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IPPNW gratuliert Schäuble zur Einsicht hinsichtlich Atomterrorismus

Zivile Atomanlagen sind ebenfalls eine große Bedrohung

Berlin – Die Ärzteorganisation IPPNW gratuliert Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble zu seiner Einsicht hinsichtlich der akuten Gefahr von terroristischen Atomanschlägen. ‘Wenn Schäuble jetzt konsequent weiterdenkt, haben wir in ihm bald einen weiteren prominenten Atomkraftgegner gewonnen, denn der vielleicht größte Risikofaktor für Atomterror ist die zivile Atomenergie selbst’, sagte der IPPNW-Pressesprecher Sven Hessmann. Gestern hatte Schäuble in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vor Terroranschlägen mit nuklearem Material gewarnt. Die IPPNW begründet seit Jahren ihre Forderung nach einem schnellstmöglichen Ausstieg aus der Atomkraft auch mit dem Hinweis auf die Gefahr durch Atomterrorismus. Schäubles Panikmache und sein Überwachungswahn sind allerdings die falsche Antwort auf die Terrorgefahr. Deshalb ruft die IPPNW zusammen mit anderen Ärzteorganisationen zur Demonstration ‘Freiheit statt Angst – Stoppt den Überwachungswahn’ am kommenden Samstag in Berlin auf.

Selbst wenn man die ungeklärte Frage der Atommüll-Entsorgung und das ständige Risiko einer Reaktorkatastrophe außen vor lassen würde, ‘Jedes neue Kernkraftwerk erhöht die Menge an Uran und nuklearem Material, das abgebaut, weiterverarbeitet, gehandelt, transportiert und gelagert wird. Auf jeder Stufe besteht die Gefahr, dass Material für eine schmutzige Bombe abgezweigt wird. Eine absoluten Schutz bietet nur der schnellstmögliche Ausstieg aus der Atomenergie’, sagte Hessmann. Auch im Hinblick auf den mangelhaften Schutz vieler Atomkraftwerke vor terroristischen Angriffen: Bereits im Jahr 2000 wurde regierungsintern zahlreichen deutschen Atomkraftwerken eine mangelnde Auslegung gegen Flugzeugabstürze bescheinigt. Bei den Atomkraftwerken Biblis A und B, Brunsbüttel, Isar-1, Philippsburg-1 und Krümmel heißt es: "fehlende bzw. unzureichende Auslegung gegen Flugzeugabsturz". Auch dem Atomkraftwerk Neckarwestheim-1 wird eine "fehlende Auslegung gegen Flugzeugabsturz" bescheinigt. (Quelle BBU/IPPNW 2000)

Die zivile Nutzung der Atomenergie erhöht auch die Gefahr eines Terroranschlages mit einer tatsächlichen Atombombe. Aufgrund der weltweit begrenzten Vorräte an abbaubaren Uranerz wird, wird die Atomindustrie in der Zukunft auf die Wiederaufbereitung von verbrauchten Uran-Brennelementen zu Mischoxid(Mox)-Brennelementen und reaktorfähigem Plutonium in Wiederaufbereitungsanlagen umsteigen müssen. Heutzutage geschieht dies vereinzelt in Sellafield, England oder in Rokkasho Mura, Japan. IPPNW-Vorsitzende Angelika Claußen: »Mischoxid-Brennelemente und reaktorfähiges Plutonium können relativ leicht zur Herstellung von Atomwaffen verwendet werden. Mehr weltweite Wiederaufbereitung inklusive der damit verbundenen Verarbeitung, Lagerung sowie dem Handel und Transport von reaktorfähigem Plutonium würde die Möglichkeiten für Terroristen und einzelne Staaten, an atomwaffenfähiges Material zu gelangen, vervielfachen.«

Auch bei strengen Sicherheitsvorkehrungen lassen sich in einer modernen Wiederaufbereitungsanlage sichere Aussagen nur über den Verbleib von 99 Prozent des Plutonium-Bestandes treffen. Etwa ein Prozent des Plutoniums kann aus verfahrenstechnischen Gründen nicht genau bestimmt werden und gilt offiziell als »Material Unaccounted For« (MUF). Eine gravierende Sicherheitslücke: Das potentielle MUF der hochmodernen Wiederaufbereitungsanlage Rokkasho Mura wird nach Aussagen britischer Experten etwa auf 50kg Plutonium pro Jahr geschätzt - genug Stoff für etwa sechs bis acht Atomwaffen.



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Artikel Online geschaltet von: / litschauer /