© Gerhard Gellinger - pixabay.com / Flugzeug
© Gerhard Gellinger - pixabay.com / Flugzeug

Urteil Flughafen Wien: Eine Entscheidung für den Klimaschutz

Klimaverträglichkeitsprüfung für öffentliche Investitionen macht Sinn- Ausbau der Bahnverbindungen

Wien- Imme wieder gehen persönliche Anschuldigungen von einigen Medien und Politikern gegen die Richter des Bundesverwaltungsgerichts anlässlich der Entscheidung zur dritten Piste des Flughafens in Wien-Schwechat, sehr zum Unverständni sder österreichischen Umweltschutzorganisationen.

"Über das Urteil kann fachlich diskutiert werden, insbesondere zur Abwägung der öffentlichen Interessen Schutz vor Klimaerwärmung gegen das öffentliche Interesse Arbeitsplätze, das durch alternative Maßnahmen wie den Ausbau der Zuginfrastruktur wesentlich besser und nachhaltiger erfüllt werden kann", sagt Dr. Reinhard Uhrig, Kampagnenleiter von GLOBAL 2000. "Es ist in einem Rechtsstaat wie Österreich aber äußerst bedenklich, dass hier ein Ermittlungsverfahren gegen unabhängige Richter eingeleitet wird, weil gewissen Interessensgruppen die Erkenntnis vom 2. Februar missfällt. Die Folgen einer unkontrollierbaren Klimakrise übersteigen den kurzfristigen Nutzen der Baumaßnahme bei weitem. Die zu erwartenden Klimaschäden müssen in die Rechnung mit einbezogen werden, sonst stimmt das Gesamtbild nicht." Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes zur dritten Piste des Flughafens Wien-Schwechat löste sowohl Lob als auch Kritik aus. Das Gericht wandte erstmals Österreichs rechtsverbindliche Bekenntnisse, den Auswirkungen des Klimawandels entgegenzutreten, zu Lasten eines Projektes an. "Bisher wurde die Klimaerwärmung immer nur als rechtliches Argument verwendet, um Eingriffe in Umweltschutzgüter wie Wasser oder Natur zu genehmigen. Dass Klimaschutz jetzt auch gegen ein klimarelevantes Projekt zur Geltung kommt, ist nur die konsequente Fortsetzung dieser Rechtsprechung", so Uhrig weiter. "Österreich hat das öffentliche Interesse an Klimaschutz erkannt und in vielen Rechtsmaterien verankert. Das ist auch richtig so, weil Bevölkerung und Wirtschaft große Schäden drohen, wenn Projekte wie der Ausbau des Flughafens Wien umgesetzt werden. Wir fordern eine 'Klimaverträglichkeitsprüfung' für öffentliche Investitionen auf Basis einer langfristigen Klima- und Energiestrategie Österreichs mit klarem Ziel." GLOBAL 2000 sieht den Richterentscheid zur dritten Piste aus Gründen des Klimaschutzes als absolut notwendig an. Fliegen ist die klimaschädlichste Form der Mobilität und steuerlich gegenüber anderen Mobilitätsformen begünstigt. Das Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO listet die Steuervorteile des Flugverkehrs in Österreich penibel auf und kommt auf ein Volumen von mehr als 500 Mio. Euro. "Die österreichische Bevölkerung hat ein Recht darauf, vor den Folgen einer unkontrollierbaren Klimaerwärmung geschützt zu werden. Fliegen ist die klimaschädlichste Art sich fortzubewegen und muss daher begrenzt werden. Die Aufgabe der Politik ist es, jetzt nachhaltige Mobilitätsformen auszubauen und dort Arbeitsplätze zu schaffen, anstatt sorgfältig ausgearbeitete Richterentscheide zu bekämpfen", fordert Uhrig.

Auch der WWF begrüßt die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtshofes in Sachen dritte Flughafenpiste. Klimaschutz ist eine gesamtstaatliche Aufgabe, was auch die Ratifizierung des Pariser Klimaschutzabkommens im Juli 2016 deutlich macht. "Österreich hat sich zu einem Weg bekannt, der zu einer mindestens 90-prozentigen Treibhausgasreduktion führen wird. Die Klimaschutzverantwortung Österreichs darf nicht mit so einem großen Einzelprojekt torpediert werden, noch dazu, wo es gangbare Alternativen mit großem Wirtschafts- und Arbeitsplatzpotenzial gibt", so Karl Schellmann, WWF-Klima- und Energiesprecher. Die derzeit in Entwicklung befindliche Energie- und Klimastrategie des Bundes "muss den Verkehrsminister durch verbindliche Klimaschutzziele und einen Mobilitätsplan in Richtung Öffis und Schiene unterstützen. Die Klimaschutzsorge für unsere Kinder darf hier nicht durch Anlassgesetzgebung vernichtet werden", fordert Schellmann.

Die Klimaschäden kosten Österreich bereits 1 Milliarde Euro pro Jahr, Tendenz stark steigend. Das Wifo errechnete 3,8 bis 4,7 Milliarden Euro an umweltschädlichen Subventionen. Davon gehen alleine für die Subventionen "Mineralölsteuerbefreiung Kerosin" und "Mehrwertsteuerbefreiung für internationale Flüge" 515 Milliarden Euro jährlich an den Flugverkehr. Öffentlicher Verkehr braucht um ein vielfaches weniger Energie als Autos und Flugzeuge und könnte so auch die Geldbörsen der Urlauber schonen und die Kosten für Unternehmen reduzieren. "Durch die massive Steuersubventionierung des Flugverkehrs ist die Kostensituation hier aber so verzerrt, dass dieser Mehrwert nicht lukriert werden kann. Die Allgemeinheit zahlt für die Billigflieger, in die notwendige Weiterentwicklung der Angebote im öffentlichen Verkehr und im Gütertransport auf der Schiene wird nicht ausreichend investiert. Statt unser aller Geld wegfliegen zu lassen, sollten öffentliche Verkehrssysteme ausgebaut werden, die den Europäischen Zentralraum vernetzen. Bei den Bahnverbindungen fehlt es sowohl an Strecken als auch an einer guten Koordination und Kommunikation der Angebote", so Schellmann.

2015 verzeichnete der Flughafen Wien 22 Millionen Passagiere (ohne Transit). 10 Millionen davon flogen in Zug-Distanzen. Venedig (109.700), München (550.992), Frankfurt (1.175.003) und Paris (749.908) sind hier exemplarische Beispiele. "Ein Ausbau der Bahnverbindungen für diese Passagiere, aber auch für den Gütertransport würde den Flughafen massiv entlasten und einen sicher noch deutlich größeren Wirtschafts- und Beschäftigungsimpuls liefern. Die ÖBB rechnen mit 17.000 neuen Arbeitsplätzen pro einer Milliarde Euro Investition in Bahn-Infrastrukturen", meint Schellmann.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /