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Offener Brief von Greenpeace an Bundeskanzler Kern und Vizekanzler Mitterlehner

Brief zu CETA und TTIP


Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, sehr geehrter Herr Vizekanzler,

die Verhandlungen um die Freihandelsabkommen TTIP und CETA haben die großen Bedenken der österreichischen und europäischen Bevölkerung bezüglich der aktuellen Freihandelspolitik der Europäischen Union zutage gebracht. Nur durch den enormen Druck auf kritische Politikerinnen und Politiker und gegen die deutliche Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in Ländern wie Österreich oder Deutschland konnte eine Einigung unter den 28 EU-Mitgliedsländern über CETA herbeigeführt werden. Dank Ihres Einsatzes ist zwar gesichert, dass CETA nicht nur im EU-Parlament, sondern auch in den nationalen Parlamenten ratifiziert werden muss. Es ist jedoch zu befürchten, dass im Zuge der Ratifizierung ein ebenso großer Druck auf die Parlamente ausgeübt wird, gegen alle Bedenken grünes Licht für CETA zu geben.

Der berechtigte und gut argumentierte Widerstand kritischer Kräfte wurde von den Befürwortern eines uneingeschränkten globalen Freihandels als Populismus und Panikmache abqualifiziert. Der Zusammenhalt der EU wird zugunsten von Konzerninteressen gefährdet, Umweltschutz und soziale Sicherheit werden immer stärker Opfer einer neoliberalen Agenda. Diese Entwicklung trägt dazu bei, dass die Bevölkerung zunehmend das Vertrauen in die Europäische Union und ihre Gremien verliert.

Nach dem CETA-Beschluss waren sich viele Akteure auf EU-Ebene und in Österreich einig: Die EU muss jetzt die Lehren aus CETA ziehen.

Die österreichische Bundesregierung hat sich bereits festgelegt, TTIP auf Basis des bestehenden Mandates keine Zustimmung zu erteilen. Während TTIP derzeit auf Eis gelegt scheint, befinden sich jedoch insgesamt 46 EU-Freihandelsabkommen in Vorbereitung, Verhandlung oder Ratifizierung. Die Mandate der meisten dieser Abkommen werden geheim gehalten, die Verhandlungen finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und soweit bekannt ist, enthalten viele von ihnen ähnliche Giftzähne wie TTIP und CETA.

Wir fordern Sie auf, sich für ein Moratorium für alle Freihandelsabkommen einzusetzen, das solange aufrecht bleibt, bis eine Einigung in der EU auf eine faire, transparente und ökologisch orientierte Handelspolitik gelungen ist.

Außerdem fordern wir Sie auf, sofort dafür zu sorgen, dass ausreichende Transparenz hergestellt wird und die Partizipation nicht nur auf Konzerne und ihre Lobbys beschränkt bleibt.

Mit einer einheitlichen, fairen, umweltfreundlichen und partizipativen Handelspolitik der EU könnte Handel breite Zustimmung in der Bevölkerung erhalten.

Eine starke, stabile Europäische Union braucht das Vertrauen ihrer Bürgerinnen und Bürger. Wir fordern Sie auf, dieses Vertrauen durch Transparenz und den Einsatz für eine gerechte Handelspolitik wiederherzustellen. Damit die Weichen dafür noch rechtzeitig vor der Entscheidung zu CETA im EU-Parlament gestellt werden, dürfen wir Sie bitten uns Ihre Antwort bis zum 9. Jänner 2017 zukommen zu lassen.

Mit freundlichen Grüßen
Alexander Egit
Geschäftsführer Greenpeace CEE in Österreich

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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /