© BSG/ Der Katamaran Mobicat
© BSG/ Der Katamaran Mobicat

Das erste selbstfahrende Solarkraftwerk der Welt ist bald unterwegs

Der Katamaran Mobicat – für die Schweizer Landesausstellung Expo.02 gebaut - wird zum grössten schwimmend mobilen Solarkraftwerk der Welt.

Die Bielersee Schifffahrtsgesellschaft (BSG) und der Energie Service Biel (ESB) sorgen für die Finanzierung des innovativen Projekts. Der komplett überholte Mobicat wird mit einer Fahrt zur St. Petersinsel am ersten sonnigen Frühlingstag 2018 für sein zweites Leben, das rund 20 Jahre dauern soll, in den See stechen.

Bisher hat der Solar Katamaran EMS Mobicat seit seinem Bestehen rund 28.000 Kilometer zurückgelegt, angetrieben rein von Sonnenenergie, was einer halben Erdumrundung entspricht. Dennoch liegt das Schiff zu über 80 Prozent an seinem Pier im Bieler Hafen. Nun werden die alten Bleiakkus gegen modernere Lithium-Ionen Batterien ausgetauscht. Weil diese bei gleicher Kapazität viel leichter sind, wird die BSG und der ESB das fehlende Gewicht der Bleiakkus (2 x 4 Tonnen) durch zusätzliche Batterien ergänzen. Berechnet wird das Konzept von der Luzerner Shiptec AG, mit der die Lithium Storage GmbH schon seit mehreren Jahren zusammenarbeitet.

Sonnenkollektoren neuester Generation könne auf derselben Fläche rund 70 Prozent mehr Strom liefern als bisher (neu über 30 KWp). Dadurch kann während der Schifffahrtssaison der grössere Stromspeicher voll geladen werden, der einerseits eine doppelte bis dreifache Reichweite erwarten lässt und andererseits den für Fahrten nicht gebrauchten Strom ins Netz einspeisen kann. Der überschüssige Solarstrom kann im Netz der lokalen Stromlieferantin als erneuerbare Energie genutzt werden.

BSG-Geschäftsführer Thomas Mühlethaler meint: "Dass der Mobicat mit aufgeladenen Batterien oft nur im Hafenbecken herumstand, war uns ein Dorn im Auge." Eine neue Verbindung vom Pier zum Schiff kann bald den Strom in beiden Richtungen transportieren. Wenn die Sonne nicht scheint oder längere Nachtfahrten geplant sind, können so einerseits die Batterien geladen werden, andererseits steht dem Stromnetzbetreiber ESB in Biel ein Stromspeicher zur Verfügung, der den Strombedarf der übrigen Schiffe decken oder das lokale Niederspannungsnetz (Grid Storage) kurzfristig mit Strom versorgen kann.

Lithium Storage ist mit der Umrüstung beauftragt, konzipiert und liefert dazu die geprüften seewassertauglichen Batterien, die Wechsel- und Gleichrichter sowie das Batteriemanagement und die Landverbindung. Das Potenzial dieser Stromgewinnung mittels PV-Anlagen (die ursprünglich für die Raumfahrt entwickelt wurden) hat sich bei Gewerbedächern längst bewährt. Elektroauto-Bauer Tesla bietet seinen interessierten Kunden bereits die Möglichkeit, den Stromspeicher der Autos fürs Einfamilienhaus als Grid-Speicher zu nutzen. Genau dieses Konzept wird nun im Massstab 10:1 auch mit dem Mobicat angestrebt. Damit wird der Mobicat zum weltweit ersten selbstfahrenden Solarkraftwerk.

"Wir setzen damit ein weiteres Zeichen für erneuerbare Energien" sagt Martin Kamber, Leiter Marketing und Vertrieb des ESB.

Start ins neue Leben im Frühling 2018

Bis November 2017 sollen die Vorbereitungen abgeschlossen sein, dann beginnt der Umbau. Die bestehenden Potovoltaik-Panele werden durch neuere Panele mit 360 Wp pro Panel ersetzt (die alten Panel leisten knapp 200 Wp pro Stück). Die tonnenschweren Blei-Säure-Akkus werden mit Lithium-Eisenphosphat Zellen, in 8 Blöcken à je 60 KWh ausgetauscht. Der grössere Speicher der Anlage verlängert zudem die maximale Fahrtdauer auf über 14 Stunden (derzeit maximal 7 Stunden bei reduzierter Geschwindigkeit), womit der Mobicat nach Murten und zurückfahren kann. Die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit von 10-12 km/h sind nicht nur für die Passagiere, sondern auch für alle anderen Seebenutzer eine Wohltat, denn der Mobicat verursacht nahezu keine Wellen.



Lithium Storage, eine kleine Start-up Ingenieurfirma in Illnau, ist in der Szene bereits bekannt: Die Ideen und Produkte der innovativen Ingenieure sind bereits in Projekte wie E-FORCE One (Elektro LKW 18 Tonnen), OPAL (Elektro – Hybridsegelboot in Island), eDumper (weltgrösstes Energie Plus Fahrzeug mit 111 Tonnen), aber auch kleinere Projekte wie das EMS Bill&Fabienne (Startschiff Yachtclub Bielersee) sowie zahlreiche stationäre und mobile Anlagen mit Stromspeicherbedarf eingeflossen.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /