© PeterKirchhoff -pixelio.de
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Linke Power gegen schwarz-gelbe Energiepläne in Deutschland

Mehr als 50 Expertinnen und Experten debattieren auf Kongress in Berlin über zukunftsfähige Konzepte jenseits von Kohle und Öl

Berlin- Wissenschaftlerinnen, Politiker, Gewerkschafter und sozial Bewegte debattieren ab heute, Donnerstag auf einem Kongress in Berlin über eine zukunftsfähige Energiepolitik. Dabei soll es auch um linke Gegenkonzepte zum Energieplan der schwarz-gelben Bundesregierung gehen, der am Dienstag vom Kabinett beschlossen wurde. Zu der Konferenz «Power to the People – Neue Energie für linke Alternativen» werden mehr als 50 Expertinnen und Experten aus neun Ländern erwartet.

Eine kritische Bestandsaufnahme des herrschenden Energieregimes bildet den Auftakt des Kongresses. Globale Auswirkungen sowie regionale Energiestrategien etwa in China und Lateinamerika sind Themen am zweiten Konferenztag. Der Sonnabend steht im Zeichen energiepolitischer Debatten in der Bundesrepublik, des Strukturwandels durch erneuerbare Energien und einer möglichen rot-grün-roten Allianz bei der sozialen Energiepolitik.

Veranstaltet wird die dreitägige Tagung von der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Die Themenfelder «Sozialökologischer Umbau und Nachhaltigkeit» sowie «Krisen und Alternativen» sind Arbeitsschwerpunkte der linken politischen Bildungseinrichtung in diesem Jahr. «Die ökologische Krise zwingt die Linken zu nachhaltigen politischen Interventionen», sagt das geschäftsführende Vorstandsmitglied Florian Weis: «Umwelt- und Energiefragen müssen mit der sozialen Frage verbunden werden – bei der Analyse der Gesellschaft, bei der Arbeit an Programmen, bei politischen Kooperationen.»

Für die Direktorin der Akademie für Politische Bildung der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Evelin Wittich, stellt die ökologische Krise eine existenzielle Gefahr für die Gesellschaften der Gegenwart dar. Klimawandel, Artensterben und Ressourcenknappheit bewiesen das. «Es muss uns um eine vollständige Versorgung mit erneuerbaren Energien gehen - zu bezahlbaren Preisen für alle und in den Händen derjenigen, die sie produzieren und nutzen», fordert Wittich.

Scharfe Kritik an der Bundesregierung übt der Referent für Nachhaltigkeit in der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Steffen Kühne: «Die schwarz-gelben Energiepläne bis 2050 sind rückwärtsgewandt. Sie werden die soziale Schieflage hier zu Lande und die ökologischen Probleme weltweit verschärfen.» Insbesondere gegen die Verlängerung der Atomlaufzeiten sei jetzt massiver gesellschaftlicher Widerstand gefragt.

Länderberichte aus China, Nigeria, Tansania und Kasachstan

Den Einführungsvortrag am Donnerstagabend hält der SPD-Bundestagsabgeordnete und alternative Nobelpreisträger Hermann Scheer. Es kommentiert der Chef der Linksfraktion im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern und frühere Landesumweltminister, Wolfgang Methling. Anschließend debattieren der Friedensforscher Pablo Romo aus Mexiko und der Politologe Ulrich Brand von der Universität Wien mit der energiepolitischen Sprecherin der Bundestagsfraktion DIE LINKE, Dorothée Menzner, und Klimaaktivistin Mona Bricke von Gegenstrom Berlin über Auswege aus dem fossilen Kapitalismus.

Am Freitag geht es um Konturen eines radikal-realpolitischen Energieszenarios. Es gibt es Debatten über das Festhalten an Kohlebergbau und Erdölförderung, den Green New Deal und die wachsende Bedeutung von Agrokraftstoff sowie den Zusammenhang von Energie- und Sicherheitsfragen. Zu den ReferentInnen gehören der Energieforscher Zhang Guansheng von der Nationalen Kommission für Energieeinsparungen Chinas, Christoph Görg vom Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle sowie der Geograph und Konfliktforscher Jürgen Scheffran von der Universität Hamburg. Zudem werden die entwicklungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Heike Hänsel, Jürgen Wagner und Christina Haydt von der Informationsstelle Militarisierung sowie die TV-Journalistin Laura Chinchilla aus Costa Rica sprechen. Aktivistinnen und Aktivisten schildern die Lage in Nigeria (Erdgasförderung), Tansania (Urangewinnung), Kasachstan (Stahlindusrie), Kolumbien (Kohlebergbau) und Brasilien (Wasserkraft).

Über die Machbarkeit einer komplett erneuerbaren und sozialen Energieversorgung spricht Wolfgang Methling.

In ein Gespräch über energiepolitische Pläne für das Land Berlin gehen Umweltsenatorin Katrin Lompscher und Wirtschaftssenator Harald Wolf mit BSR-Finanzvorstand Lothar Kramm und dem Berliner BUND-Geschäftsführer Tilmann Heuser (02.10.2010, 10.30 Uhr).

Mögliche Alternativen zur Kohleverstromung erörtert die parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion im Bundestag, Dagmar Enkelmann, mit dem Vize-Gesamtbetriebsratschef der RAG Deutsche Steinkohle, Hans-Jürgen Becker, sowie mit René Schuster (Grüne Liga) und dem brandenburgischen Landtagsabgeordneten der LINKEN, Thomas Domres (02.10.2010, 13 Uhr).

Den Abschluss des Kongresses bildet die Gesprächsrunde «Red Green Crossover: Ein Deal mit Links?» Die verkehrspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Sabine Leidig, diskutiert mit dem Europaparlamentarier Sven Giegold (Bündnis 90/Die Grünen) und der hessischen SPD-Landtagsabgeordneten Andrea Ypsilanti über Perspektiven einer sozialen Energiepolitik (02.10.2010, 15 Uhr).

Vertreten sind auf dem Kongress auch WissenschaftlerInnen von der Freien und der Technischen Universität Berlin, AktivistInnen von FIAN D und Watch Indonesia sowie die Denkschule für das Solarzeitalter, die Organisation Eurosolar, die Berliner Solarhaus-Initiative Living Equia und die Unternehmen Elektrizitätswerke Schönau und Innova eG. Berliner Schülerinnen und Schüler werden ihre Sicht auf das Thema Nachhaltigkeit präsentieren. Am Freitagabend läuft zudem der Film «Die vierte Revolution – Energy Autonomy».


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /