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Energiewende paradox: Kohleschwemme treibt Strompreise für Verbraucher

Großabnehmer und Industrie profitieren von niedrigen Strompreisen

Münster - In Deutschland gehen immer mehr fossile Kraftwerke ans Netz und produzieren Strom. Trotz des letztjährigen neuen Rekords beim Strom-Exportüberschuss in Höhe von 23 Milliarden Kilowattstunden (Mrd. kWh) nehmen allein in diesem Jahr per Saldo neue Kohlekraftwerke mit einer zusätzlichen Gesamtleistung von 4.300 Megawatt (MW) den Betrieb auf. Obwohl auch einige Altanlagen abgeschaltet werden,
sind für die nächsten Jahre weitere zusätzliche Steinkohle-Kraftwerke mit noch einmal rd. 2.000 MW Leistung geplant, teilte das Internationale Wirtschaftsforum Regenerative Energien (IWR) unter Berufung auf Planzahlen der Bundesnetzagentur mit. Mit den neuen Kraftwerken können bis zu 30 Mrd. kWh (5 Prozent des Strombedarfs) Kohlestrom zusätzlich auf den Markt kommen und so den deutschen Strom-Exportüberschuss trotz der acht
abgeschalteten Atomkraftanlagen in den nächsten Jahren mehr als verdoppeln, so das IWR.

"Die Stromversorger überschwemmen den Markt geradezu mit neuen fossilen Kraftwerken, ohne in gleichem Umfang ineffiziente Altanlagen abzuschalten", sagte IWR-Direktor Dr. Norbert Allnoch. Wegen der politischen Blockade beim Emissionshandel und der niedrigen
CO2-Zertifikatpreise verdrängen die Kohlekraftwerke auch die hocheffizienten und im Vergleich zu Kohle noch klimafreundlichen Gaskraftwerke. Allnoch: "Kommen die zusätzlichen Kohle-Strommengen auf den Markt, beschleunigt das den Rückgang der Strompreise an der Börse mit der Folge, dass die EEG-Umlage auch dann weiter ansteigt, wenn keine einzige neue Wind- oder Solaranlage mehr errichtet würde." Gewinner sind die Großabnehmer, die von den extrem niedrigen Strompreisen an der Börse profitieren und zudem von der EEG-Umlage sowie den Netzenggelten befreit werden. Diese wirtschaftliche
Förderung der Großabnehmer und Industrie bezahlen die Haushalts-Stromverbraucher paradoxerweise über eine höhere EEG-Umlage.


Hintergrundinfos
Die Bruttostromerzeugung in Deutschland erreichte im Jahr 2012 nach vorläufigen Angaben insgesamt 617,6 Mrd. kWh. Darin enthalten sind 23 Mrd. kWh Strom-Exportüberschuss. In diesem Jahr werden die erneuerbaren Energien voraussichtlich erstmals über 140 Mrd. kWh (2012: 136,2 Mrd. kWh) beisteuern und damit das Niveau der Stromproduktion aus Atomkraftwerken vor dem beschlossenen AKW-Ausstieg (2011) erreichen. Die Atomkraftanlagen steuerten 2012 noch 99,5 Mrd. kWh zur Stromerzeugung bei. Die nächsten zwei Atomkraftwerke gehen 2015 (Grafenrheinfeld) und 2017 (Gundremmingen
B) vom Netz. Gleichzeitig werden in den nächsten Jahren immer mehr grundlastfähige Offshore-Windparks den Betrieb aufnehmen.

Quelle: Internationales Wirtschaftsforum Regenerative Energien (IWR)


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /