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Klares Nein zum jetzigen Novellen-Entwurf des Ökostromgesetzes

Geplantes Ökostromgesetz ist so absolut indiskutabel- Energieeffizienz und erneuerbare Energien müssen forciert werden- ein Rückblick auf die Jahrestagung des Umweltdachverbands

Rund 100 Gäste fanden sich am Freitagabend in den Raiffeisensälen in Innsbruck zum Start der Jahrestagung des Umweltdachverbands, unter dem Thema ‘Erneuerbare Energien - Chancen & Grenzen" ein. Die Tiroler Landesrätin Anna Hosp für Naturschutz stellte in ihrer Eröffnungsrede die Tiroler Sicht zum Thema Erneuerbare Energie und Klimaschutz dar. Rund 1000 Tiroler Bürger und Bürgerinnen haben bei der Erstellung von einer Art Leitbild unter dem Titel ‘Zukunftsraum Tirol’ mitgearbeitet, Energie war dabei ein wichtiges Thema. Nachdem klar ist, dass auch Biomasse und Wasser begrenzt vorhanden ist, wurden hierzu mehrere Kriterien für Tirol festgelegt. So werden z.B. größere Biomasseanlagen in Tirol nur gefördert, wenn der Rohstoff für den Betrieb in der Näeh regional vorhanden ist. Wenn ein hoher naturschutzrechtlicher Wert für einen Fluss oder Bach vorhanden ist, so besteht kein wirtschaftliches Interesse an Maßnahmen im Bereich der Wasserkraft. Außerdem wurden allein im Vorjahr 60.000 m2 Solarkollektorfläche in Tirol installiert und ein neues Zentrum für Erneuerbare Energie wird errichtet.

DI Johannes Fechner von arsenal research zeigte den aktuellen Stand der Erneuerbaren in Österreich auf. Der Energieverbrauch steigt seit Jahren kontinuierlich an, es gibt 44.000 Beschäftigte im Bereich Erneuerbare Energie. Es dominieren Wasserkraft und biogene Brenn- und Treibstoffe mit rund 90%. Rund 1000 Biomasse-Nahwärmeanlagen mit 1100 MW Heizlast sowie 400 MW Strom sind in Betrieb. Ca. 600 Windkraftanlagen mit 1000 MW Leistung (2 TWh/a Stromerzeugung) sowie ca. 500 Biogasanlagen, die 0,4 TWh/a Strom liefern sind am Netz. Rund 500 Solarstromanlagen mit 30 MW erzeugen rund 0,027 TWh/a Strom. In den Regierungszielen steht, dass die Erneuerbare Energie auf mindestens 25% bis 2010 und auf 45% bis 2020 gesteigert werden sollen. Diverse Studien zeigen das Potential der Erneuerbaren auf,derzeit bauen wir jedoch mehr fossile Kraftwerke als der jährliche Zuwachs an Erneuerbaren Energieanlagen beträgt.

Der Trend zu einer Erneuerbaren Energiezukunft ist klar absehbar- die Frage ist nur, wie rasch und konsequent die energiepolitischen Weichen in Österreich gestellt werden. Dr. Reinhold Christian zeigte in seinem Impulsreferat die Chancen und die Grenzen der Erneuerbaren auf. ‘Wer in die ‘alten’ Energien investiert und diese forciert, fährt mit Vollgas in die falsche Richtung, ’ meinte er.
Bei der anschließenden Podiumsdiskussion, die von ihm geleitet wurde, waren sich die Diskutanten, darunter Gerhard Heilingbrunner, Präsident des Umweltdachverbands, Doris Holler-Bruckner, Chefredakteurin von oekonews, Dr. Bruno Oberhuber, Energie Tirol, Andreas Wabl, der Klimabeauftragte des Bundeskanzlers, und Dr. Stephan Schwarzer/WKO einig, dass ein rasches Umsteuern notwendig ist. Eine breite Ablehnung am Podium und im Publikum gab es auch für den vom Wirtschaftsminister vorgelegten Entwurf zur Novellierung des Ökostromgesetzes. DI Günter Liebel vom Lebensministerium wies darauf hin, dass das EU-Ziel von 20% Erneuerbarer Energieanteil bis 2020 ein verbindliches sei.
Einig war man sich auch darüber, dass endlich langfristige und ambitionierte Ziele festgelegt werden müssen.

Am Freitag standen Biomasse, Solarenergie und Wasserkraft im Fokus. Dr. Harald Mauser stellte die Biomassepotentiale im österreichischen Wald anhand neuester Untersuchungsergebnisse vor. Auch die Zielkonflikte zwischen Naturschutz und Biomassenutzung wurden aufgezeigt, als Ing. Franz Kirchmeyer von der ARGE Kompost und Biogas und Johannes Frühauf von Birdlife miteinander diskutierten.
Szenarien hinsichtlich der Biomassenutzung sollten realistisch und mit einem Masterplan festgelegt werden- es gilt etwa in punkto Artenschutz oder in der Frage, woher beispielsweise der Rohstoff für Biotreibstoffe stammt, Grenzen zu setzen.

Beim nächsten Themenblock wurden Chancen und Trends sowie das immense Potential der Solarenergie aufgezeigt. Dr. Gerhard Dell vom Energiesparverband OÖ., Dr. Adi Groß vom Energieinstitut Vorarlberg und Doris Holler-Bruckner von oekonews zeigten auf, welche Chancen derzeit für Photovoltaik bestehen und was wir verlieren, weil Solarstrom im Ökostromgesetz eine viel zu kleine Rolle spielt.
Für eine nachhaltige Energiezukunft ist es unbedingt notwendig, das Ausbaupotential von Solarthermie und vor allem von Photovoltaik weitaus stärker zu nutzen.

Interessant auch eine Anregung aus dem Publikum, darüber abzustimmen, ob Elektroautos im Verkehrsbereich in Zukunft eine große Rolle spielen werden. Das Ergebnis war mit großer Mehrheit: ja.

"Wasserkraft ja, aber nicht um jeden Preis, " meinten die Naturschutzvertreter beim Themenblock Wasserkraft. Die Diskussionen rund um den Klimawandel steigern die Bedeutung der erneuerbaren Energien. ‘Wir sind nicht prinzipiell gegen jedes Wasserkraftwerk, ’ hieß es. Allerdings werde der Druck auf noch unverbaute heimische Bäche und Flüsse, durch den Klimawandel größer. Statt die letzten frei fließenden 3 bis 5 Prozent der Flüsse und Bäche zu verbauen, sollte vorerst auf Modernisierung und Effizienzsteigerung bei bestehenden Anlagen gesetzt werden. Um bis zu 50 Prozent höhere Wirkungsgrade sind damit möglich, ohne wertvolle Natur zu zerstören, stellte Heilingbrunner fest.

Der Umweltdachverband - Dachorganisation von 34 wichtigen heimischen Natur- und Umweltschutzorganisationen - hat im Vorfeld der Tagung auf seiner diesjährigen Vollversammlung ein Positionspapier Wasserkraft beschlossen, das die wichtigsten Forderungen für eine naturverträgliche und nachhaltige Nutzung der Wasserkraft enthält.
Bezüglich des bundesweiten Masterplans Wasserkraft, dessen Entwurf Anfang 2008 vorliegen soll, fordert der Umweltdachverband, dass dieser alle Interessen bündeln und Naturschutzkriterien einbeziehen muss, um die letzten freien Fließgewässerabschnitte unseres Landes zu erhalten. Im Masterplan müssen ferner alle Schutzgebiete - Nationalparks, Natura 2000-Gebiete, UNESCO-Biosphärenparks, Welterbegebiete, Ruhegebiete, Naturparks, Gletscher etc. - als Tabuzonen für die E-Wirtschaft und Bau-Lobby ausgewiesen werden", sagt Heilingbrunner. Bis zum Vorliegen eines gemeinschaftlich festgelegten Masterplans Wasserkraft sollten keine neuen Wasserkraftwerke errichtet werden.
DI Martina Prechtl von Kleinwasserkraft Österreich wünscht sich einen ‘konstruktiven Dialog’, und findet es schade, dass leider of polarisiert wird. ‘Wir brauchen eine gemeinsame Sprache’ meint sie. ‘Umweltschutz und Naturschutz kann Klimaschutz nicht komplett ausklammern.’

"Der von BM Dr. Martin Bartenstein vor einer Woche vorgelegte Novellen-Entwurf zum Ökostromgesetz schwächt den Klimaschutz. Der Entwurf darf so wirklich nicht verwirklicht werden", fasst Heilingbrunner zusammen. "Auch Energiesparen muss weit mehr forciert werden.’

Eine Patentlösung gibt es nicht, das scheint klar. Aber ohne ein ambitioniertes Ökostromgesetz, dass noch dazu Arbeitsplätze im Land schafft, und Energieeffizienz, beispielsweise auch im Gebäudebereich, wird das Problem nur verschoben, auch Strafzahlungen drohen, wenn nicht weit rascher politisch gehandelt wird. Die EU-Ziele, 20% Erneuerbare Energie und 20% mehr Energieeffizienz bis 2020 rücken in die Ferne, Sanktionen sind dann ebenfalls zu erwarten.

Österreich hat es in der Hand, zu handeln- den Bürgern scheint bewußt, wie otwendig das für ambitionierten Klimaschutz ist. Die Politik ist aufgerufen rasch zu agieren.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /