WIFO: Treibhausgasemissionstrends erfordern ambitionierte Politik
Die Treibhausgasemissionen in Österreich sind 2016 erneut gestiegen. Um die Klimaziele zu erreichen, braucht es eine Trendumkehr.
Durch die Einführung einer CO2-Steuer könnten die Emissionen um bis zu 7 Prozent sinken. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des WIFO.
Die Treibhausgasemissionen sind in Österreich 2016 gegenüber dem Vorjahr um 1 Prozent (0,8 Millionen Tonnen) auf rund 79,7 Millionen Tonnen Treibhausgase gestiegen. Während die Emissionen in den Emissionshandelssektoren rückläufig waren, stiegen sie in den Nicht-EmissiÂonshandelssektoren um 1,3 Millionen Tonnen an. Insbesondere der Verkehrssektor zeigte ein deutliches Wachstum von 4,2 Prozent. Seit 1990 haben die Emissionen aus dem Verkehr somit um 66,7 Prozent zugenommen und hatten 2016 einen Anteil von knapp 29 Prozent an den Gesamtemissionen.
Industrie- und Energieerzeugungssektoren sind durch den europaweiten Emissionshandel reÂguliert und sollen ihre Treibhausgasemissionen bis 2020 um 21 Prozent gegenüber 2005 reduzieren. Demgegenüber sind die anderen Sektoren (Verkehr, Haushalte, sonstiger Kleinverbrauch, Landwirtschaft) rein auf nationaler Ebene zu regulieren. Dafür steht im Prinzip ein breites Bündel an Politikinstrumenten zur Verfügung. Ein wesentliches Instrument für die Klimapolitik sind CO2- bzw. Energiesteuern. Explizite CO2-Steuern gibt es bislang in zehn EU-Staaten. Diese haben jedoch meist eher symbolischen Charakter. Die Ausnahmen sind Schweden und Finnland mit einem CO2-Steuersatz von 118 bzw. 60 Euro je Tonne CO2.
Die Energiesteuersätze sind "zumindest im Verkehrsbereich" in Österreich vergleichsweise niedrig. Bei der Besteuerung von Treibstoffen liegt Österreich auf Platz 16 (Diesel) bzw. 17 (Benzin) der EU 28. Niedrigere Steuersätze finden sich lediglich in osteuropäischen Mitgliedsstaaten sowie in Griechenland, Spanien und Portugal. Im Vergleich zu den Nachbarländern Deutschland und Italien (die in Hinblick auf den Transitverkehr relevant sind) ist die Besteuerung und daraus folgend der Bruttopreis für Treibstoffe in Österreich gering. Der aktuelle Preisunterschied zu Italien liegt bei 23 Cent je Liter Benzin bzw. 21 Cent je Liter Diesel, der Preisunterschied zu Deutschland beträgt 21 bzw. 11 Cent je Liter.
Anzumerken ist, dass Diesel in allen EU-Mitgliedstaaten niedriger besteuert wird als Benzin. Diese als Fördermaßnahme für den Güterverkehr konzipierte Steuerbegünstigung kommt jedoch allen dieselbetriebenen Fahrzeugen zu Gute und hat zur starken Zunahme an Diesel-Pkw beigetragen.
Eine aktuelle Studie des WIFO hat für Österreich die Einführung einer CO2-Steuer für den Nicht-Emissionshandelsbereich untersucht. Ausgegangen wurde von einer CO2-Steuer in der Höhe von 120 Euro je Tonne CO2 (zusätzlich zu den bestehenden Energiesteuern) sowie einer Vereinheitlichung der Energiesteuersätze (d. h. Diesel- und Benzinsteuersätze werden angeglichen ebenso die Steuersätze für Heizstoffe). Das entspricht einer Energiepreissteigerung von 20 Prozent für Benzin und Heizstoffe sowie 40 Prozent für Diesel.
Durch die Einführung der CO2-Steuer sinken die energiebedingten CO2-Emissionen in den Nicht-Emissionshandelssektoren im WIFO-Modell um insgesamt 7 Prozent (ca. 2,6 Millionen Tonnen CO2) im Vergleich zu einem Szenario ohne CO2-Steuer. Im gewerblichen Verkehr ist der Effekt deutlich stärker und liegt bei knapp 12 Prozent.
Zentral bei der Einführung einer CO2-Steuer ist die Einnahmenverwendung. Wie auch zahlreiÂche andere Studien zeigen, wirkt eine Energie- oder CO2-Steuer tendenziell regressiv, d. h. sie belastet untere Einkommen stärker, da diese einen höheren Anteil des verfügbaren Einkommens für Energie aufwenden. Zudem kann eine solche Steuer dämpfend auf das BIP-Wachstum wirken. Um diese Effekte abzufedern, sollte die Maßnahme aufkommensneutral impleÂmentiert werden. Für die Rückverteilung der zusätzlichen Steuereinnahmen wurde in der WIFO-Studie einerseits angenommen, dass die privaten Haushalte einen Ökobonus erhalten. Andererseits wurde der gewerbliche Bereich über eine Senkung der Arbeitgeberbeiträge entlastet. Diese Maßnahmen führen dazu, dass die Einführung der CO2-Steuer in Summe die Emissionen reduziert, ohne negative Auswirkungen auf Wachstum und Einkommensverteilung zu entfalten. Zudem zeigt sich, dass die Beschäftigung aufgrund der Reduktion der Arbeitskosten leicht ansteigt.
Es zeigt sich jedoch auch, dass die realisierten Emissionsreduktionen nicht ausreichen, um die mittelfristigen (2020, 2030) sowie langfristigen (2050 Parisabkommen) Klimaziele zu erreichen. Demnach braucht es neben einer CO2-Steuer noch weitere flankierende Maßnahmen (z. B. Ausbau des öffentlichen Verkehrs, Effizienzstandards), um die Dekarbonisierung voran zu treiben.
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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /