© Epson - Fuhrparkmanagerin Stefanie Böhm testet das Elektrofahrzeug E1
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Autofahrer weltweit wollen Elektromobilität

Preis und Komfort müssen aber stimmen - Käuferpotenzial aktuell noch eher gering, ausgenommen China - Neun von zehn Nutzern fahrern derzeit weniger als 100 km täglich - trotzdem: Reichweitenangst

Hannover - Autofahrerinnen und -fahrer sind weltweit gegenüber Hybrid- und Elektroautos aufgeschlossen. Die Kaufentscheidung fällt jedoch derzeit vorrangig mit dem Fahrzeugpreis. Die Bereitschaft zur eigenen Zuzahlung ist weit entfernt von den tatsächlichen Mehrkosten, die im Vergleich zum herkömmlichen Antrieb mit Verbrennungsmotor rund 10.000 Euro betragen. Das sind die wichtigsten Ergebnisse der ‘Continental-Mobilitätsstudie 2011’, die das Markt- und Sozialforschungsinstitut infas federführend erstellt und in vier Ländern und zehn Metropolen durchgeführt hat. Die Studie ist eine der umfassendsten Akzeptanzstudien, die bisher zum Thema Elektromobilität vorliegen.

Reichweite und Ladestation-Infrastruktur sind ein großes Thema: Fast drei Viertel der deutschen und gut die Hälfte der US-amerikanischen Autofahrer würde es ‘sehr stören’, wenn sie ihr Auto alle 150 Kilometer aufladen oder betanken müssten – obwohl 90 Prozent von ihnen am Tag nicht weiter als 100 Kilometer fahren und damit innerhalb der Reichweite einer Batterieladung blieben. Außerdem hat jeder Zweite zu Hause einen festen Standplatz mit Steckdose.
Für die ‘Continental-Mobilitätsstudie 2011’ wurden Autonutzer in Deutschland, den USA, Frankreich und China sowie junge Erwachsene (bis 35 Jahre) in den zehn Metropolen Berlin, Hamburg, Paris, Los Angeles, Sao Paulo, Moskau, Beijing, Bangkok, Delhi und Singapur befragt. Zusätzlich wurden nationale Mobilitätserhebungen ausgewertet.
‘Das grundsätzliche Interesse, Elektroautos zu kaufen, ist in den untersuchten Märkten groß’, sagt Continental-Vorstandsvorsitzender Dr. Elmar Degenhart. ‘Allerdings erwarten die Verbraucher bezahlbare, alltagstaugliche Mittelklassefahrzeuge mit ausgereifter Technik und akzeptablem Komfort. Erst wenn Preise deutlich sinken – was eine erhebliche Volumensteigerung voraussetzt – wird sich ein bedeutendes Käuferpotenzial ergeben.’

Eigenes Auto weiterhin wichtig

Acht von zehn Autonutzern ist es in allen ausgewählten Ländern wichtig, ein eigenes Auto zu besitzen. Nur in den Metropolen, vor allem den europäischen, sind diese Werte niedriger. Deutsche und Chinesen (jeweils 79 Prozent) wählen gern ein Modell, mit dem sowohl Kurz- als auch Langstrecken bequem zu bewältigen sind (US-Amerikaner: 57 Prozent, Franzosen: 68 Prozent). Die Mehrheit versucht, energiesparend zu fahren (Deutschland: 74 Prozent, USA: 62 Prozent, Frankreich: 68 Prozent, China: 70 Prozent). Vor allem Chinesen (59 Prozent) halten es für wichtig, ein Auto zu besitzen, das auch andere Menschen gut finden. In Deutschland spielt der Prestigefaktor mit 14 Prozent dagegen kaum eine Rolle. US-Amerikaner (27 Prozent) und Franzosen (36 Prozent) bewegen sich hier im Mittelfeld.

Käuferpotenzial für Elektroautos noch nicht sehr groß

Wer kommt derzeit als Kunde für Elektroautos in Frage? Die ‘Continental-Mobilitätsstudie 2011’ untersucht das Nachfragepotenzial und berücksichtigt dabei den Bekanntheitsgrad, ein geeignetes Nutzungsmuster – durch mindestens 70 Prozent Kurzstreckenfahrten bei maximal 150 Kilometern täglich und nicht mehr als vier Strecken über 100 Kilometer monatlich –, konkrete Kaufabsicht sowie die Erwartung eines höheren Anschaffungspreises. Daraus ergäbe sich derzeit rein rechnerisch ein Nachfragepotenzial für reine Elektrofahrzeuge von vier Prozent in Deutschland, zwei Prozent in den USA und einem Prozent in Frankreich. Im Vergleich dazu herausragend sind die Marktaussichten in China mit 14 Prozent.

