© Peter Korrak
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Nationalrat beschließt Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes und Abkommen gegen Quecksilber

Zukünftig gelten strengere Richtlinien für Betriebe mit Gefahrenstoffen

Wien - Die Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (Seveso- III), mit dem Ziel, schwere Unfälle mit gefährlichen Stoffen zu vermeiden und die Gefährdungen der Gesundheit und Umwelt hintanzuhalten, wurde heute im Nationalratsplenum mehrheitlich angenommen. Der Abänderungsantrag von Christiane Brunner (G) fand hingegen keine Mehrheit.

Hingegen einstimmig wurde das Minamata-Abkommens ratifiziert. Dieses sieht den Schutz von Mensch und Umwelt vor Schäden durch das stark toxische Schwermetall Quecksilber vor. Die Entschließungsanträge der FPÖ und Grünen wurden beide mehrheitlich abgelehnt.

Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes: Unfälle mit Gefahrenstoffen vermeiden und Risiko eindämmen

Die entstehenden Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen zu beherrschen und Gesundheits- und Umweltgefährdungen hintanzuhalten hat die Vorlage zur Adaption des Abfallwirtschaftsgesetzes zum Ziel. BetriebsinhaberInnen sollen künftig alle benötigten Sicherheits- und Schutzmaßnahmen nach dem Stand der Technik zur Vermeidung schwerer Unfälle ergreifen und diese auch dokumentieren. Außerdem beinhaltet die Regierungsvorlage die behördlichen Inspektionen über die Einhaltung dieser Verpflichtungen und die Sicherheitsmaßnahmen der Abfall-Beschlagnahmung. Vollzugsbehörden soll es dadurch schneller und effizienter möglich sein, gegen illegale Sammlungen und Verbringungen von Abfällen vorzugehen.

Es seien maßgebliche Themen im Bereich des Klimaschutzes, die hier geregelt werden, so Bundesminister Andrä Rupprechter. Der Umgang mit Kupferschrott und entsprechende Begleitmaßnahmen sowie eine Verordungsermächtigung betreffend Kunststofftragetaschen werden schließlich ebenfalls berücksichtigt.

SPÖ und ÖVP zufrieden mit Novellierung

Es liege in der Verantwortung der PolitikerInnen und der Wirtschaft, von der Entstehung bis zur Abfallbehandlung sorgfältig mit Stoffen umzugehen, bekräftigte Johann Höfinger (V) seine Zustimmung. Er verwies außerdem auf den Giftunfall in der norditalienischen Stadt Seveso und die Hoffnung, solche Unfälle in Zukunft durch ebensolche Regelungen hintanzuhalten. Und auch die nunmehrige Möglichkeit der Beschlagnahmung gefährlicher Stoffe und das unmittelbare Eingriffsrecht sind nach seinem Dafürhalten notwendige Maßnahmen, um für die Sicherheit der Bevölkerung zu sorgen.

In der italienischen Kleinstadt Seveso hat sich vor über 40 Jahren ein schwerer Chemieunfall ereignet, bei dem durch ausgetretene Dioxingase und die Giftwolke über Jahrzehnte Mensch, Flora und Fauna beeinträchtigt wurden.

Auch SPÖ-Umweltsprecher Klaus Uwe Feichtinger begrüßte die Umsetzung der Seveso-III-Richtlinie und ersuchte den Bundesminister hinsichtlich der Aarhus-Konvention, im Juni im Umweltausschuss über erste Ergebnisse der Arbeitsgruppe, die nun um die Sozialpartner erweitert werde, zu berichten und eine legistische Umsetzung noch in dieser Gesetzgebungsperiode zu bewerkstelligen. Karin Greiner (S) betonte die beträchtliche Schädigung von Menschen, Flora und Fauna durch die ausgetretenen Dioxin-Gase in Seveso und damit die Wichtigkeit der Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes. Die Umsetzung der Seveso-III-Richtlinie der EU benötigte vorab einige andere gesetzliche Adaptionen, etwa im Bereich der Gewebeordnung, erklärte sie die verzögerte Umsetzung.

Michael Hammer (V) betonte hinsichtlich der Aarhus-Konvention zudem, dass bei Bürgerbeteiligungsverfahren auf Balance und Ausgewogenheit geachtet werden solle und bezog sich dabei auf die geplante dritte Piste am Flughafen Schwechat und Verzögerungen durch die Bürgerbeteiligung. Die Relevanz der Einrichtung der Bundeswarnzentrale unterstrich Johann Rädler (V). Die sieben österreichischen Betriebe, die von der Novelle betroffen, erhalten dadurch erleichterte Maßnahmen, sollte es tatsächlich zu Unfällen kommen.

Opposition kritisierte verspätete Umsetzung und Ausbleiben der Aarhus-Richtlinien

Diese Novelle kommt nach Ansicht der FPÖ zu spät, seit dem 1. Juni 2015 sollte sie sich in Umsetzung befinden, bedauerten Walter Rauch und Günther Kumpitsch (beide F). Hinsichtlich Kosten, Mehraufwand und Deregulierungsmaßnahmen zur Verwaltungsvereinfachung verwiesen beide Mandatare auf eine Stellungnahme der niederösterreichischen Landesregierung, die erheblichen Mehraufwand bei der Beschlagnahmung von Abfällen prognostizierte. Diese Kritik hätte nach Ansicht der FPÖ genauso eingearbeitet werden sollen, wie jene des Rechungshofs, der sich mit einem Mehrbedarf an Lagerungsflächen beschlagnahmter Abfälle befasste. Laut FPÖ hat man es zudem verabsäumt, die finanzielle Belastungen für Gemeinden und Verwaltungserleichterungen hintanzuhalten. Die möglichen Mehrkosten für Bundesländer und Gemeinden dürfen nicht außer Acht gelassen werden, betonte auch Rupert Doppler (A) in seiner Wortmeldung.

Das Team Stronach sprach sich allgemein positiv über die Regierungsvorlage aus, wenn auch viel unnötige Zeit verstrichen sei. Kritisch äußerte sich Ulrike Weigerstorfer hinsichtlich der Formulierungen einzelner Begrifflichkeiten, die aufgrund fehlender Eingrenzungen zu Rechtsunsicherheiten führen könnten.

Die Grünen begrüßten die Umsetzung der Seveso-Richtlinien zwar grundsätzlich, auch die Abfallbeschlagnahmung sei ein positiver Schritt, der auch Erleichterungen für die Behörden mit sich bringe. Der Abfall-Vermeidungsgedanke lag Christiane Brunner (G) bei der Vorlage hingegen zu wenig im Fokus. Aufgabe der Politik sei es, es BürgerInnen leichter zu machen, Abfall zu vermeiden, diese Unterstützung fehle hier, befand sie. Gleichzeitig kritisierte Brunner das Fehlen der Umsetzung der Aarhus-Konvention, wo nach ihrem Dafürhalten bislang zu wenig geschah. Sie verwies auf eine Wortmeldung von Bundesminister Rupprechter aus 2014, wonach die benötigten Schritte gesetzt werden würden. Der von ihr eingebrachte Abänderungsantrag sah eine Einbindung von Umweltorganisationen gemäß der Aarhus-Konvention in die vorgelegte Regierungsvorlage vor. Die Aarhus-Konvention regelt den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten.

Internationales Quecksilber-Abkommen im Plenum diskutiert

Quecksilber wirkt als stark toxische Schwermetall auf das zentrale Nervensystem und kann schwere akute oder chronische Vergiftungen hervorrufen. Um die menschliche Gesundheit, die Umwelt und das Ökosystem vor diesem zu schützen, braucht es dieses völkerrechtlich verbindliche Instrument in Form des Minamata-Übereinkommens. Ziel des Abkommens ist ein weltweiter Rückgang beziehungsweise der gänzliche Verzicht des Quecksilbereinsatzes sowie die kontinuierliche Verringerung von Quecksilberemissionen und seiner Freisetzungen in Luft, Wasser und Boden. Die Eindämmung des Primärabbaus von Quecksilber wird ebenfalls angestrebt.

Ziele sind die Ratifikation des Übereinkommens und der Beitrag zum sicheren Abfallmanagement, um Mensch und Umwelt vor Schäden durch diese gefährliche Chemikalie zu bewahren. Für das Inkrafttreten sind 50 Länder notwendig. Im September werde die erste Vertragsstaatenkonferenz abgehalten, dabei soll Österreich bereits vertreten sein, erläuterte Bundesminister Andrä Rupprechter.

In den 1950er Jahren wurden tausende Menschen im japanischen Minamata mit Quecksilber vergiftet, etwa 2.000 Personen starben. Mit dem Schwermetall verschmutztes Wasser wurde der örtlichen Fabrik in eine Bucht geleitet, aus der Fisch und Meeresfrüchte gegessen wurden. Bis heute leiden die Opfer von Minamata unter den Folgen der Katastrophe.

Konsens unter Klubs: Globales Instrument als Meilenstein zur Reduktion von Quecksilber

Im Fokus dieses Abkommens stünde die weltweite mittel- bis langfristigen Abnahme der Umweltkontaminitationen und damit der Schutz der Menschen und der Umwelt vor Quecksilber jeder Art, sagte Dietmar Keck (S). Die Verbrennung von Kohle sowie die Zement- und Metallproduktion tragen wesentlich zu Quecksilberemissionen bei. Als österreichischen Vorreiter nannte er die voestalpine AG, die sich weltweite durch ihre Filterung auszeichne. Schließlich müsse man auch in der Industrie sorgfältig mit der Umwelt umgehen. Auch Walter Schopf (S) betonte die Vorreiterrolle Österreichs und die einhergehende Verpflichtung zur Realisierung dieser Novelle im Sinne und zum Schutz der Bevölkerung.

Man müsse auch in Bezug auf die Reduktion von Quecksilber in der EU an einem Strang zu ziehen, erklärte Werner Groiß (V). Die Eindämmung beim Bergbau und beim Einsatz in Batterien, Pestiziden oder Seifen könne nun leichter erreicht werden, so Groiß, der auch auf die Altstoffsammelzentren hinwies, bei denen quecksilberhaltige Produkte zurückgegeben werden können. Johannes Rauch (V) unterstrich zudem die hohe Toxizität des Schwermetalls und die Grenzwerte in Nahrungsmitteln.

Dieses erste weltweite Abkommen zur Reduktion von Quecksilber sei ein Meilenstein der internationalen Umweltpolitik zur Reduktion der Quecksilberbelastung, sagte Christiane Brunner (G). Inakzeptabel sei hingegen für sie die noch immer vorhandene Steuervergünstigung für Kohleverstromung. Ein Entschließungsantrag, der eine Novelle des Mineralölsteuergesetzes, des Kohleabgabegesetzes und des Erdgasabgabegesetzes zur Abschaffung steuerlicher Vergünstigungen für die Elektrizitätserzeugung durch Kohle, Mineralöl oder Erdgas fand allerdings keine Mehrheit. Eine gute nationale Umsetzung erhoffte sich neben Brunner (G) auch NEOS-Umweltsprecher Michael Bernhard (N). Die Subventionierung von Kohleverstromung sei auch ihm ein Dorn im Auge.

Die weltweite Eindämmung des Quecksilberausstoßes kann - betrachtet man die Quecksilbervergiftung und die Spätfolgen der Minamata- Krankheit - nur begrüßt werden, hielt Jessi Lintl (F) fest. Da in Österreich ein Großteil von Quecksilber bei der Koks- und Kohleverbrennung entstehe, wurde von ihr ein Entschließungsantrag zum Ausstieg aus der Kohleverstromung in Österreich eingebracht. Im gemeinsamen Antrag mit Walter Rauch (F) forderte sie einen Masterplan für den unverzüglichen Ausstieg und begründete diese Forderung mit der Tatsache, dass in Kohlekraftwerken mehr als die Hälfte der gewonnenen Energie ungenutzt als Wärme verpufft, außerdem würden Treibhausgase, Feinstaub und Quecksilber freigesetzt. Der Antrag fand keine Mehrheit.

Ulrike Weigerstorfer (T) hob hervor, dass der Giftcocktail, dem man täglich ausgeliefert ist, nicht kleiner werde, entsprechende Maßnahmen wie die Ratifizierung dieses Abkommens seien daher besonders wichtig. Den weltweiten Verzicht begrüßte auch Rupert Doppler (A).

Quelle: Parlamentskorrespondenz


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /