© Michael Sigmund
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Erstmals in Wien so viele Öffi-Jahreskarten wie Pkw

VCÖ: Österreicher werden bei Verkehrsmittelwahl flexibler

Wien - Bereits 675.000 Personen haben eine Öffi-Jahreskarte für Wien. Damit gibt es erstmals in einem Bundesland de facto gleich viele Öffi-Jahreskarten wie Pkw. Insgesamt wird das Mobilitätsverhalten vielfältiger, die Bevölkerung wird in der Verkehrsmittelwahl flexibler. Im Landeshauptstädte-Vergleich liegt hinter Wien Innsbruck bei der autofreien Mobilität an zweiter Stelle. Und in Vorarlberg wird bereits die Hälfte der Alltagswege zu Fuß, mit dem Rad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt. Der VCÖ fordert ein dichteres öffentliches Verkehrsnetz, den Ausbau der Infrastruktur zum Radfahren und Gehen sowie eine verkehrssparende Raumordnung.

"Erstmals gibt es in Österreich in einem Bundesland etwa gleich viele Öffi-Jahreskarten wie Autos", macht VCÖ-Experte Mag. Markus Gansterer aufmerksam. In Wien gab es zu Jahresanfang 640.000 Öffi-Jahreskarten und 683.200 Pkw. Mittlerweile ist die Zahl der Öffi-Jahreskarten auf rund 675.000 gestiegen, die Zahl der Pkw mit Wiener Kennzeichen liegt bei rund 684.500 (inklusive der von betrieblich genutzten Pkw). "Es ist zu rechnen, dass es am Jahresende mehr Öffi-Jahreskarten als Autos in Wien gibt", so Gansterer. Noch im Jahr 2006 war die Zahl der Pkw in Wien doppelt so hoch wie die Zahl der Besitzerinnen und Besitzer von Öffi-Jahreskarten.

Die Wienerinnen und Wiener legen 72 Prozent ihrer Alltagswege mit Öffis, zu Fuß oder mit dem Rad zurück. Wien liegt damit bei der autofreien Mobilität in Österreich an der Spitze. "Silber" geht bei den Landeshauptstädten an Innsbruck (67 Prozent), "Bronze" an Bregenz (60 Prozent). Auch in Salzburg (55 Prozent), Graz (53 Prozent) und Linz (51 Prozent) wird die Mehrheit der Alltagswege autofrei zurückgelegt.

Der diesjährige europäische Autofreie Tag steht unter dem Motto "Do the right mix". Der VCÖ weist darauf hin, dass insgesamt das Mobilitätsverhalten vielfältiger wird, nicht nur, aber vor allem in den Städten. "Dort, wo die Freiheit in der Verkehrsmittelwahl groß ist, wird die Bevölkerung im Mobilitätsverhalten flexibler. Je nach Zweck wird das am besten geeignete Verkehrsmittel gewählt", betont VCÖ-Experte Gansterer.

Dieses vielfältigere Mobilitätsverhalten ist umweltfreundlicher und auch kostengünstiger, wie das nachfolgende Beispiel exemplarische zeigt. In einem Fall, dem monomodalen Mobilitätsverhalten, werden 15.600 Kilometer im Jahr mit dem Auto gefahren und 400 km zu Fuß gegangen. Dabei entstehen Gesamtkosten von rund 7.800 Euro, es werden 2.880 Kilogramm CO2 und 11,7 Kilogramm Stickoxide emittiert. Der multimodale Mobilitätstyp fährt 7.000 Kilometer mit dem Auto und legt die restlichen 9.000 Kilometer mit Öffis, Rad und zu Fuß zurück. Dieses Mobilitätsverhalten ist pro Jahr um rund 3.500 Euro günstiger, verursacht um die Hälfte weniger Treibhausgase und Stickoxide; macht der VCÖ aufmerksam.

Insgesamt nutzen sechs von zehn Österreicherinnen und Österreicher öffentliche Verkehrsmittel, fast sieben von zehn nutzen das Fahrrad im Alltag, acht von zehn lenken zumindest gelegentlich ein Auto und neun von zehn gehen täglich bzw. mehrmals die Woche zumindest Strecken von mehr als 250 Meter zu Fuß. Der Boom bei den Öffi-Jahreskarten, wie es in Wien der Fall ist, verstärkt den Trend zur multimodalen Mobilität. "Das vielfältigere Mobilitätsverhalten bedeutet auch, dass die Einteilung in Gruppen wie "die Autofahrer", "die Radfahrer", die "Öffi-Fahrer" überholt und nicht mehr zeitgemäß ist", sagt Gansterer.

Mit einer Stadtentwicklung der kurzen Wege und einer Raumordnung, die Zersiedelung verhindert, wird auch das Mobilitätsverhalten umweltfreundlicher. Zudem fordert der VCÖ einen verstärkten Ausbau des Öffentlichen Verkehrs in den Ballungsräumen und in den Regionen. Jede Bezirkshauptstadt und jedes regionale Zentrum soll gut an das öffentliche Verkehrsnetz angeschlossen sein. Aufholbedarf gibt es in Österreich auch bei der Infrastruktur für das Gehen und Radfahren. Immerhin ist etwa jede zweite Autofahrt in Österreich kürzer als fünf Kilometer.

VCÖ: Erstmals haben die Öffi-Jahreskarten die Pkw eingeholt
(Anzahl Inhaber Öffi-Jahreskarten, in Klammer Anzahl Pkw mit Wiener Kennzeichen (inklusive der betrieblich genutzten Autos))

Ende August 2015: 675.000 (684.500 Pkw*)
31.12. 2014: 640.000 (683.200 Pkw)
31.12. 2013: 582.000 (681.400 Pkw)
31.12. 2012: 512.000 (679.500 Pkw)
31.12. 2011: 373.000 (674.500 Pkw)
31.12. 2010: 356.000 (669.300 Pkw)
31.12. 2009: 346.000 (663.900 Pkw)
31.12. 2008: 341.000 (657.200 Pkw)
31.12. 2007: 335.000 (657.400 Pkw)
31.12. 2006: 322.000 (658.100 Pkw)
31.12. 2005: 313.000 (655.800 Pkw)
31.12. 2004: 305.000 (655.200 Pkw)
31.12. 2003: 301.000 (652.400 Pkw)
31.12. 2002: 301.000 (647.400 Pkw)
31.12. 2001: 298.000 (646.300 Pkw)
31.12. 2000: 292.000 (638.600 Pkw)
Quelle: Wiener Linien, VCÖ 2015
*Abschätzung VCÖ.



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /