© Tillner & Willinger ZT GmbH/ Wohnanlage JOIN IN
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Heiß im Sommer? Kühl in Passivhäusern

Es wird immer heißer im Sommer. Kluges Bauen hilft gegen extreme Hitze im Haus!

© Passivhaus Austria / Tillner, Chorherr, Lang, Willinger
© Passivhaus Austria / Tillner, Chorherr, Lang, Willinger

Der Klimawandel ist bereits Realität, es gibt immer mehr heiße Sommertage. Um die Treibhausgase zu reduzieren gibt es neben dem Verkehr noch einen zweiten wichtigen Bereich, wo viel getan werden kann: Im Städtebau. Passivhäuser sind klimaneutral und nachhaltig und müssen im Wohnbau künftig verstärkt umgesetzt werden. Wien kann hier die Vorreiterrolle noch weiter ausbauen und im Wohnbau ohne fossile Rohstoffe auskommen. Das ist Klimaschutz mit Wohnkomfort auch im Sommer.

Um dies aufzuzeigen, luden daher Christoph Chorherr, Sprecher für Stadtplanung, Energie und Wohnen, Silja Tillner & Alfred Willinger, Architekten Tillner & Willinger ZT Gmbh und Günter Lang, Passivhaus Austria Ende August bei sommerlichen Außentemperaturen zu einem Lokalaugenschein in eine Wiener Wohnung in einem Passivhaus ein.

Bereits 40 Hitzetage und 28 Tropennächte im Sommer 2017 in Wien

Die vorläufige Sommerbilanz der ZAMG vom 30.8.2017 zeigt: Wir hatten heuer den drittwärmsten Sommer seit dem Messbeginn im Jahr 1767 (2,0 °C über dem vieljährigen Mittel). In vielen Regionen gab es zwei bis sechs Mal so viele Hitzetage wie in einem durchschnittlichen Sommer. Die ZAMG verzeichnet schon jetzt durchschnittlich mehr Tage mit Temperaturen über 30 Grad als in den vier Jahren davor. In Wien Innere Stadt wurden in diesem Sommer bereits 40 Hitzetage gemessen. Auch in den Nächten hatten viele Regionen mit tropischen Temperaturen zu kämpfen. Am heißesten war es in der Wiener Innenstadt mit 25,5 Grad. Von den sogenannten Tropennächten (die Temperaturen fallen nicht unter 20 Grad) waren diesen Sommer vor allem die Innenbezirke Wiens mit 28 Tropennächten betroffen.

Coole Passivhäuser schaffen Abkühlung im Sommer

Bei solchen Hitzetagen mit weit über 30°C kann man im Passivhaus mit entsprechender Verschattung getrost die heißen Außentemperaturen aussitzen, hat es doch Dank der Komfortlüftung (ohne energiefressender Klimaanlagen) angenehme Innenraum-Temperaturen von 23 – 25°C, maximal 26°C. Die Fenster können geschlossen bleiben, damit die Hitze von draußen nicht herein kommt, aber die Komfortlüftung bringt permanent frische kühlere Luft ins Haus. Natürlich bleiben auch Straßenlärm und –staub, sowie Pollenbelastungen draußen. Gerade auch für Kinder sowie ältere und kranke Menschen stellt dies eine erhebliche Steigerung der Lebensqualität dar.

Dem Klimawandel vorbeugen

Wesentlich ist aber ebenso die Treibhausgasemissionen (der Gebäudesektor hat einen Anteil von derzeit rund einem Drittel der österreichweiten Emissionen) dauerhaft zu senken. Innerhalb der kommenden 30 Jahre wird es gemäß den Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaschutzabkommens notwendig sein, diese auf Null CO2-Emissionen zu reduzieren – eine echte Herkulesaufgabe. Und zwar weltweit!

Mit dem Passivhaus-Standard im Neubau und dem EnerPHit-Standard in der Sanierung kann die bestmögliche Energieeffizienz noch dazu sehr kostengünstig realisiert werden, wie auch Wien seit 20 Jahren beispielgebend vorzeigt. Der verbleibende minimale Restenergiebedarf kann dann leicht durch 100% Erneuerbare Energieträger nachhaltig und ressourcenschonend bereitgestellt werden.

Derzeit verfügt Wien mit 450.000 Quadratmetern über die weltweit größte Nutzfläche an dokumentierten Passivhäusern1, und war daher Ende April auch Schauplatz der 21. Internationalen Passivhaustagung, bei der KongressteilnehmerInnen aus 60 Nationen die über einhundert großvolumigen Passivhäuser bestaunten.

Nun ist es aber an der Zeit zu handeln, wollen wir das Klima in der Stadt und in ganz Österreich erträglich gestalten. Der Passivhaus-Standard hat sich seit 26 Jahren weltweit bewährt, nun sollte er endlich zum allgemeinen Mindeststandard zum Wohle der Bevölkerung werden. Dies verbessert nicht nur den Wohnkomfort, sondern spart auch dauerhaft Kosten beim Wohnen und Volksvermögen, anstatt dieses durch fossile Energieimporte zu verlieren.
Zu den Tagen des Passivhauses2 von 10.-12. November kann sich die Bevölkerung in ganz Österreich bei 120 Besichtigungsobjekten selbst ein Bild machen wie es funktioniert.


Zur Wohnanlage: JOIN IN auf den Mautner-Markhof Gründen

"JOIN IN - Vielfalt gemeinsam leben" lautet der Name des Projektes unter dem ein interkulturelles Wohnprojekt in Passivhaus-Standard mit 90 geförderte Mietwohnungen und einer Senioren-Wohngemeinschaft errichtet wurde. So fördert dieses Projekt das Zusammenleben von Menschen verschiedener Altersgruppen und unterschiedlicher kultureller Herkunft sowie eine grundsätzliche Toleranz für andere Lebensstile und Werthaltungen. In Zusammenarbeit mit Soziologen wurden verschiedene modulare Grundrisstypen entwickelt aus denen die BewohnerInnen auswählen und die sie an Ihre individuellen Bedürfnisse anpassen können. Flexibilität der Grundstruktur und Partizipation der BewohnerInnen führen zur Nachhaltigkeit im gesamten Lebenszyklus der Gebäude.
Äußeres Erkennungsmerkmal des Projektes sind die umlaufenden Loggienbänder mit vorgeschalteten Balkonen, die den Wohnraum erweitern. Ziel ist es, den städtebaulichen Charakter der Gebäude als Großpavillons zu unterstreichen.

Die Erschließung des Projekts bietet ein ausgewogenes System von Privatheit, Gemeinschaft und Öffentlichkeit, das auch für BewohnerInnen mit differenzierten Ansprüchen attraktiv ist. Alle Wohnungen haben private Balkone und Loggien. Die beiden Wohnhäuser verfügen über gemeinschaftliche Dachgeschosse mit Terrassen, Pflanzbeeten und Wintergarten, die für die HausbewohnerInnen vorgesehen sind. Im Erdgeschoss gibt es öffentliche Freiräume, die den Gemeinschafträumen zugeordnet, jedoch öffentlich zugänglich und nutzbar sind. Bilder des Künstlers Herbert Pasiecznyk in den attraktiven, hellen Stiegenhäusern verstärken den unverwechselbaren Charakter der Wohnhäuser.

Kontrollierte Wohnraumlüftung mit drei zentralen Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung über Luft/Luft Wärmetauscher. Die Frischluft wird mittels aktivierten Bohrpfählen sowie aktivierter Bodenplatte im Winter vorgewärmt und im Sommer leicht vorgekühlt.

Adresse: Wilhelm-Weber-Weg 1/3, 1110 Wien www.joinin.at
Architektur: Tillner & Willinger ZT GmbH, Wien www.tw-arch.at
Bauherr: ÖSW Österreichisches Siedlungswerk, Wien
Familienwohnbau, Wien
Landschaftsarchitektur: Jakob Fina, Wien
Bauphysik: Mischek ZT GesmbH, Wien
Haustechnik: Mischek ZT GesmbH, Wien
Passivhaus-Konsulent: Schöberl & Pöll GmbH, Wien
Kennwerte berechnet nach PHPP (Passivhaus Projektierungspaket):
Heizwärmebedarf 14 kWh/m²a
Gebäudeheizlast 10 W/m²
Kühllast: 5 W/m²
Primärenergiebedarf 104 kWh/m²a für Heizung, Warmwasser, Hilfs- und Haushaltsstrom
Luftdichtheit n50 0.18/h
Übertemperaturhäufigkeit: 2%
Wettbewerb: 2010
Fertigstellung: 2014
Energiebezugsfläche nach PHPP: 8.040 m²

Detaillierte Objektbeschreibung: www.passivhausprojekte.de/#d_4422


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /