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Brennstoffzellen-Forum „f-cell“: „Licht am Ende des Tunnels“

Der Markt rückt näher: Das zeigte die diesjährige „f-cell“

Rund 600 Teilnehmer und Besucher kamen zum Kongress und zur Messe für Produzenten sowie Anwender der Brennstoffzelle. Internationale Einigkeit in der Energiepolitik: ‘Die Brennstoffzelle muss kommen. Wir schaffen die politischen Rahmenbedingungen dafür.’ Die EU will multinationale Demonstrationsprojekte forcieren. Auf der Messe überzeugten die Anbieter portabler Brennstoffzellen-Geräte. Wissenschaftliche Institute präsentierten eine Vielzahl von Neuerungen, die die Brennstoffzelle dem Ziel, einfacher, haltbarer und preiswerter, ein Stück näher bringen. Hersteller von Anlagen für die Hausenergieversorgung verkündeten: ‘Ab 2010 gehen Brennstoffzellen-Heizgeräte in Serie.’

"Das Ende des Ölzeitalters ist unwiderruflich gekommen. Erste Anzeichen eines globalen Klimawandels sind bereits schmerzlich spürbar’, betonte Baden-Württembergs Umweltministerin Tanja Gönner zum Auftakt des diesjährigen Brennstoffzellenforums ‘f-cell’ am 25. und 26. September 2006 im Stuttgarter Haus der Wirtschaft. ‘In den nächsten zehn bis zwanzig Jahren besteht noch die Möglichkeit, einen irreversiblen Temperaturanstieg zu verhindern, danach ist das Zeitfenster zu’, mahnte die Ministerin. ‘Wir müssen Energie wesentlich besser ausnutzen als bisher. Das können wir mit der Brennstoffzelle – einem der effizientesten Energiewandler.’ Das Land unterstützte die Entwicklung und Markteinführung von Brennstoffzellen-Systemen bisher mit 50 Millionen Euro und wird auch in Zukunft weitere Mittel zur Verfügung stellen.

Gemeinsame „Roadmap“

Auch der Bund erkannte Wasserstoff und Brennstoffzellen als Schlüsseltechnologie der Zukunft und investiert. Mit zusätzlichen 500 Millionen Euro unterstützt die Regierung diesen Bereich in den nächsten zehn Jahren. Die Industrie – so lautet die Bedingung – soll noch einmal den gleichen Betrag zuschießen. ‘Diese Milliarde soll dazu beitragen den Brückenschlag zwischen Forschung & Entwicklung und Markteinführung zu schaffen,’ sagte Dr. Georg Menzen vom Ministerium für Wirtschaft und Technologie, Bonn. Eine wichtige Aufgabe der Politik sieht Menzen dabei in der Moderation des Prozesses. Der 2005 ins Leben gerufene Strategierat Wasserstoff und Brennstoffzelle soll eine gemeinsame ‘Roadmap’ erarbeiten und den Austausch zwischen Politik, Industrie und Wissenschaft sowohl auf nationaler, wie auch auf internationaler Ebene fördern.

Dr. Franz-Xaver Söldner von Generaldirektorat Energie und Transport der Europäischen Komission in Brüssel betonte, dass hinsichtlich der Energiepolitik große Übereinstimmung in Europa herrsche: ‘Es sind große Anstrengungen nötig, um unsere Versorgung zu sichern, die Umwelt zu schützen und wettbewerbsfähig zu bleiben.’ Dabei setzt die Union auch auf die Brennstoffzelle: ‘Wir brauchen noch mehr Leuchtturmprojekte wie zum Beispiel die Brennstoffzellen-Busprojekte CUTE und HyFleet:CUTE. Nur so bekommen wir überzeugende Praxisdaten,’ sagte Söldner. Im Zeitraum von 2002 bis 2006 investierte die EU bereits über 280 Millionen Euro in Forschung & Entwicklung sowie Feldtests. Mit der Erarbeitung einer integrierten Strategie ist jetzt die ‘Europäische Wasserstoff und Brennstoffzellen Technologie-Plattform’ betraut. Für die Umsetzung soll künftig die ‘Gemeinsame Technologie Initiative (GTI)’ zuständig sein; ein Unternehmen in öffentlich-privater Partnerschaft, das aufgrund langfristiger Pläne über die Fördermittelvergabe entscheidet, Demoprojekte bündelt und auf die Markteinführung ausrichtet.

Auch mit der EU-weiten Zusammenarbeit ist es nicht getan: ‘Alleingänge sind nicht zielführend. Wir müssen das Thema global denken’, sagte Takehiko Kato, Präsident der Interlink Corporation, Tokio. Catherine Dunwoody, die die Geschäfte der California Fuel Cell Partnership aus Sacramento führt, pflichtete ihm bei: ‘Unser Zusammenschluss aus 31 Unternehmen, Universitäten sowie staatlichen Institutionen ist international. Zusammen betreiben wir 23 Wasserstoff-Betankungsanlagen für neun Busse und 137 Pkw. Das ist weltweit einmalig.’

Verkehrsunternehmen möchten Wasserstoff-Busse

‘Wir sehen Licht am Ende des Tunnels. Die Technik wird stetig besser’, sagte Jamie Levin von der AC Transit Agency, einem Busunternehmen mit über 2.000 Mitarbeitern und 650 Fahrzeugen in Oakland, USA, das seit 1999 Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Busse in der Praxis testet. Die Motivation des Unternehmens: ‘Wir wollen zur Gesunderhaltung unserer Bevölkerung beitragen und die Luftqualität verbessern.’ Und auch zur Lärmvermeidung eignen sich die fast geräuschlosen Brennstoffzellen-Busse. Einziges Problem: ‘Unsere Busfahrer merken häufig nicht, dass die Brennstoffzelle noch läuft und vergessen, sie abzustellen.’
‘In den USA geht es immer zuerst um Luftreinhaltung, wenn von Wasserstoff und Brennstoffzellen die Rede ist’, fand Professor Dr. Werner Tillmetz, Leiter des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung in Ulm und Mitglied des Strategierates Wasserstoff und Brennstoffzelle. In Europa dagegen sei das keine vorrangige Begründung für Investitionen in Brennstoffzellen, obwohl hier die gleichen Probleme mit schlechter Luft und hohen Feinstaubwerten vorlägen. ‘Wir lamentieren – die handeln’, fasste er seinen Eindruck zusammen. Doch auch in Europa entstehe Druck im Markt: ‘Viele Verkehrsbetriebe wollen Brennstoffzellen-Busse kaufen. Das wird die Markteinführung beschleunigen.’

Der Markt rückt näher

Die ‘f-cell’ Messe mit 50 Ausstellern bot Technik zum Anfassen. Zum Beispiel die metallisch-grüne ‘Ulmer Stromschachtel’ der Ulmer Brennstoffzellen-Manufaktur GmbH (UBzM). ‘Plug and play’ lautet die Devise: Wasserstoff-Flasche anschließen, anstellen und schon hat die integrierte Steckdose ‘Saft’. So lassen sich Lampe oder Fön schnell und netzunabhängig zum Beispiel auf dem Campingplatz mit Strom versorgen. Die Ulmer Stromschachtel ist aber auch für größere Anwendungen ausgelegt. Sie leistet in der ‘kleinen’ Version 500 Watt und in der großen sogar ein Kilowatt. ‘Ihren vielleicht spektakulärsten Einsatz fand unsere Energieversorgung in einer rollenden Bankfiliale. Aus Sicherheitsgründen musste die Stromversorgung nämlich netzunabhängig sein’, berichtete Klaus Steinhart von der UBzM.
Eine weitere Anwendung die auf netzunabhängigen Strom angewiesen ist, präsentierte die InteressenGemeinschaft Wasserstoff IGH2 aus Hürth: Die Rikscha, die in Köln bereits im Einsatz ist, verfügt über einen Hilfsmotor, der von einer Brennstoffzelle angetrieben wird. ‘Er schaltet automatisch zu, wenn das Treten mühselig wird’, erklärte Boris Jermer von der IGH2 der ‘f-cell’-Testfahrerin, Umweltministerin Tanja Gönner. ‘Mit einer herkömmlichen Batterie fährt der Motor nur zwei Stunden. Mit der Wasserstoff-Flasche dagegen 30 Stunden.’

Forschungsinstitute und Komponenten-Entwickler zeigten auf der ‘f-cell’-Messe ebenfalls spannende Neuerungen. So entwickelte das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) jetzt eine Anlage zur Beschichtung der Elektrolyt-Membran einer Brennstoffzelle mit dem nötigen Katalysator. Die herkömmliche Sprüh-Technik sorgte für teuren Overspray. Das neue Gerät dagegen ähnelt einer kleinen Druckmaschine und bringt den Katalysator, z.B. wertvolles Platin, nur dort auf, wo es tatsächlich gebraucht wird. Eine weitere Neuheit des DLR ist eine Testeinrichtung für Niedertemperatur-Brennstoffzellen. Die Testeinheit sieht aus wie eine konventionelle Bipolarplatte und wird entsprechend in die Brennstoffzelle eingesetzt. Sie ermöglicht es, die Ströme in der Zelle während des Betriebs zu messen und auf dem Computer-Bildschirm sichtbar zu machen. ‘Wir werfen damit einen Blick in die Zelle, während sie arbeitet’, sagte Erich Gülzow von dem DLR in Stuttgart begeistert. ‘Das gibt uns wichtige Aufschlüsse über den Alterungsprozess von Brennstoffzellen. Wenn wir den verstanden haben, können wir auch die Lebensdauer der Zellen – die heute noch zu niedrig ist – erhöhen.’ Außerdem könnte das neue Test-System dort zum Einsatz kommen, wo ein möglicher Ausfall der Brennstoffzelle frühzeitig erkannt werden muss: ‘Wenn ein Brennstoffzellen-System zum Beispiel für die Stromversorgung an Bord eine Flugzeugs verantwortlich ist, brauchen wir bei drohendem Ausfall eine frühzeitige Warnung,’ erklärte Gülzow.

Brennstoffzellen vielfältig eingesetzt

Mobile Roboter könnten zum Beispiel Industrieanlagen bewachen oder Räume saugen. Herkömmliche Batterien und Akkus schränken jedoch die Anwendungsdauer der beweglichen Helfer stark ein. Ein ideales Terrain für den Einsatz von Brennstoffzellen, fanden Wissenschaftler beim Fraunhofer Institut für Solare Energie Systeme, ISE, sowie ihre Kollegen vom Fraunhofer Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme, IAIS. Sie entwickelten ein Baukastensystem für einen anwendungsneutralen Roboter, den brennstoffzellen-betriebenen ‘Volksbot’. ‘Es handelt sich dabei um eine reine Plattform, die nach Belieben ausgestattet werden kann’, berichtete Thomas Wisspeintner vom Fraunhofer IAIS. Wirtschaftlich ist das System für alle Anwendungen, die mehr als einen Tag Dauerbetrieb erfordern. Kunden gibt es auch bereits: ‘Für das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung rüsten wir unseren Volksbot zum Unterwasser-Roboter um. Er wird schon ab Dezember vor der Insel Sylt Boden- und Wasserproben entnehmen.’
250.000 Einfamilienhäuser wollen die Hersteller von Brennstoffzellen-Heizgeräten in Zukunft ausrüsten. Das sei das Marktpotential, erklärte Thomas Winkelmann, Marketing-Manager bei der european fuel cell GmbH (efc) in Hamburg. Etwa 2010 möchte sein Unternehmen – nach den Geräten BETA und GAMMA – mit einer weiter verbesserten Anlage in die Serienproduktion einsteigen. Andere Hersteller möchten zu diesem Zeitpunkt ebenfalls in Serie gehen.

‘Bei der Weiterentwicklung der Brennstoffzelle ist jedoch noch immer Pionierarbeit zu leisten’,meinte Markus Edel, Manager Fuel Cellls bei der EnBW Vertriebs- und Servicegesellschaft mbH in Stuttgart, die die Geräte von efc und anderen Anbietern im Feldtest erprobt. Vereinfachen, Kosten reduzieren, die Lebensdauer verlängern und den Wartungsaufwand verringern lauteten die Anforderungen des Praktikers. Doch die Einschätzung bei der EnBW bleibt: ‘Die Brennstoffzelle ist eine Schlüsseltechnologie für die Energieversorgung der Zukunft. Wir bauen auch in den nächsten Jahren die Zahl unserer Demonstrationsanlagen weiter aus.’ Die EnBW geht im fünften Jahr ihres Feldtests mit erdgasbetriebenen Brennstoffzellen eine zusätzliche technologische Herausforderung an: den Einsatz von Biogas. Eine speziell für den Betrieb mit Biogas ausgerüstete mittelgroße Brennstoffzellenanlage hat mit maßgeblicher Unterstützung der EnBW im Oktober 2006 in Leonberg ihren Betrieb aufgenommen. Dr. Wolfram Münch, Bereichsleiter Forschung und Entwicklung der EnBW in Karlsruhe, berichtete zusätzlich von einem gerade vereinbarten Großprojekt gemeinsam mit Siemens: ‘Zusammen werden wir ein hocheffizientes Brennstoffzellen-Hybridkraftwerk entwickeln. Die Demonstrationsanlage der Megawatt-Klasse soll bis zu 70 Prozent der eingesetzten Brennstoffenergie in Strom umwandeln.’ Nach den grundlegenden Entwicklungen gemeinsam mit dem virtuellen HGF Institut für Hybridkraftwerke (bestehend aus den DLR Instituten Technische Thermodynamik TT und Verbrennungstechnik VT sowie dem Institut für Luftfahrtantriebe ILA der Universität Stuttgart) und dem Bau einer Pilotanlage soll das geplante Kraftwerk dann ab 2012 gebaut und in Betrieb genommen werden.

Weitere Informationen:
Die ‘f-cell’ im Internet: www.f-cell.de
Das Vortragsprogramm: www.f-cell.de/de/programm-2006.php


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /