RECS gefährdet das EEG

Europarechtliche Konsequenzen für das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)

Was verbirgt sich hinter der Abkürzung RECS?

RECS ist die Abkürzung für Renewable Energy Certificate System. Es handelt sich um ein Instrument zur Organisation des Handels mit Strom aus Erneuerbaren Energien (EE-Strom). Gehandelt wird nicht der physikalische Strom, sondern nur der Umweltnutzen. Der Erzeuger von EE-Strom soll also den Strom und den grünen Mehrwert getrennt von einander verkaufen. Den Strom verkauft er an einen Stromhändler oder einen Endverbraucher zum üblichen Strompreis. Den grünen Mehrwert bietet er über das Handelssystem RECS an, in der Hoffnung, auf diese Weise seine höheren Aufwendungen refinanzieren zu können.

Der grüne Mehrwert wird durch Zertifikate nachgewiesen, die nach den Regeln des freien Marktes - z.B.an einer Internetbörse - gehandelt werden.

Die RECS-Zertifikate dürfen nicht verwechselt werden mit den im Emissionshandel verwendeten Zertifikaten.

Zertifikate im Emissionshandel erlauben ihrem Inhaber, dass er eine bestimmte Menge CO2 emittieren darf.

RECS-Zertifikate sind der Beleg dafür, dass eine bestimmte Menge umweltfreundlicher Strom erzeugt wurde.

Der Nutzen der RECS-Zertifikate besteht für den Käufer darin, dass er mit ihnen sein Engagement für eine umweltfreundliche Energieversorgung belegen kann. Gedacht ist insbesondere an Regierungsorganisationen, Kommunen, Umweltorganisationen oder Firmen, die Wert auf ein umweltfreundliches Image legen.

Eigentlich müssten private Käufer den Kaufpreis für RECS-Zertifikate wie eine Spende zugunsten des Umweltschutzes von ihrem steuerpflichtigen Einkommen absetzen können. Dies ist allerdings nicht vorgesehen, weil die RECS-Initiatoren großen Wert darauf legen, dass der gesamte Vorgang alle Bedingungen eines reellen Handelsgeschäfts erfüllt (den Grund dafür werden wir weiter unten erkennen).

Mitglieder der RECS-Initiative (Anm. der Redaktion: Das sagt schon alles über die Absichten von RECS....)

u. a.: Vattenfall, RWE Energie, Electricité de France (EDF), E.ON, EnBW, BP und Shell. Die Initiatoren versuchen, mit Unterstützung der Europäischen Kommission das Handelssystem RECS zum verbindlichen Handelssystem für EE-Strom zu machen.

Warum der SFV RECS ablehnt

Der Solarenergie-Förderverein Deutschland sieht europarechtliche Gefahren für den Bestand des EEG und lehnt insbesondere auch aus diesem Grund den Handel mit RECS-Zertifikaten ab. Da die Gefährlichkeit des Systems aber vom Ökoinstitut Freiburg und von Greenpeace Deutschland - sowie sicherlich auch noch von anderen Umweltfreunden - nicht gesehen wird, möchten wir hier unsere Ablehnung begründen.

Wir werden uns mit Rücksicht auf die Komplexität des Themas auf solche Gesichtspunkte beschränken, die zu einer Gefährdung des EEG führen. Dabei setzen wir voraus, dass sowohl das Ökoinstitut und Greenpeace als auch die Leser mit uns das EEG für das bei weitem effektivste Instrument zur Markteinführung der Erneuerbaren Energien halten.

Befürworter verfolgen unterschiedliche Ziele

Hinter dem Vorschlag zur Einführung des RECS-Handelssystems verbergen sich unterschiedliche Motive. Einerseits findet sich die Absicht, den Siegeszug der Erneuerbaren Energien unter dem EEG zu stoppen. Andererseits findet sich auch bei Befürwortern der Erneuerbaren Energien die Vorstellung, dass ein weiteres Instrument als Ergänzung zum EEG nichts schaden könne. Eine gleichzeitige Zahlung der EEG- Mindestvergütung und RECS-Verkauf für die selbe EE-Anlage ist zwar nicht zulässig, sie denken aber an Anwendungen dort, wo das EEG keine Mindestvergütung vorsieht, z.B. bei großen Wasserkraftanlagen oder im Europäischen Ausland. Andere denken an RECS als eine spätere Fortsetzung des EEG.

Die Einen wollen das EEG mit Hilfe von RECS zu Fall bringen, die Anderen - an die wir uns heute wenden - gehen von der Möglichkeit einer friedlichen Koexistenz aus.

Koexistenz von EEG und RECS europarechtlich kaum möglich

Bis heute zahlen einige Netzbetreiber die gesetzlich festgelegte Einspeisevergütung nur unter dem Vorbehalt der europarechtlichen Bestandskraft des EEG. Hinter dieser Formel verbirgt sich ihre Hoffnung, dass in einem zukünftigen Prozess vor dem Europäischen Gerichtshof das EEG zu einem unzulässigen Hemmnis für den freien Warenverkehr erklärt wird. Diese Hoffnung stützt sich auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EUGH) vom 13. März 2001.

Das Gericht verneinte zwar damals einen Verstoß gegen den freien Warenverkehr unter anderem mit der Begründung, dass es zur damaligen Zeit noch keinen funktionierenden Handel mit Strom aus EE gegeben habe.

Das Gericht verwies aber auch auf die Pläne der Kommission, einen Handel mit Strom aus EE mit Hilfe von Herkunftszertifikaten doch noch zu ermöglichen. (Randnummer 79 und 80 des Urteils). In diesem Fall müsse erneut untersucht werden, ob die Abnahmeverpflichtung für Strom aus EE-Anlagen eine Behinderung des freien Warenverkehrs darstellt.

Den Gegnern des EEG geht es offensichtlich genau um diesen Punkt. Das ist auch der oben erwähnte Grund, warum es keine Anerkennung als gemeinnützige Spende gibt.

Verkehrung der moralischen und rechtlichen Verpflichtungen

Wer andere schädigt, ist zur Unterlassung und zum Schadenersatz verpflichtet. Dieser moralische und rechtliche Grundsatz wird durch den RECS-Handel in sein Gegenteil verkehrt: Nicht alle Schädiger der Umwelt -Erzeuger und Verbraucher von konventionell erzeugtem Strom - sollen zahlen, sondern nur diejenigen, die die Schädigung nicht mehr hinnehmen wollen. Die Beschädigung des Klimas und Vergeudung der Ressourcen wird als selbstverständliches Recht der Energiekonzerne vorausgesetzt.

Freiwillige Zahlungen, damit die Emissionen umweltschädlicher Gase und der Verbrauch der Ressourcen vermindert werden, sind schon für sich genommen eine Zumutung. Die Tatsache aber, dass gerade die Stromkonzerne - d. h. die Schädiger selbst(!) - ein solches moralisch und rechtlich verkehrtes System fordern, erinnert fatal an das System der berüchtigten Schutzgeldzahlungen.

Zusammenfassung

Der RECS-Handel mit dem sogenannten "Mehrwert von Strom aus Erneuerbaren Energien" postuliert eine Zahlungspflicht derjenigen, die sich für eine saubere Umwelt einsetzen. Er stellt damit die rechtlichen und moralischen Verpflichtungen auf den Kopf. Außerdem gefährdet ein Handel mit dem "Mehrwert von Strom aus Erneuerbaren Energien" in europarechtlicher Hinsicht die Existenz des EEG.

Der SFV lehnt den Handel mit RECS-Zertifikaten ab.

Weitere Infos und Statements von Hermann Scheer u.a. unter: http://www.sfv.de/lokal/mails/wvf/recssyst.htm



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Weitere Infos: SFV - dem deutschen Solarenergie-Förderverein e.V.

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