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Strom von der Fassade hat eine vielversprechende Zukunft

Fassadenphotovoltaiksysteme sind bisher nicht einmal in hochentwickelten Ländern weit verbreitet.

Aus einzelnen Projekten im Bereich von Wohn- und Bürogebäuden zeichnet sich aber bereits ein weltweiter Trend ab. PV-Systeme, die in die Hausfassaden integriert werden, ermöglichen es Gebäuden, ihren eigenen Strom zu erzeugen. Wie sehen die entsprechenden Entwicklungstendenzen aus?

Von der weltweit im Jahre 2014 installierten Photovoltaik-Gesamtkapazität von rund 40 GW, entfiel auf Fassadensysteme knapp ein GW, also etwa 2,5%. Ursachen dafür gibt es gleich mehrere. Fassaden-PV-Systeme haben im Gegensatz zu dachgestützten Systemen einen niedrigeren Wirkungsgrad, sind relativ teuer und es fehlt auch noch an den nötigen Erfahrungen, wie die Module am besten in die Fassaden integriert werden können.

‘Manchmal ist diese Integration sogar teurer als die Photovoltaikanlage als solche’, macht Marko Topic von der Europäischen Technikplattform für Photovoltaik auf diesen Aspekt aufmerksam. Seiner Meinung nach mangelt es noch an der Einbindung der Architekten, die im Bauwesen Trendsetter sind und einen wichtigen Einfluss auf die Developer ausüben. Darüberhinaus hat in den letzten Jahren eine Reihe von Staaten die Förderungen für Photovoltaiksysteme drastisch reduziert, sodass es für eine Verbindung dieser Technologie mit der Architektur auch kaum Nachfrage gibt.

Ein neues Fach entsteht

Dennoch ist es offensichtlich, dass Photovoltaik in der Fassade eine Zukunft hat. Die amerikanische Firma für Marktforschung n-tech Research schätzt, dass der weltweite Gesamtumsatz in diesem Fachbereich bis zum Jahre 2022 von derzeit einer Milliarde € auf dann 6,3 Milliarden € anwachsen wird. Für dieses neue Fach wird international die Abkürzung BIPV (Building Integrated Photovoltaics) immer üblicher. Analytiker gehen von einem raschen Rückgang bei den Modulpreisen aus, die aus organischen PV-Materialien erzeugt werden und an deren Entwicklung auch elektrotechnische und glasverarbeitende Firmen beteiligt sind. Diese Entwicklung kann durch politische Unterstützung noch beschleunigt werden, motiviert durch das kürzlich beschlossene weltweite Abkommen, das von der Notwendigkeit der Reduktion der Treibhausgase ausgeht. Wenn die Europäische Union fordert, dass nach dem Jahre 2020 nur mehr Passiv- respektive Plusenergiehäuser gebaut werden sollen, dann kann die fassadenintegrierte Photovoltaik wesentlich helfen. Erste in die Praxis umgesetzte Projekte sind bereits zu besichtigen, insbesondere in Deutschland.

Anfang 2014 wurde in Düsseldorf ein neuer Komplex von Bürogebäuden in Betrieb genommen, der sowohl durch seine architektonische Lösung als auch dadurch, dass es um ein sogenanntes Plusenergiegebäude handelt, das unter günstigen Sonnenscheinbedingungen mehr Energie produziert, als es benötigt, speziell beachtenswert ist. Rechteckige Gebäude, die sternförmig aus einer gemeinsamen Mitte auseinanderlaufend konstruiert wurden, ermöglichten die Schaffung einer Vielzahl von Wänden, die für Photovoltaik nutzbar wurden. Die Fassaden haben ein schachbrettförmiges Aussehen, wobei einander die eingesetzten PV-Module mit eingebauten Glastafeln samt integriertem Sonnenschutz abwechseln. Beide Elemente wurden so auf Maß konstruiert, dass dabei die Sonneneinstrahlungsintensität und der Charakter der jeweiligen Räume hinter der Fassade berücksichtigt werden konnten. Insgesamt decken 114 Module eine Gesamtfläche von 500 m² ab und haben ein installiertes Leistungspotential von 63 kWp. Zum Vergleich: Die PV-Anlage am Dach des Objektes liefert 108 kWp. Die Technologie dazu wurde von der führenden deutschen Firma in diesem Bereich, der Firma Schüco geliefert, deren Dünnwandpanele ProSol TF sowohl für warme als auch für kalte Fassaden geeignet sind.

Module einer neuen Generation

Das deutsche Fraunhofer Institut für solare Energieversorgungstechnik (ISE) instalierte im November des vergangenen Jahres auf der Fassade seines Gebäudes in Freiburg 70 Solarmodule einer neuen Generation, an deren Entwicklung es mit mehreren Firmen zusammenarbeitet. Das TPegde genannte Modul besteht aus Siliziumelementen (MWT-Metal-Wraped-Through), wobei sich sämtliche elektrischen Anschlüsse auf seiner Rückseite befinden. Damit steigt der Wirkungsgrad der Module auf mehr als 20 %. Dieses Konzept ist nicht neu, wurde aufgrund der hohen Kosten bisher aber nicht eingesetzt. Mittlerweile kam es aber zu einem Preisrückgang.

Der bisher übliche Vorgang sah so aus, dass die Module zuerst zwischen Folien laminiert wurden, um vor Witterungseinflüssen geschützt zu sein. Dann wurde das Modul in einem Aluminiumrahmen befestigt. Jetzt fixiert man die Module aber zwischen zwei Glasplatten, womit sowohl die Folie als auch das Laminieren entfällt. Die Ränder werden mit thermoplastischen Materialien abgedichtet, sodass teure Aluminiumrahmen nicht mehr nötig sind. Die Gesamtkosten für die Herstellung dieser Module sinken somit auf 10 %’, sagt Harry Wirth vom Fraunhofer Institut. Weitere Kosteneinsparungen versprechen sich die Entwickler von einem höheren Produktionsumfang.

Auf hocheffiziente Siliziummodule für BIPV (engl. Abk. für ‘gebäudeintegrierte Photovoltaik’) konzentriert sich auch die Firma Ertex aus dem österreichischen Amstetten. Um den Architekten eine möglichst große schöpferische Freiheit zu ermöglichen, entwickelt sie zusammen mit ihnen Module mit unterschiedlichem Aussehen. Jedes Modul kann zwischen dem vorderen und dem hinteren Glas strukturiert sein und so Muster unterschiedlicher Farben, Formen und Lichtdurchlässigkeiten bilden. Möglich sind auch bunte und semitransparente Solarmodule, ebenso wie farbige Lötverbindungen. Auf diese Weise kann ein sehr interessanter architektonischer Eindruck entstehen.

Ein Beleg dafür ist das Gebäude des Kindergartens im hessischen Marburg, wo die Firma Ertex diese Technologie probeweise installierte. Die Solarfassade besteht aus Dreieckselementen und bedeckt praktisch das gesamte Objekt. Die Kraftwerksleistung liegt bei optimalen Sonnenscheinbedingungen bei 55 kWp. Ergebnis ist ein bemerkenswertes Gebäude, dessen Fassade keineswegs den Eindruck einer Solaranlage erweckt.

Abweichend davon setzt die Firma Manz CIGS Technology aus dem deutschen Schwäbisch Hall auf Dünnschichttechnik. Sie entwickelt Module auf der Basis von Kupfer, Indium, Gallium und Selen und bietet diese in beliebigen Maßen und Formen an. Im Unterschied zu den Siliziummodulen, welche eine Dicke von 200 Mikrometern aufweisen, geht es bei den CIGS-Elementen um eine auf Glas aufgetragene, sogenannte ‘aufgedampfte’ Technologie, wobei die Dicke der Modulschicht bei bloß zwei Mikrometern liegt. Damit kommt es nicht nur zu Materialeinsparungen sondern auch zu einer erhöhten Anlageneffizienz. Durch Hinzufügung einer kleinen Menge an Gallium, wird das Absorbtionsspektrum erweitert, was dem Solarspektrum besser entspricht und in einem höheren Wirkungsgrad der Solarzellen zum Ausruck kommt. CIGS-Zellen erreichen unter Laborbedingungen einen Wirkungsgrad von bis zu 19 %, im Normalbetrieb garantiert die Firma 15 %.

Nanoteilchen und Halbleiter

Große Hoffnung legen die Experten auch in flexible organische Module, die noch in Entwicklung sind. Ihr Vorteil liegt darin, dass sie Licht nicht mit Hilfe von Silizium in elektrischen Strom verwandeln, sondern mittels Nanoteilchen aus organischen Halbleitermatierialien. Diese stehen in ausreichenden Mengen zur Verfügung und lassen sich mit relativ niedrigen Kosten durch die sogenannte ‘Roll-to-Roll’-Technologie auf Folien auftragen. Zu den Pionieren in diesem Bereich gehört die Firma Heliatek in Dresden. Sie arbeitet mit kleinen fotoaktiven Molekülen, sogenannten Oligomeren. In Zusammenarbeit mit einem belgischen Hersteller von Flachglas, der Firma AGC, entwickelt sie Photovoltaikfolien verschiedener Größen, Farbvarianten und Transparenzgraden, welche sie in Bauglas integriert. Dank der Folien sind diese Module gut handhabbar und lassen sich auch in unregelmäßig geformte Fassaden integrieren.

In den Labors werden auch bereits Halbleitermaterialien für Module der nächsten Generation entwickelt. Interessant ist zum Beispiel das Mineral Perowskit (CaTiO3) das genauso einfach verarbeitbar und sparsam ist wie die Oligomere, allerdings ermöglicht es, einen höheren Wirkungsgrad zu erreichen. Amerikanische Forscher schafften in Laborversuchen 20% - und zwar mit Perowskit von einer Dicke von nur einem Mikrometer: Die Europäische Union unterstützt die Entwicklung von Modulen auf der Basis von Perowskit mit drei Millionen Euro. Im Rahmen des Forschungsprojektes Got Solar, an dem sich zusammen mit der australisch-deutschen Firma Dyesol sechs europäische Forschungsinstitutionen beteiligen, soll eine patentgeschützte Technologie für die industrielle Erzeugung entwickelt werden.

Beispiele auch in Tschechien

In der Tschechischen Republik findet man bisher Beispiele der Fassadenphotovoltaik nur sporadisch, dennoch lohnt es, einige Vorreiterprojekte vorzustellen. Die Firma Solartec aus Rožnov pod Radhoštěm installierte schon im Jahre 1999 ein Fassadensystem am Prager Hotel Corinthia Panorama. Es ging dabei um eine der ersten Installationen von farbigen PV-Modulen in der Welt, die finanziell sowohl von der EU als auch aus dem tschechischen Staatsbudget unterstützt wurde. Solartec installierte dann noch im Jahre 2005 Fassadenphotovoltaikelemente auf einem Gebäude der Tschechischen Technischen Hochschule (ČVUT) in Prag. In beiden Fällen ging es aber um ergänzende Installationen auf bereits bestehenden Gebäuden. Ein echtes Beispiel von gebäudeintegrierter Photovoltaik (BIPV) ist das Solarkraftwerk am höchsten Gebäude in Tschechien, dem Wolkenkratzer AZ Tower in Brünn: Die Firma Protection Consulting verwendete dafür speziell entwickelte schwarze Anti-Reflex-Module, welche auf der Südseite des Gebäudes angebracht wurden. Bei günstigen Sonnenscheinverhältnissen liefert das Kraftwerk 90 kW ins Stromnetz. Interessant ist, dass die Photovoltaik in diesem Fall erst als Notlösung zum Zuge kam. Die Firma hatte ursprünglich daran gedacht, Windräder am Dach des Gebäudes zu installieren, fand aber keine Lieferanten, der bereit gewesen wäre, zu garantieren, dass die Rotoren in der luftigen Höhe von 111 Metern nicht frieren und keine Eisstücke von ihnen abfallen würden.
Mit der gebäudeintegrierten Photovoltaik beschäftigt sich unter anderen auch die Prager Firma Votum, welche im Jahre 2014 für ihren innovativen Ansatz vom Schweizer Erzeuger von Baukonstruktionen Ernst Schweizer AG ausgezeichnet wurde.

Autor: Jakub Šiška, Semily, Tschechien
Übersetzung: Bernhard Riepl, Kaplice, www.sonneundfreiheit.eu

Erschienen im tschechischen Original in der Rubrik ‘Sluneční energie’ in Ausgabe 6/2016 des Magazins www.energie21.cz


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /