© Elias Schäfer pixabay.com
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Informationschaos in AKW Mochovce: Start Inbetriebnahmeverfahren Reaktor 3 und 4

GLOBAL 2000 fordert diplomatischen Einsatz des Bundeskanzlers für von Slowakei zugesagte grenzüberschreitende Prüfung.

Gestern begann laut den offiziellen Kanälen der Slowakei das "Verfahren zur vorzeitigen Nutzung des Baus, zur Inbetriebnahme-Genehmigung der Nuklearanlage, zur Genehmigung zur Entsorgung von Nuklearmaterial in der Nuklearanlage und Genehmigung zur Entsorgung von radioaktiven Abfällen und abgebrannten Brennstäben" am Standort AKW Mochovce Reaktoren 3 und 4. Die Ankündigung wurde den österreichischen und deutschen Behörden im Dezember übermittelt, beim gestrigen Lokalaugenschein von GLOBAL 2000 vor Ort lagen jedoch keine Unterlagen vor - die Dokumentation sei noch nicht fertig, die Verhandlung verschoben.

"Die 2010 noch vollmundig zugesagte nachbarschaftliche Transparenz bei der geplanten Fertigstellung der Problem-Reaktoren aus den 1980er-Jahren ist längst wieder vergessen", sagt Dr. Reinhard Uhrig, Atom-Sprecher der österreichischen Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000. "Eine Beurteilung des technischen Zustands der Anlage ist so nicht möglich. Bundeskanzler Kern muss von seinem slowakischen Gegenüber, Premierminister Robert Fico, die zugesagte grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung für Mochovce 3 und 4 einfordern."

Baubeginn für die knapp hundert Kilometer von Österreich gelegenen Mochovce-Reaktoren war vor 32 Jahren - bereits 1985. Nach der Wende wurde der Bau der teilfertiggestellten Anlagen 1993 aus marktwirtschaftlichen Gründen eingestellt. Erst 2008 wurde der Weiterbau der mittlerweile völlig veralteten, eingemotteten Reaktoren beschlossen, die Fertigstellung verzögerte sich mittlerweile um sechs Jahre, von geplant 2012 auf jetzt voraussichtlich 2018/2019, die Kosten explodierten aufgrund von massivem Missmanagement von ursprünglich vorgesehenen Investitionen in der Höhe von 2,8 Milliarden Euro auf zuletzt erwartete 5,4 Milliarden Euro. Laut InformantInnen kommt es immer wieder zu technischen Problemen und Unfällen auf der Baustelle, 2015 starb ein Arbeiter.

Die Reaktoren vom sowjetischen Typ WWER 440-213 sind nicht auf dem Stand der verfügbaren Technik: ein Volldruck-Containment, das im Falle einer Kernschmelze den Austritt von großen Mengen radioaktiver Stoffe aufhalten könnte, fehlt, die Erdbeben-Auslegung der Anlage ist ebenso unzureichend wie der Schutz beim Absturz von großen Flugzeugen sowie vor terroristischen Angriffen. "Eine entsprechende sicherheitstechnische Nachrüstung der Anlagen ist schwierig bis unmöglich, die zusätzliche vorzeitige Alterung der über 16.000 in den 1990er Jahren eingemotteten Anlagenteile macht die technische Prüfung umso dringender", so Uhrig weiter.

Kanzler muss zum Schutz Österreichs versprochene Prüfung erwirken

2010 schloss die Slowakei einseitig das laufende Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren zu Mochovce 3 und 4 ab, ohne die von Österreich eingebrachten Sicherheitsfragen vollständig zu beantworten. Nach Protest der österreichischen Bundesregierung sagte die damalige slowakische Regierung eine weitere UVP mit transparenter Offenlegung der technischen Bedingungen vor Inbetriebnahme der Reaktoren zu: "Ich habe dem Kanzler [Faymann] versichert, die Fertigstellung von Mochovce transparent zu gestalten. Nicht nur Österreich, auch wir wollen überdurchschnittliche Sicherheit für Mochovce", sagte Premierministerin Radicova am 28.9.2010. "Jetzt gilt es, die slowakische Regierung an dieses Versprechen zu erinnern - und mittels einer transparenten UVP die Sicherheitsmängel der Mochovce-Reaktoren aufzuzeigen - und den nächsten Super-GAU in Zentraleuropa zu verhindern", betont Uhrig abschließend.

Hintergrund: Atomkraft in der Slowakei [www.global2000.at/atomkraft-der-slowakei] (http://www.global2000.at/atomkraft-der-slowakei)



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /