Die Ökosiedlung Gärtnerhof - ein ökologisches Pionierprojekt

Die Ökosiedlung „Gärtnerhof" (20km nordöstlich von Wien in Gänserndorf-Süd) ist ein ökologisches Musterprojekt, das 1982-1988 als eines der ersten derartigen Projekte in Österreich realisiert wurde

Die Idee dahinter

Die Idee war: Bildung einer Gemeinschaft, die eine Siedlung für 80-100 Menschen nach ökologisch-biologischen Gesichtspunkten errichtet.
Die Siedlungseinheit, die aus 11 Hofhäusern in verdichteter Flachbauweise mit eigenem Garten, 10 Geschosswohnungen mit Terrassen und Dachgärten, einem Versammlungshaus –nutzbar für vielseitige Aktivitäten-, Spiel-, und Grünflächen, einem Badeteich plus Saunahaus, Nutzgärten und einer eigenen Pflanzenkläranlage besteht, liegt neben einer seit 1978 in biologisch-organischer Weise betriebenen Gärtnerei, dem ‘Gärtnerhof‘ der dem Projekt den Namen gab. Heute wird dieser durch das Institut Keil (einem Institut für körperlich und/oder geistig behinderte Menschen) genutzt.
Architektonisches Ziel des Projektes war es auch, Möglichkeiten des flächen-ökonomischen Bauens aufzuzeigen, ohne die Vorteile des ländlichen Wohnens aufgeben zu müssen.
Die gesamte Anlage befindet sich etwa 20km nordöstlich von Wien im Gemeindegebiet von Gänserndorf im Marchfeld, einem durch intensive Landwirtschaft und großflächige ‘Wochenendhaus-Zersiedelung‘ gekennzeichneten Gebiet. Neben den schwerwiegenden ökologischen Problemen, als direkte oder indirekte Folgen der intensiven landwirtschaftliche Nutzung, verursacht die planlose Zersiedelung der Landschaft heute immense Kosten für Erschließung, Ver-, und Entsorgung.

Siedlungsstruktur

Die einzelnen L-förmigen Hofhäuser haben Gärten (150-200m2) umgeben von einer sichtschützenden Ziegelmauer. Zur Standardausstattung zählen Pergolen-Sitzplätze, Dachterrassen und Geräteschuppen. Aufenthalts-, und Schlafräume mit vorgelagerten Wintergärten sind grundsätzlich nach Südost bis Südwest orientiert. Die geringst mögliche gegenseitige Verschattung wurde durch Staffelung der Gebäudehöhen und geringe Niveauveränderungen erreicht.
Die interne Erschließung der Siedlung erfolgt zu Fuß über 1,5-2m breite gepflasterte Wege, die maximale Entfernung zu den PKW-Abstellplätzen beträgt ca. 100m. Eine abwechslungsreiche Raumbildung in Form von schmalen Wegen, die immer wieder mit Plätzen abwechseln, erzeugt Flair und wird gerne für Feste genutzt.

Ökologische Baustoffe

Massive Außenwände mit zwischenliegender Wärmedämmung und Sichtziegelfassade, prägen das Erscheinungsbild dieser Häuser. Pyramidendächer mit Ziegeldeckung wechseln mit Flachdächern, die als Dachterrasse oder für die Aufstellung von Sonnenkollektoren dienen.

Im Innenbereich dominieren Holzböden, Holzbalkendecken, sowie individuelle Kachelöfen, sowie große Glasfronten nach Süden als optische Verbindung zum Gartenhof. Haus und Gartenmauer stellen eine klare Abgrenzung zwischen Öffentlichkeit und Privatsphäre dar. Die Privatsphäre muss gewährleistet sein, damit Öffentlichkeit zugelassen wird – eine Weisheit, die schon in alten Baukulturen zu finden ist.

Das ökologische Konzept

Hauptausgangspunkt war das Bestreben, die Naturkreisläufe (Energie, Material, Luft, Wasser) zu schließen, und damit vom konventionellen Verbrauchs-, und Entsorgungssystem zu einem vernetzten Nutzungssystem zu gelangen. Folgende Schwerpunkte wurden besonders berücksichtigt :
Verwendung weitgehend schadstofffreier, recyclierbarer Baustoffe
Nutzung von Sonnenenergie:
aktiv mittels Sonnenkollektoren zur Warmwasserbereitung
passiv mittels Anordnung von Wintergärten, südorientierten Glasflächen in Verbindung mit wärmespeichernden Bauteilen
Hochwärmedämmende Aussenbauteile (Wände und Decken mit K-Wert 0,24, Fenster mit K-Wert 1,3)
Schadstoffarme Heizung mit hohem Wirkungsgrad (Gas–Aussenwandtherme mit Abwärmerückgewinnung)
Verwendung von Abwasserwärme-Rückgewinnungsanlagen
Nutzung von Regenwasser für Waschmaschinen, WC- Spülungen, Bewässerung, teilweise auch zur Körperpflege
Verwendung von Humustoiletten
Reinigung der gesamten Abwässer mittels einer Schilf–Binsen–Kläranlage
Windpumpenanlage zur Umwälzung des gereinigten Abwassers im Schönungsteich
Möglichkeit zur Einrichtung einer Biogasanlage
Sammlung und Trennung aller Abfälle
Aufbau der Möglichkeit der Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln

Das Soziale Konzept:

Das soziale Konzept sieht ein ausgewogenes Mischungsverhältnis der Bewohner in Bezug auf Alter und Berufsstand vor. Unterschiedliche Wohnungsgrößen, und -formen bieten Platz für Familien und Einzelpersonen. Daneben gibt es ein breites Angebot an Gemeinschaftseinrichtungen-: z.B. die Spielplätze, den Badeteich mit Saunahaus, die Nutzergärten, den Gemeinschaftsraum, den Dorfbrunnen und nicht zuletzt das Wegenetz, das Kontakte ermöglicht, aber nicht erzwingt. Alle diese Einrichtungen werden von den BewohnerInnen selbst betreut und gepflegt.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /