt daher ganz besondere Bedeutung zu, wenn wir nicht auf unseren Komfort verzichten wollen. Erneuerbare Energien müssen naturverträglich erschlossen werden. Widersprüche zu anderen Positionen des Regierungsprogramms gilt es zu vermeiden. Für März 2018 wurde die Vorlage eines Entwurfs einer Klima- und Energiestrategie angekündigt.“, so Prof. Dr. Reinhold Christian.
Als Refrenten waren Ao.Univ.-Prof. Karl Steininger, Karl-Franzens-Universität Graz, Wegener Center bzw. Institut für Volkswirtschaftslehre, Dr. Jürgen Schneider, Prokurist, Umweltbundesamt GmbH und DI Günter Liebel, Sektionschef, Sektion Umwelt und Klimaschutz vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus eingeladen.

Einblicke in die Aussagen beim Fachdialog:

Steininger:
Im Rahmen des Projektes COIN wurden wirtschaftliche Folgen abgeschätzt, die durch den Klimawandel in Österreich verursacht werden könnten. Das Hochwasserrisiko wird zunehmen, Hitzewellen kommen auf uns zu. Schon jetzt sind Schäden im Umfang von ¤ 1 Mrd. pro Jahr zu verzeichnen. Nach den Berechnungen zu urteilen, können wirtschaftliche Schäden in Zukunft (zur Mitte des Jahrhunderts) bis zu ¤ 9 Mrd. pro Jahr betragen. Zusätzlich sind die Anpassungskosten an den Klimawandel zu tragen, z.B. im Jahr 2014 in Höhe von ¤ 500 Mio.

Der Energieverbrauch muss halbiert werden, damit der restliche Bedarf mit erneuerbaren Energien bereitgestellt werden kann, forderte der Referent. Verluste müssen minimiert und Potenziale im Verkehr (andere Raumplanung, intermodale Verkehrsknoten und E-Mobilität) oder im Gebäudebereich erschlossen werden. Um die Transformation zu ermöglichen, müssen jetzt Maßnahmen konsequent umgesetzt werden. Wenn dies in dieser Legislaturperiode nicht gelingt, ist die Zielerreichung in Zukunft ohne disruptive Einschnitte nicht möglich.

Aus Sicht von Steininger muss eine integrierte Klima- und Energiestrategie einen verbindlichen Zielpfad für die Dekarbonisierung bis 2050, die Halbierung des Endenergieverbrauchs und die Deckung des verbleibenden Energiebedarfs mit erneuerbaren Energien, aber auch verbindliche sowie ambitionierte Zwischenziele auf Basis des Emissionsbudgets für Österreich enthalten. In Österreich sollte das 2030-Ziel in vorausschauender Weise wesentlich stringenter als das EU-Ziel im Nicht-ETS-Bereich sein. Zusätzlich zu quantitativen Zwischenzielen (THG-Budget, Reduktionsziele, Effizienz, Energieverbrauch) werden qualitative Zwischenziele benötigt.

Schneider:
Im Jahr 2016 waren die nationalen THG-Emissionen etwa gleich hoch wie im Jahr 1990. In der EU ist der Ausstoß im gleichen Zeitraum hingegen um rd. 24% gesunken. „Wir haben jetzt knapp 80 Mio. t THG-Emissionen und müssen in den nächsten 30 Jahren einen radikalen Abwärtstrend einleiten.“

46% der Emissionen außerhalb des Emissionshandels in Österreich werden durch den Verkehr verursacht. In den letzten 26 Jahren sind diese um 2/3 gestiegen. 16% tragen jeweils der Gebäude- und der Landwirtschaftssektor zu den Non-ETS-THG-Emissionen bei. „Die österreichische Bundesregierung bekennt sich zur Dekarbonisierung bis Mitte des Jahrhunderts. Wir befinden uns aber nicht auf dem Weg dahin. Im Vergleich 2015-2016 zeigte der Sektor Mobilität, dessen Emissionen ohnehin über den Zielen des Klimaschutzgesetzes liegen, einen besonders großen Anstieg.“ Eine der Ursachen dafür ist der größere Absatz von Diesel und der geringere Einsatz von Biodiesel auf Grund der Preissituation.

„Im Gebäudesektor zeichnete sich eine Stagnation der THG-Emissionen ab. Auch hier werden in einem Sektor, der ökonomisch sinnvoll dekarbonisiert werden könnte, THG-Emissionen nicht ausreichend reduziert. Wenn man die Dekarbonisierung ökonomisch ernst nimmt, dann sind Investitionen in fossile Energietechnologien in diesem Bereich volkswirtschaftlich unsinnig.“

Eckpunkte für eine Klima- und Energiestrategie aus Sicht von Schneider sind langfristige Zielsetzungen.

Liebel:
„Die Bundesregierung hat sich zur Ausarbeitung einer integrierten Klima- und Energiestrategie bekannt.“ Die Erklärung findet sich in gleich zwei Kapiteln des Regierungsprogramms, nämlich im Energie- und im Umweltkapitel. Das Ziel ist die langfristige Dekarbonisierung bis zum Jahr 2050 samt sozialverträglichem Zielpfad. Ende des ersten Quartals 2018 soll ein erster Entwurf einer Klima- und Energiestrategie vorliegen. Nach Einbeziehung der Stakeholder soll diese noch vor dem Sommer beschlossen werden. Gründe für diesen straffen Zeitplan sind das bestehende Zielsystem bis 2020 und die Diskussionen über die Ziele bis 2030 auf EU-Ebene.

„Wir brauchen Energieeffizienz in allen Bereichen. Den Verbrauch um 50% gegenüber heutigen Verhältnissen zu reduzieren ist ambitioniert. Aber wir müssen die Verbrauche reduzieren.“

„Wir brauchen insgesamt mehr erneuerbare Energien. In Österreich haben wir die Chancen den Beitrag deutlich anzuheben. Strom macht nur knapp 20% des gegenwärtigen Energieverbrauchs aus. Bei Diskussionen muss man also aufpassen, worüber man spricht, Energie oder Strom.“

„Wir benötigen auch Mut zu neuem Denken!“






Präsentationen zum Fachdialog am 21.02.2018 sowie die komplette Nachlese stehen online zur Verfügung unter: http://www.uma.or.at/fachdialog-am-21.02.2018-klima-und-energiestrategie-etablieren!.html


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /