Vermummte Gestalten attackieren eine Baumkrone

Dresden: Eine 300 Jahre alte Buche wurde in der Nacht auf Dienstag von einem Spezialkommando der Polizei gestürmt

Wieder einmal wurden Umweltschützer wie Verbrecher behandelt. Eine vermummte Spezialeinheit, das sogenannte Sächsische Sondereinsatzkommando, stürmte Dienstag (15.1.) gegen ein Uhr nachts eine rund 300 Jahre alte Rotbuche nahe dem Ufer der Elbe in Dresden, die einer siebenspurigen Auffahrt auf eine geplante monumentale Straßenbrücke im Weg ist.

Auf dem Baum kampierten seit dem 12. Dezember mehr als zehn Umweltschützer der 1982 gegründeten deutschen Umweltorganisation ‘Robin Wood’, unterstützt von zahlreichen engagierten Bewohnern Dresdens. Vor dem Angriff auf die Rotbuche hatten über hundert vermummte Uniformträger mehrere Dutzend Menschen weggeschleift, die die Buche mittels Sitzblockade auf der Erde zu beschützen versuchten. Bei den Umweltschützern vor Ort befanden sich auch Landtagsabgeordnete, die die Brücke ebenso ablehnen wie die Dresdner Stadtregierung.

Der Hintergrund ist hinlänglich bekannt: Die Flusslandschaft der Elbe mit dem prachtvollen Blick auf Dresden würde durch das gewaltige Bauwerk massiv beeinträchtigt werden, und zahlreiche seltene Tierarten in den flussnahen Wiesen würden möglicherweise verschwinden. Um eine dort lebende Fledermausart zu schützen, dürfe die Brücke künftig nachts lediglich mit 30 Stundenkilometern befahren werden, verfügte das Oberverwaltungsgericht Bautzen im November 2007. Diese merkwürdige Vorschrift zeigt immerhin, dass sogar Juristen begonnen haben, über die Naturzerstörung durch die Brücke nachzudenken.

Die von der Landesregierung geplante 635 Meter lange Stahlverbundbrücke, die das malerische Flusstal durchschneiden soll, wurde auf den irreführend idyllischen Namen ‘Waldschlößchenbrücke’ getauft. Falls sie gebaut wird, droht die UNESCO damit, Dresden den Titel ‘Weltkulturerbe’ abzuerkennen. Im August 2007 hatte das Dresdner Verwaltungsgericht nach Klage von Naturschutzverbänden den geplanten Brückenbau gestoppt, dieser Beschluss wurde jedoch im November 2007 vom Sächsischen Oberverwaltungsgericht Bautzen ausgehebelt, am 19. November hatten daraufhin die Bauarbeiten begonnen.

Es scheint fast so, als ob sich die Betonierer mit der Erstürmung der riesigen alten Buche durch das Sondereinsatzkommando wieder einmal durchgesetzt haben. Trotz allem ist aber klar: Intelligentes und ausdauerndes Umweltengagement ist zwar nicht immer erfolgreich, aber eben doch erstaunlich oft. Und darum ist dieses Engagement auch weiterhin so wichtig. Beispiel Wien: Der jahrelange Protest gegen die Lobauautobahn hat eine Autobahntrasse direkt neben der idyllischen Panozzalacke beim Nationalpark Donauauen bereits endgültig zu Fall gebracht. Auch der an den Nationalpark angrenzende Autobahnknoten ‘Ölhafen’ wurde durch die Proteste bereits definitiv verhindert. Nun geht es darum, auch die derzeit von der ASFINAG geplante Variante eines unglaublich teuren und technisch riskanten Lobautunnels zu verhindern. Aber das ist schon eine andere Geschichte, demnächst Teil einer eigenen Gerd-Maier-Serie.

Fotos der wunderschönen Wiesen an der Elbe in Dresden gibt’s hier.



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Weitere Infos: Linktipp: Gerd Maiers Homepage - www.gerdmaier.com
GastautorIn: Gerd Maier für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Lukas Pawek /