Chinesen sind auch am optimistischsten, wenn es um die Alltagstauglichkeit von Elektroautos geht: Mehr als 60 Prozent erwarten diese schon 2015 bis 2021. Immerhin jeder zweite deutsche Autofahrer sieht das ebenso, US-Amerikaner (40 Prozent) und insbesondere die Franzosen (12 Prozent) sind vorsichtiger.

Kurze Wege und lange Standzeiten als ideale Nutzungsvoraussetzungen

Zur Frage, wie derzeit Privatfahrzeuge im Alltag genutzt werden, wurden für die Continental-Mobilitätsstudie nationale Verkehrserhebungen aus den USA und Deutschland ausgewertet. Das Ergebnis: 40 Prozent der Autos wurden am Tag der Befragung überhaupt nicht genutzt. Neun von zehn Autos werden täglich weniger als 100 Kilometer weit gefahren – sowohl in den USA als auch in Deutschland. Die tägliche Stillstandszeit eines Fahrzeugs zwischen zwei Wegen ist beträchtlich lang. In Deutschland werden 40 Prozent der Fahrzeuge zu Hause tagsüber im Schnitt drei Stunden abgestellt, 15 Prozent parken am Arbeitsplatz für sieben Stunden. Die Werte für die USA: Stillstand zu Hause bei 35 Prozent für 2,5 Stunden, am Arbeitsplatz 10 Prozent für 6,5 Stunden. Auch Autos mit mehr als 100 Kilometern Tagesstrecke werden in Deutschland tagsüber zu 52 Prozent für mehr als fünf Stunden abgestellt.

‘Diese Werte zeigen, dass ein flächendeckendes Netz von öffentlichen Ladestationen keine zwingende Voraussetzung für den reibungslosen Betrieb von Elektrofahrzeugen ist’, sagt José A. Avila, Continental-Vorstandsmitglied und Leiter der Division Powertrain. Denn in allen für die ‘Continental-Mobilitätsstudie 2011’ befragten Ländern verfügen 80 Prozent und mehr der Fahrer über einen festen Stellplatz zu Hause, wobei die Ausstattung mit einer Steckdose derzeit noch variiert: In Deutschland beträgt sie 51 Prozent, in den USA 49 Prozent, in Frankreich 36 Prozent und in China 13 Prozent.


Als wichtigste Voraussetzung für den Kauf eines Elektroautos nennen die Fahrer in allen Ländern an erster Stelle den Preis: 43 Prozent in Deutschland, 41 Prozent in den USA, jeweils 49 Prozent in Frankreich und China. Folgerichtig werden in allen Ländern neben dem Ausbau öffentlicher Ladestationen vom Staat vor allem Steuerermäßigungen, Prämien und Zuschüsse für den Erwerb gewünscht.

Potenzielle Käufer wären aber auch bereit, zugunsten eines alternativen Antriebs Abstriche in anderen Bereichen zu machen: In Deutschland die meisten bei der Höchstgeschwindigkeit (71 Prozent) und die wenigsten bei der Sicherheit (10 Prozent), aber immerhin auch 32 Prozent bei der Reichweite und 38 Prozent beim Komfort.

‘Kriterien zur erfolgreichen Marktdurchdringung von Elektrofahrzeugen sind einerseits ein koordiniertes und industrieübergreifendes Vorgehen aller Beteiligten und andererseits die Standardisierung aller Komponenten, die nicht der Markendifferenzierung der Hersteller dienen’, sagte Avila. ‘Zudem gilt, die Autofahrerinnen und -fahrer über Vor- und Nachteile dieser neuen Form individueller Mobilität aufzuklären. Die Studie belegt überzeugend, dass auch unter Autofahrern, die ständig nur Kurzstrecken bis zu 30 Kilometern fahren, die Sorge um eine möglicherweise nicht ausreichende Reichweite groß ist. Und die ist faktisch unbegründet.’



Zur Studie:
Im Auftrag des internationalen Automobilzulieferers Continental wurden vom 30. Juni 2011 bis zum 18. Juli 2011 von infas jeweils rund 1.000 Personen ab 18 Jahre in Deutschland, Frankreich, den USA und China sowie junge Erwachsene bis 35 Jahre in den Metropolen Bangkok, Beijing, Berlin, Delhi, Hamburg, Los Angeles, Moskau, Paris, Sao Paulo und Singapur befragt.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /