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Vor 65 Jahren: Hiroshima

Eine Ansichtssache von Gernot Neuwirth und Peter Weish, Forum Wissenschaft & Umwelt

Vor 65 Jahren ist eines der größten Verbrechen an der Menschheit verübt worden. Die Rechtfertigung, die dafür erfunden wurde, nämlich dass dadurch tausenden alliierten Soldaten ein tödlicher Einsatz erspart wurde, ist heute als Propagandalüge entlarvt, weil Japan schon vor, aber noch mehr nach dem ersten Atombombenabwurf zu Friedensverhandlungen bereit war. Ein wahres Motiv war wohl die Neugierde, welche Folgen die beiden verschiedenen Bomben auslösen würden – über Hiroshima wurde ja eine Uranbombe, über Nagasaki eine Plutoniumbombe gezündet. Außerdem mussten die enormen Entwicklungskosten gerechtfertigt werden, und schließlich sollte mit dieser Gräueltat auch der Rivale Sowjetunion beeindruckt werden. Natürlich hat das in der Folge dazu geführt, dass eine Reihe von weiteren Staaten ein nukleares Drohpotential aufgebaut haben.

Bei den beiden Atombombenabwürfen, deren Opfer wir heute gedenken, sind 200.000 Menschen umgekommen, bei Einrechnung der Spätfolgen eine Viertelmillion. Die Hoffnung einiger naiver Mitmenschen, nämlich dass die Existenz dieser neuen Waffe künftige Kriege verhindern würde, hat sich natürlich genauso als Illusion erwiesen wie früher bereits die, dass der entsetzliche erste Weltkrieg ’the war to end all wars’ sein würde. Vielmehr haben die Nutznießer aus den Reihen des sogenannten militärisch-industriellen Komplexes, vor dem Präsident Eisenhower 1961 in seiner Abschiedsrede so eindringlich gewarnt hat, und der neben den Militaristen und den Waffenproduzenten auch Teile der Atom-, Erdöl- und Chemieindustrie umfasst, ihren Einfluss in aller Welt ausgebaut und gefestigt. Sie schüren die Angst der Menschen vor den realen Gefahren des Krieges und des Terrorismus und reden ihnen immer noch ein, dass fortdauernde Aufrüstung die Lösung sei.

Immer mehr Menschen erkennen inzwischen die Sinnlosigkeit dieses überkommenen Denkschemas und versuchen, die Mächtigen zu beeinflussen oder, weil dies oft an deren mangelnder Einsicht scheitert, selbst, als Zivilgesellschaft, Friedensarbeit zu leisten.

An dem wachsenden Gefahrenpotential, das für uns alle auch aus dem Ringen um Energie und Rohstoffe erwächst, sind aber nicht ausschließlich jene schuld, die ihre Geschäfte mit Hochrüstung und Umweltzerstörung machen. Auch die Manipulierbarkeit oder Gleichgültigkeit großer Teile der Bevölkerung macht es ihnen leicht. Zwar werden bei uns kaum mehr viele voll Begeisterung in einen Krieg ziehen oder Serbien muss sterbien schreien, aber viele lassen sich nur allzu bereitwillig einreden, sie hätten eine Art natürliches Recht auf unbeschränkten Energie- und Materialverbrauch, das notfalls mit militärischer Gewalt verteidigt werden muss, oder auch, angebliche Terrorbekämpfung rechtfertige eine Missachtung der bürgerlichen Grundrechte und eine Ausschaltung des Rechtsstaates. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Exekutive und Justiz trotz eklatanten Mangels an Beweisen jahrelang Tierschützer schikanieren und ökonomisch zugrunde richten, um die Millionen zu rechtfertigen, die der Steuerzahler für die erfolglosen Bespitzelungs- und Gerichtskosten aufbringen musste.

Staatsterror als Innenpolitik, Krieg als Außenpolitik werden nicht ausschließlich von den Machthabern gemacht, sondern erst durch eine Vielzahl von Helfershelfern, Mitläufern und Gleichgültigen ermöglicht. Die Zivilgesellschaft so zu festigen, dass immer mehr Gleichgültige zu Interessierten werden, die ihre noch vorhandene Freiheit dazu benützen, ihre eigenen Interessen und die künftiger Generationen in ihre eigenen Hände zu nehmen und sich nicht allein auf die Einsicht der Politiker und Macher zu verlassen, dürfte der einzige Weg sein, die Menschheit vor der endgültigen Katastrophe zu bewahren.

Wenn genügend Druck seitens eines großen Teiles der Bevölkerung käme, könnte Österreich wohl trotz seiner Verpflichtungen gegenüber der EU, die die Regierung ohne zu fragen eingegangen ist, eine Beispielfunktion ausüben. Österreich könnte nämlich seine schon totgesagte, als Mozartkugel-Nostalgie verspottete und dann nur widerstrebend am Leben erhaltene bewaffnete Neutralität nach dem Vorbild von Costa Rica zu einer unbewaffneten Neutralität umwandeln. Dieses Land hat, obwohl es die längste Zeit von wesentlich kriegslüsterneren Nachbarn umgeben war als Österreich, schon seit 1948 das Militär abgeschafft und die ersparten Mittel in Bildungs- und Gesundheitswesen umgeleitet. Kein Wunder, dass Costa Rica den höchsten Lebensstandard in der Region hat. Diese Tatsachen sollten bei uns und auch in anderen Ländern erst einmal bekannt gemacht statt verschwiegen werden und dann Grundlage für eine umfassende Diskussion sein – auch wenn dies den Interessen des militärisch-industriellen Komplexes innerhalb der EU und seiner Helfer in Österreich diametral entgegensteht.

GastautorIn: Univ.-Lektor Mag. Dr. Gernot Neuwirth u. Univ.Doz. Dr. Peter Weish für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /