© Mario Venzlaff  - pixabay.com
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WWF an Umweltminister: Gewässerschutz ernst nehmen statt austrocknen!

Neuer Plan für nationalen Gewässerschutz ist eine Blamage für Österreich - WWF kritisiert zahnlose Verordnung und fehlende Budgetierung

Wien - Endlich wurde der längst überfällige neue Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan für Österreich (NGP2015) offiziell von Bundesminister Rupprechter in Kraft gesetzt. Der NGP ist das wichtigste Umsetzungsinstrument, um unsere Seen, Flüsse und Grundwasser in einem guten Zustand zu erhalten oder diesen wo nötig wieder herzustellen. ‘Die nun vorgelegte Verordnung des Umweltministers ist eine Bankrotterklärung der österreichischen Gewässerpolitik’, sagt Bettina Urbanek, Gewässerexpertin des WWF in einer ersten Analyse. ‘Österreich verabschiedet sich damit von wichtigen Zielsetzungen, reduziert die Sanierungsräume und streicht wichtige Gewässerschutzmaßnahmen.’

Der NGP soll die Vorgabe der EU-Wasserrahmenrichtlinie umsetzen, nach der alle Gewässer in Österreich bis 2027 in gutem Zustand sein oder zumindest ein gutes Potential aufweisen müssen. Mit seinen Vorschriften und den finanziellen Mitteln des Bundes von 23 Mio. Euro pro Jahr konnten so in den letzten Jahren viele punktuelle Verbesserungen an Österreichs Gewässern erreicht werden.

Im neuen Plan wird dagegen festgehalten, dass derzeit keine Finanzmittel für diese Gewässerschutzmaßnahmen budgetiert sind. ‘Das ist ein Skandal. Österreich verfügt, dass viele notwendige Sanierungen freiwillig erfolgen sollen und streicht parallel Fördergelder, die freiwillige Maßnahmen erst ins Laufen bringen’, ist Urbanek empört. ‘Die Umsetzung der EU-Rahmenrichtlinie, die der NGP gewährleisten soll, wird die nächsten Jahre Pause machen. Der Tiefpunkt der österreichischen Gewässerpolitik ist hiermit erreicht. Der Gewässerschutz muss auch in Österreich ernst genommen statt ausgetrocknet werden!’ Um zu retten was zu retten ist, fordert der WWF jetzt eine Zusicherung der Regierung, dass wenigstens die bereits geplanten Maßnahmen umgesetzt werden können.

Erst im Juni hat der WWF gemeinsam mit 48 anderen Umweltorganisationen, Fischereiverbänden und Bürgerinitiativen in einem offenen Brief an BM Rupprechter und Finanzminister Schelling appelliert, die gesetzlichen Aufgaben für den Gewässerschutz endlich zu erfüllen. ‘Grundsätzlich ist es gut, dass der längst überfällige neue Plan endlich veröffentlicht wurde’, erklärt Urbanek und kündigt eine genaue inhaltliche Prüfung der neuen Verordnung in den kommenden Wochen an. ‘Aber leider kann man schon jetzt ein erstes, trauriges Fazit ziehen: Von den inhaltlich gut vorbereiteten Fachplanungen ist nach vielen politischen Zugeständnissen nicht mehr viel übrig. Der nachträgliche Einfluss der Energielobby auf die Politik ist allgegenwärtig. Bitter ist vor allem, dass es unnötige Ausnahmen für Kleinkraftwerke gibt, die Größe der Sanierungsgebiete Österreichs verkleinert wurde und zusätzliche Ausnahmebestimmungen sowie eine weitere Aufschiebung von Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerstruktur eingeräumt wurden.’



Österreichs Fließgewässer sind durch eine Vielzahl von Belastungen ökologisch beeinträchtigt. Lediglich 37 Prozent oder 12.000 Kilometer der Flüsse und Bäche in Österreich sind in gutem oder sehr gutem Zustand. Ca. 60 % der Fließgewässer sind in keinem guten ökologischen Zustand und entsprechen somit nicht den gesetzlichen Zielvorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie. Das liegt unter anderem an der – im europäischen Vergleich enorm hohen – Verbauung durch die Wasserkraft. Im Schnitt steht an Österreichs Fließgewässern alle 600 Meter eine Barriere. Das Wasser unserer Flüsse ist zwar weitgehend sauber, aber die Flüsse selbst sind kanalisiert und monoton.

Österreich hat sich verpflichtet, im Rahmen der 2002 erlassenen EU-Wasserrahmenrichtlinie bis 2027 sicherzustellen, dass alle Gewässer einen guten Zustand oder zumindest ein gutes Potential aufweisen. Die Wiederherstellung des guten Zustands, beispielsweise durch Fischaufstiegshilfen, höhere Restwasserdotierungen, Reduktion der Schadstoffbelastungen und naturnähere Uferstrukturen aller Gewässer in Österreich ist eine große Herausforderung. Die Umsetzung und das Erfolgsmonitoring erfolgt in drei Etappen. Mit dem nun vorgelegten Plan für die Jahre 2015-2021 beginnt die zweite Etappe.

Finanzierung:

Für den ersten ‘Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplans (2009-2015) standen in Summe nationale Fördermittel in der Höhe von 140 Mio. Euro, das sind 23 Mio. Euro pro Jahr, über das Umweltförderungsgesetz (UFG) zur Verfügung. Damit wurden vor allem an großen Flüssen erfolgreich Maßnahmen zur Verbesserung der Durchwanderbarkeit für Fische (Fischaufstiegshilfen) gesetzt, Restwasserabgaben bei Wasserkraftwerken verbessert und punktuell, wie aktuell an der March, echte Gewässerrevitalisierungen durchgeführt.

Die nächste Bundesregierung muss jetzt dringend gewährleisten, dass auch für die zweite Umsetzungsperiode (2015-2021) ausreichend Finanzmittel bereitgestellt werden. Denn bis 2021 braucht es dringend weitere Verbesserungsmaßnahmen. Die Wasserqualität und der Zustand unserer Seen, Flüsse und Bäche ist den Österreichern ein Herzensanliegen, das nicht vernachlässigt werden darf.

Link zur Verordnung zum Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan NGP 2015:
www.bmlfuw.gv.at/wasser/wisa/fachinformation/ngp/ngp-2015.html


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /