© GLOBAL 2000-Martin Aschauer / AKW Mochovce
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AKW Mochovce: Klage gegen slowakische Atomaufsichtsbehörde wegen geschwärzter Dokumente

Forderung: Abbruch des Inbetriebnahmeverfahrens - Transparenz statt Heimlichtuerei bei Unterlagen zur Reaktorsicherheit

Die österreichische Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 reicht beim Landesgericht Bratislava (Slowakei) eine verwaltungsrechtliche Klage gegen die slowakische Atomaufsichtsbehörde UJD ein. Die Blöcke 3 und 4 des AKW Mochovce sind seit 32 Jahren in Bau, zu Beginn dieses Jahres startete die slowakische Behörde das Inbetriebnahmeverfahren mit grenzüberschreitender Öffentlichkeitsbeteiligung. Die dabei vorgelegten Dokumente waren jedoch so massiv geschwärzt, dass dutzende Seiten gänzlich unlesbar waren. Eine Berufung von GLOBAL 2000 gegen die durchgängige Schwärzungen der Dokumente wurde im Oktober von der Behörde mit ‚Terrorgefahr‘ und ähnlichen Sicherheitsbedenken bei Nuklearanlagen abgewiesen beziehungsweise hätten viele der angeforderten Informationen gar keine Umweltrelevanz. Dr. Reinhard Uhrig, Atom-Sprecher von GLOBAL 2000, kommentiert: "Die slowakische Nuklearbehörde sieht das Interesse, ‚sensible‘ Informationen nicht herauszugeben, als vorrangig vor dem Interesse der Öffentlichkeit an Informationen zum technischen Zustand von Atom-Anlagen, da laut ihrer Argumentation nur so Terrorangriffe verhindert werden könnten. Das ist nichts anderes als ein Ablenkungsmanöver, da viele der Informationen genau keine Relevanz für Terrorismus haben, aber sehr wohl für Atom-Unfälle und die Sicherheit der Bevölkerung von Mitteleuropa unmittelbar betreffen."

Vorgeschobenes 'Terrorismus'-Argument - Informationen mit Relevanz für Atom-Unfälle

Während Behörde und Betreiberfirma Slovenska Elektrarne von "freiwilliger Öffentlichkeitsbeteiligung" spricht, beruht das Verfahren auf einem Entscheid des slowakischen Obersten Gerichtshofes, wonach die Anwendung der Aarhus-Konvention über die Rechte der BürgerInnen auf Information und Beteiligung unmittelbare Gültigkeit hat. Die heute zusammen mit slowakischen Partnern und mit Unterstützung der Windkraft Simonsfeld eingereichte Klage argumentiert, dass z. B. Nuklearabfälle eindeutig unter die Aarhus-Konvention fallen, da sie ja nahezu klassische Emissionen darstellen. Die Frage nach Kühlwasser und den vorhandenen Kapazitäten ist ebenso eine Umweltfrage, da bei einem Störfall nur ausreichende Kühlmöglichkeiten einen schweren Unfall und somit massive radioaktive Freisetzungen verhindern können. Ebenfalls geschwärzt wurden Informationen über die anfallenden radioaktiven Spaltprodukte aus dem erweiterten Atom-Komplex. "Genau diese Frage nach der Menge der durch die zusätzlichen Reaktoren erzeugten radioaktiven Stoffe, deren Ausbreitungsreichweite und somit auch Gesundheitsauswirkung auf Pflanzen, Tiere und Menschen sind die Informationen, die die BürgerInnen betreffen", erklärt Uhrig. "Nur die Offenlegung der Daten kann Auskunft bringen über den technischen Zustand der Reaktoren."

Verheimlichungs-Verordnung EU-rechtswidrig - Abbruch des Verfahrens gefordert

Die slowakische Behörde hat zur Rechtfertigung ihrer Sicht, "sensible" Informationen nicht herauszugeben, eine eigene Verordnung erlassen, die es ermöglicht, jegliche Information über Nuklearanlagen zu verheimlichen. Die Aarhus-Konvention verlangt jedoch nicht nur die Veröffentlichung von Informationen mit Umweltrelevanz, sondern auch eine restriktive Auslegung bei der Nicht-Veröffentlichung von Information. Da die Aarhus-Konvention auch geltendes EU-Recht ist, fordert GLOBAL 2000 mit der Klage das Gericht auf, das Inbetriebnahmeverfahren für Mochovce 3 und 4 einzustellen und den Europäischen Gerichtshof um ein präjudizielles Verfahren im Sinne von Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu ersuchen.



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /